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Mit einer 3 in Mathe aufs Gymnasium?

Die Macht der Grundschule, über die Zukunft von Kindern zu entscheiden, könnte kippen. Nicht alle Eltern wollen das.

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© dpa

Von Sandro Rahrisch

Wann sollten sich Familien entscheiden müssen, ob das Kind aufs Gymnasium geht? Und wer bestimmt, ob es das Zeug dazu hat? Zumindest ist eine 3 in Mathematik kein Ausschlusskriterium, wie das Dresdner Verwaltungsgericht geurteilt hat und damit die sächsische Schulordnung infrage stellt (die SZ berichtete). Unter Eltern sorgt die Entscheidung für jede Menge Wirbel. „Wie will ein Kind auf dem Gymnasium mithalten, wenn es schon in der vierten Klasse nur für eine 3 reicht“, fragt sich zum Beispiel Kerstin Pappermann auf der Facebook-Seite der Sächsischen Zeitung. Sie könne die Eltern, die auf Krampf meinen, ihr Kind müsse aufs Gymnasium, nicht verstehen.

Stefanie hält ihr entgegen: Auch sie habe in der vierten Klasse in Mathematik eine 3 gehabt. Deshalb sei sie zunächst nicht aufs Gymnasium gegangen. Heute ist sie selbst Lehrerin am Gymnasium, schreibt sie und fügt hinzu: „Dreimal dürft ihr raten, für welches Fach.“ Aber nicht nur die Regel, dass Viertklässler erst eine Bildungsempfehlung fürs Gymnasium bekommen, wenn sie in Deutsch, Mathematik und Sachkunde einen Gesamtschnitt von 2,0 haben, wird heftig diskutiert. Viele Eltern fragen sich auch, ob es nicht viel zu zeitig ist, die weitere Schulwahl schon in der vierten Klasse zu treffen. Sachsen sollte sich ein Beispiel an anderen Bundesländern nehmen, wo die Kinder bis zur sechsten Klasse Zeit hätten, meint Manuela Strecker. Und Astrid Menzel fügt hinzu: „Eine Hürde zum Abitur macht Sinn, aber vielleicht erst nach der siebten Klasse.“

Dem Dresdner Elternrat sind Diskussionen, wie sie durch das Urteil wieder aufflammen, nicht neu. „Die Meinungen bilden eine Riesenschere“, sagt die Vorsitzende Annett Grundmann. „Die einen finden das System super gut, wie es ist. Die anderen wollen, dass alle Kinder bis zur sechsten oder achten Klasse gemeinsam lernen.“

Dabei haben Oberschüler schon jetzt die Möglichkeit, auch nach der fünften Klasse noch aufs Gymnasium zu wechseln, wenn die Noten stimmen. Es gibt mehrere Dresdner Oberschulen, wo die Zahl der Wechsler zum neuen Schuljahr zweistellig gewesen ist. In Pieschen gingen 17 Jugendliche diesen Schritt. Für Annett Grundmann ist die Frage eher, ob man jemanden überhaupt an Noten in drei Fächern festmachen kann. Talente, die im Alter von zehn Jahren gar nicht in der Schule gefördert werden, würden außer Acht gelassen.