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„Mit Wohnungen lassen sich Schlösser retten“

Herr Donath, Ihr großes Thema sind Schlösser. Sie gelten als der Experte für sächsische Herrensitze und Rittergüter. Was zieht Sie so zu den alten Steinen? Dieses Thema war jahrzehntelang vergessen. Die...

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Herr Donath, Ihr großes Thema sind Schlösser. Sie gelten als der Experte für sächsische Herrensitze und Rittergüter. Was zieht Sie so zu den alten Steinen?

Dieses Thema war jahrzehntelang vergessen. Die Geschichte der alten Adelssitze und ihrer Familien ist in der DDR entweder gar nicht oder nur am Rande behandelt worden. Nach der Wende wurde es nicht viel besser. Ich war erstaunt, wie wenig Literatur über die alten Herrensitze zu finden war. Also habe ich mich selbst auf Entdeckungsreise begeben. Ich liebe es, in die Welt der Schlösser einzutauchen, mehr über sie zu erfahren. Diese Vergangenheit ist für mich oft spannender als die Gegenwart. Ich habe Kunstgeschichte studiert und interessiere mich für Architektur. Mein Vater – er ist Dombaumeister in Meißen – hat mir sicher die Liebe zu alten Bauten vererbt.

Sie haben vor vier Jahren Ihr erstes Buch in der editionSächsische Zeitung veröffentlicht: „Schlösser im Elbland“. Haben Sie jedes Schloss besucht?

Ja, klar. Ich bin zu jedem einzelnen Schloss gefahren, habe es mir außen und innen genau angeschaut und mit dem Eigentümer gesprochen. Natürlich suchte ich auch in den Archiven nach Material. Inzwischen habe ich so 500 bis 600 Schlösser besichtigt.

In Sachsen gibt es noch 800. Werden alle die Zeit überstehen?

Ganz sicher nicht. Nach dem Krieg gab es in Sachsen rund 1000 Schlösser und Herrensitze. Rund 200 haben wir schon eingebüßt. Ich denke, dass in den nächsten Jahren weitere 150 verloren gehen werden, vor allem in der Oberlausitz. Aktuell existieren in diesem Gebiet noch 300 Herrenhäuser, aber viele in schlechtem Zustand. Anders als im Großraum Dresden und im Elbland finden sich keine Käufer oder Investoren. Das Problem ist die zunehmende Abwanderung. Der Bedarf an neuem und exklusivem Wohnraum auf dem Land ist einfach nicht da. Im Raum Dresden und Meißen ist die Lage vergleichsweise besser. Ich hoffe, dass dort fast alle Schlösser gerettet werden können.

Hat die Allgemeinheit nicht eine Verpflichtung, mehr für diese Zeugnisse der eigenen Geschichte zu tun?

Das sehe ich auch so. Schon mehrfach habe ich einen staatlichen Fonds für die Notsicherung von einsturzgefährdeten Schlössern gefordert. Nichts ist geschehen. Es wäre schön, wenn sich unsere neue Regierung dieser Aufgabe stellt. In Brandenburg gibt es eine Schlösser GmbH, die Objekte saniert, auch wenn kein Käufer oder Mieter in Sicht ist. Und die Stadt Leipzig hat so ein Notsicherungsprogramm für kaputte Häuser.

Private Investoren halten sich oft zurück, weil mit Schlösser nur schwer Geld zu verdienen ist. Sind alternative Modelle eine Chance?

Es gibt alternative Modelle, die ganz gut laufen, wie in Jahnishausen bei Riesa. Die dortige Kommune hat klare Regelungen, und jeder beteiligt sich wirtschaftlich an dem Projekt. Andere alternative Lebensformen wie das Gut Promnitz bei Bautzen laufen nicht so gut. Diese Modelle helfen den Schlössern nicht aus der Misere, weil einfach die finanzielle Kraft fehlt. Die tatsächlich beste Möglichkeit zur Rettung der sächsischen Schlösser ist ihre Umwandlung in Wohneigentum. Viele Besserverdienende möchten gern auf einem schön sanierten Rittergut auf dem Land wohnen, können sich ein ganzes Schloss aber nicht leisten. Ihnen reicht eine Wohnung darin. Beispiele dafür gibt es auf Schloss Lauben in Weinböhla oder in Freital-Pesterwitz, das Juchhöh-Schloss. Das Rittergut Lommnitz bei Ottendorf-Ockrilla soll ebenfalls so umgebaut werden. Leider funktioniert dieses Modell immer nur im Speckgürtel der Großstädte.

Die Sächsische Zeitung hat ihre Schlössertour gestartet. Kann sie eine Hilfe sein?

Ja, unbedingt. Die kleineren Schlösser, Herrensitze und Rittergüter stehen im Schatten der wenigen und exklusiv sanierten staatlichen Schlössern. Viele Menschen wissen gar nicht, welche Kleinode in ihrer unmittelbaren Umgebung zu finden sind. Die Schlössertour der Sächsischen Zeitung schafft Aufmerksamkeit und die benötigen diese Schlösser dringend. Somit trägt die Tour mit dazu bei, dass möglichst viele Schlösser vor dem Verfall gerettet werden.

Zur Schlössertour öffnen insgesamt 14 Schlösser ihre Tore. Haben Sie einen persönlichen Geheimtipp?

Ja, das Schloss Gaußig zwischen Bautzen und Bischofswerda. Hier lebt die Familie von Andreas Graf von Brühl-Pohl. Sie haben das Schloss wundervoll saniert. Es ist eines der schönsten Schlösser der Oberlausitz geworden. Wenn man darin steht, fühlt man sich gleich wie zu Hause.

Wann kaufen Sie sich Ihr eigenes Schloss?

Ich suche noch. Irgendwann werde ich ein geeignetes finden.

Gespräch: Ulf Mallek