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Mit Leib und Seele Schneiderin

Sabine Mütze-Dietrich aus Fischbach ergattert einen Award für ihre Handwerkskunst – nicht ihre erste Auszeichnung.

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© Thorsten Eckert

Von Nadine Steinmann

Stolz streicht Sabine Mütze-Dietrich über den Stoff des Gehrockes, der selbst an einer ganz gewöhnlichen Schneiderpuppe bereits sehr elegant wirkt. „Der ist aus Seide hergestellt. Ein Stoff, der sehr schwer zu verarbeiten ist“, schildert die Schneidermeisterin aus Fischbach. Doch die Mühe und die Arbeit haben sich gelohnt, denn der Gehrock ist Teil eines ganzen Outfits, das Sabine Mütze-Dietrich Anfang Oktober den höchsten Preis beim Bundeskongress des Maßschneiderhandwerks eingebracht hat. Das Zusammentreffen von Schneidern aus ganz Deutschland findet aller zwei Jahre statt. Diesmal in Kiel. Neben zahlreichen Workshops veranstaltet der Bundesverband an diesen Tagen auch mehrere Wettbewerbe, unter anderem für den Berufsnachwuchs, die Mitarbeiter sowie für die Betriebsinhaber selbst. Seit ihrer Meisterprüfung, die sie 1980 ablegte, nimmt auch Sabine Mütze-Dietrich an diesen Leistungsvergleichen teil – mit regelmäßigen Erfolgen. So sicherte sie sich vor zwei Jahren erst die Goldene Schere, in diesem Jahr schließlich den Award – beides im Herrenbereich. Denn auf diesen hat sich die Schneidermeisterin spezialisiert. Natürlich fertigt sie auch Maßgeschneidertes für Frauen an, doch ihr Hauptaugenmerk liegt auf der männlichen Zunft. „Man kann auch nur in einem Bereich komplett ausgereift arbeiten“, erklärt Sabine Mütze-Dietrich.

Seit 1986 arbeitet sie als selbstständige Schneidermeisterin – feiert also in diesem Jahr ihr 30-jähriges Jubiläum. Die Werkstatt hat sie, nachdem der Betrieb krankheitsbedingt einige Jahre ruhen musste, von ihrem Vater Arno Mütze übernommen. Bei ihm hat sie auch gelernt. „Er war manchmal sicherlich ein wenig streng zu mir“, berichtet die Meisterin ihres Handwerks lachend. Doch die gute Ausbildung hat sich schließlich gelohnt. Mittlerweile lebt die Schneidermeisterin in Burkau, arbeitet aber immer noch von dem alten Fachwerkhaus in Fischbach aus. Im kommenden Jahr möchte sie die Werkstatt neu vorrichten.

Auch Aufträge von der Semperoper

Die Kunden von Sabine Mütze-Dietrich kommen vor allem aus der sächsischen Landeshauptstadt. Dabei fertigt sie nicht nur Maßgeschneidertes für Privatpersonen, sondern erhält gelegentlich auch Aufträge von der Semperoper. Die vergangenen Tage war sie mit einem Auftrag aus eben diesem Haus mehr als ausreichend beschäftigt. Doch auch in Arnsdorf selbst ist die Schneidermeisterin, die mittlerweile knapp über 60 Jahre alt ist, tätig. So arbeitet sie unter anderem mit dem Karnevalsclub der Gemeinde zusammen, stattet jedes Jahr aufs Neue das Prinzenpaar aus.

Doch zurück zu ihrem jüngsten Erfolg. Es war Sonnabend, der erste Oktober. 16 Uhr begann in den Räumlichkeiten der Industrie- und Handelskammer zu Kiel der Atelier-Wettbewerb „Maßschneider-Award“. Normalerweise bekommt sie bei diesem Wettkampf familiäre Unterstützung, denn ihr Neffe steht ihr meist als männliches Model zur Verfügung. „Leider konnte er in diesem Jahr nicht, weil er seine Klavierprüfung abgelegt hat“, berichtet die Schneidermeisterin. Doch auch wenn der familiäre Glücksbringer nicht dabei war, schaffte es Sabine Mütze-Dietrich mit ihrem Model und ihrem Outfit, die Jury auf dem Laufsteg zu überzeugen und die meisten Punkte einzuheimsen. Bei der Bewertung zählt natürlich nicht nur die Schneiderkunst selbst, sondern auch der Gesamteindruck. „Es zählt von Hemd bis Schuh“, berichtet die Schneidermeisterin. Die Schuhe hat sie natürlich nicht angefertigt, doch das restliche Outfit, von der Hose über die Weste bis hin zum Gehrock, sind ihr alleiniges Werk. „Bis zu 100 Arbeitsstunden steckt man in solch eine Arbeit rein“, berichtet Sabine Mütze-Dietrich. Zeit, die die Fischbacherin eigentlich kaum hat. Denn neben ihrer normalen Arbeit ist sie noch für die Handwerkskammer in Dresden tätig. Dort unterrichtet sie die Gesellen unter anderem in dem Bereich Schnittzeichnen und nimmt die Prüfungen der künftigen Meister ab. Außerdem ist sie Vorstandsmitglied beim Bundesverband der Maßschneider.

Sucht immer neue Herausforderungen

Doch trotz der vielen Arbeit kann sie es einfach nicht seinlassen, regelmäßig an Wettbewerben teilzunehmen. „Ich könnte mich auch hinsetzen und mich berieseln lassen. Das wäre sicherlich stressfreier“, berichtet die Fischbacherin. Doch sie ist eben mit Leib und Seele Schneidermeisterin, sucht immer wieder eine neue Herausforderung und möchte wissen, wo sie mit ihrer Kunst steht. Diese Frage hat sie jüngst beantwortet bekommen. Denn Sabine Mütze-Dietrich gehört mit ihrem gewonnenen Maßschneider-Award offensichtlich zu den besten ihres Handwerks in ganz Deutschland.