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Mit Mutters Simson zur Sachsenkrad

Die jungen Männer und Frauen von „2-Takt-Labor“ sammeln alte DDR-Mopeds. Ein paar davon sind in Dresden zu sehen.

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© Jörg Richter

Von Jörg Richter

Thiendorf. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass sich Motorradfahrer auf der Straße grüßen. Doch nicht jeder Motorradfahrer grüßt auch Mopedfahrer. „Vor allem die mit den großen Rennmaschinen grüßen uns nicht“, sagt Mirko Weise. Der 25-jährige Thiendorfer, der etwa 15 Mopeds der ehemaligen DDR-Marke sein Eigen nennt, kann auf solche Zweirad-Snobs gut verzichten. Denn er weiß, die meisten von ihnen haben auch mal klein angefangen, spricht mit Mopeds.

Nicht umsonst sind er und seine Freunde von „2-Takt-Labor“, einer losen Vereinigung von Simson-Freunden aus Thiendorf und Umgebung, am Wochenende als Aussteller auf die Dresdner Motorradmesse „Sachsenkrad“ eingeladen. Und das bereits zum zweiten Mal. „Letztes Mal standen wir neben einem Stand von Harley Davidson“, erzählt Weise stolz. Die traditionsreiche amerikanische Marke gilt als Inbegriff aller Motorräder. Eine Simson neben einer Harley – das gibt es wohl nur in Ostdeutschland. Hier sind die kleinen Straßenflitzer mindestens genauso Kult wie die Ami-Cruiser mit ihren ausladenden Lenker und dicken Tanks. Wenn nicht sogar noch mehr.

Simsons sind Kult

Weise und seine Freunde von „2-Takt-Labor“ kennen auch die Gründe, warum so viele Simsons auch 26 Jahre nach der Wende noch so häufig auf den Straßen zu sehen sind. „Sie sind Kult, weil man sie schon mit 15 Jahren fahren darf“, sagt Magdalena Johne (21) aus Großenhain. „Es ist einfache Technik, die hält“, sagt Mirko Weise. Und Martin Hummig ergänzt: „Die Simsons sehen auch toll aus.“

Der 25-Jährige besitzt zwei Schwalben, zwei S 51, einen Simson-Roller und ein Rennmoped. Sein absolutes Lieblingsstück ist aber eine Simson S 51 Comfort, von denen nur 31000 Stück gebaut wurden. „Die habe ich von meiner Mutter“, erzählt er. Sie hatte die Comfort Mitte der 1980er Jahre gekauft, um damit zur Schule zu fahren. Dieses Modell besaß im Vergleich zur herkömmlichen S 51 einen Drehzahlmesser, einen besseren Polstersitz, einen schwarzen Motorblock und eine Hinterradfederung.

Martin Hummigs „Erbstück“ sieht aus, als wäre es eben aus dem ehemaligen VEB Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk „Ernst Thälmann“ Suhl ausgeliefert worden. Bereits im letzten Jahr hatte er die Comfort auf der „Sachsenkrad“ ausgestellt. „Da hatte mir jemand 2000 Euro geboten, damit ich sie ihm verkaufe“, erzählt er. „Aber für dieses Geld gebe ich sie nicht her. Noch nicht mal für 3000!“ Martin Hummig hängt an dem Prachtexemplar. Verständlich.

In Halle V

Klar, dass seine Comfort auch auf der diesjährigen „Sachsenkrad“ mit dabei ist. Zusammen mit Mirko Weise hievt er sie und drei weitere Mopeds des „2-Takt-Labors“ auf einen Transporter, um sie nach Dresden zu fahren. Dort sind die Thiendorfer am Wochenende in Halle V zu sehen. Leicht zu erkennen am schwarzen Plakat, dass wie eine Piratenfahne aussieht. Doch unterm Totenschädel sind, statt der Knochen gekreuzte Motorkolben zu sehen.

Die jungen Männer und Frauen vom „2-Takt-Labor“ wollen auf der „Sachsenkrad“ für das Zwölf-Stunden-Rennen am 6. August an der Sachsenarena in Riesa werben. Und natürlich wollen sie auch ins Gespräch mit Motorradfahrern kommen. „Im letzten Jahr kamen viele auf uns zu und fingen an über die Zeiten zu schwärmen, als sie selbst noch Moped fuhren“, berichtet Mirko Weise. Meistens sind es ostdeutsche Motorradfahrer. Sie grüßen auch Simson-Fahrer. Aus Respekt und Nostalgie.

Aus einem russischen Befehl wurde eine Erfolgsgeschichte mit traurigem Ende

Das ursprüngliche Unternehmen Simson wurde 1856 von den beiden jüdischen Brüdern Löb und Moses Simson in Suhl gegründet. Die Firma produzierte zuerst Waffen, später auch Fahrräder (ab 1896) und Autos (ab 1911).

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Werk von den Alliierten als Rüstungsbetrieb eingestuft und 1946 weitgehend demontiert. Etwa 4300 Maschinen wurden als Reparationszahlungen in die Sowjetunion transportiert.

Ende 1948 erhielt das Werk von der sowjetischen Militäradministration den Befehl, ein Motorrad mit einem 250-cm³-Viertaktmotor zu bauen, die spätere AWO 425. Bereits 1950 konnte die Produktion aufgenommen werden.

Mit dem Hochfahren der Mopedproduktion wurde 1957 die Produktion von Fahrrädern eingestellt.

Seine heutige Bekanntheit erlangte Simson durch die in der DDR in großen Stückzahlen hergestellten Zweiräder. Ab 1962 wurden in Suhl zugunsten von MZ in Zschopau nur noch Mopeds hergestellt.

Mit knapp 6 Millionen Krafträdern war und ist Simson bis heute der größte Zweiradhersteller Deutschlands.

Nach der Wende gab es mehrere Nachfolgeunternehmen mit dem Traditionsnahmen Simson. 2003 wurde aber die Produktion eingestellt.

Die MZA (Meyer-Zweiradtechnik-Ahnatal) GmbH kaufte alle Lagerbestände und Urheberrechte des letzten Simson-Nachfolgeunternehmens und produziert bis heute in Suhl Ersatzteile für fast alle Simson-Modelle.

Quelle: Wikipedia