Merken

Mit Musik durch 70 gemeinsame Jahre

Die Berggießhübler Lissy und Werner Kretzschmar kennen sich seit der ersten Klasse. Zu ihrer Gnadenhochzeit spielt ein besonderes Orchester.

Teilen
Folgen
© Kristin Richter

Von Heike Sabel

Berggießhübel. Was sich liebt, das neckt sich. Geneckt haben sich Lissy und Werner schon, da war an Liebe noch nicht zu denken. In der ersten Klasse damals in Reinhardtsdorf war es, da rannte Werner an drei Mädels vorbei und drängt sie vom Weg ab. Ein Mädchen fiel den Hang drei Meter herunter. „Sie hatte sich aber nichts getan“, sagt Werner. Trotzdem musste er sich entschuldigen gehen. Zur Verstärkung nahm er seinen Opa mit. „Der rannte mir immer hinterher“, sagt Lissy. Das zweite Mal bei der Tanzstunde und dann bei der Lehrerbildung, da saß er ganz zufällig neben ihr. Das war im Jahr 1946. Ein Jahr später heirateten sie. Nun feiern sie am 8. Februar Gnadenhochzeit.

Nur einmal in all den Jahren hat Werner den Hochzeitstag vergessen. „Den 32.“, sagt Lissy. Dafür hatte ihr Chef es irgendwie erfahren. Als dann abends eine Azalee und Wein auf dem Tisch standen, wunderte sich Werner. Jetzt ist es ein Strauß Rosen. Der ist von seinem 89. Geburtstag Ende Januar, sie wird im Juli 90. „Dabei fühle ich mich wie 18“, hat sie am Montag dem Zahnarzt gesagt. Sie erzählen abwechselnd etwas. Sie sagt dann gern: „Aber das kommt nicht in den Artikel“, und rempelt ihn am Arm.

Dann steht sie auf: „Bei mir leiert die Waschmaschine.“ Er zeigt sein Hobby, gestaltete Karten, zum Beispiel mit Muscheln. Über zehn Jahren flogen sie jedes Jahr nach Mallorca. Noch heute bringen ihm Freunde Muscheln mit. Er weiß schon gar nicht mehr, was er mit den ganzen Karten machen soll.

Beide waren Lehrer und zogen erst Anfang der 1990er-Jahre nach Berggießhübel, und beide sind noch immer musikalisch. Er spielt Akkordeon und Geige, leitete viele Jahre den Bürgermeisterchor der Region, der auch im DDR-Fernsehen auftrat, und dann den Seniorenchor. Lissy nahm Gesangs- und Klavierunterricht, bis der Lehrer in den Krieg musste. Sie hat all die Jahre bei ihrem Mann im Chor mitgesungen. Noch heute treffen sich die Sänger monatlich. „Das bereitet er vor, als wenn es noch der Chor wäre“, sagt Lissy. Und wieder ist da dieses Necken, zu dem Werner Kretzschmar lächelt.

Die Musik hat sich vererbt und gehört zur Familie mit einer Tochter, drei Enkeln und zwei Urenkeln. Alle machen irgendwie Musik. Für die Einladung zur Feier am Sonnabend und seine Festrede hat Werner Kretzschmar wieder gedichtet: „Bei Kretzschmars die alte Leiter, ohne Musik keine Feier.“ Geige, Schlagzeug, Gitarren, Gesang und natürlich Kretzschmars Akkordeon werden erklingen. Wenn rund 30 Gäste musizieren, wird das ein besonderes Orchester.

„Werner, nein, nicht so“, unterbricht sie ihn manchmal. Zum Beispiel, wenn er hofft, noch lange Auto fahren zu können. „Ich fühle mich sicher.“ Sie schüttelt mit dem Kopf. Er ist verwöhnt und geizig, sagt sie. Böse meint sie es nicht. Er lacht auch meist darüber. Sie necken und lieben sich eben immer noch.