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Mit Dornröschen nichts am Hut

Wegen fehlenden Hochwasserschutzes zog die Spindelfabrik von Döbeln nach Lommatzsch um. Und will sich jetzt sogar erweitern.

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© Gerhard Schlechte

Von Jürgen Müller

Lommatzsch. Woran denkt der Normalbürger, wenn er von Spindeln hört? Die meisten verbinden das wohl mit dem Grimm'schen Märchen von Dornröschen, das sich an einer Spindel sticht und in einen hundertjährigen Schlaf verfällt. „Nein, mit Dornröschen haben wir nichts zu tun“, sagt Martina Nitschke von der SN Spindeltechnik in Lommatzsch. Die gibt es dort erst seit dem vergangenen Jahr. Nahezu unbemerkt siedelte sie sich im Gewerbegebiet Messaer Straße an, kaufte das Gebäude einer Druckerei.

Zwar ist die Firma neu in Lommatzsch, aber kein neu gegründetes Unternehmen. Die kleine Firma war seit 2003 in Döbeln angesiedelt. „Das Gebäude war nach dem Hochwasser von 2002 gerade frisch saniert worden. Wir glaubten, jetzt für die kommenden 100 Jahre Ruhe zu haben“, sagt Martina Nitschke. Hatte sie aber nicht. 2013 kam das nächste Hochwasser. „In Döbeln wurde zwar seit 2002 viel für den Hochwasserschutz getan, jedoch vor allem die Innenstadt gesichert. Das Gebiet, in dem wir ansässig waren, war weiterhin nahezu schutzlos dem Hochwasser ausgesetzt“, sagt sie. Etwa eine halbe Million Euro Schaden richtete die erneute Flut in der Firma an. Etwa einen Meter stand das Wasser in der Halle. „Alle Maschinen, die die Elektronik in einer geringeren Höhe haben, und das sind fast alle, waren nicht mehr zu retten“, so Inhaber Steffen Nitschke. Ein Vierteljahr stand die Produktion nahezu still, gab es nur eine Art Notproduktion. „Das Schlimme ist, dass Kunden in einer solchen Situation ganz schnell abspringen“, so der Inhaber.

Neubau im Gewerbegebiet

Das Risiko, erneut Opfer einer Flut zu werden, wollten die Nitschkes nicht eingehen. „Wir hatten keine Illusionen, dass sich an dem Zustand etwas ändert, es in dem Gebiet einen wirksamen Hochwasserschutz gibt“, sagt Martina Nitschke. Deshalb stand der Entschluss schnell fest, einen anderen, hochwassersicheren Standort zu suchen. Den fand man schließlich in Lommatzsch.

13 Leute sind in dem kleinen Unternehmen beschäftigt, welches Industriespindeln anfertigt und repariert. „Was wir hier herstellen, ist keine Massenware, sondern wird individuell für unsere Kunden gefertigt“, sagt Inhaber Steffen Nitschke. Die Produktpalette umfasst die Eigenentwicklung von Schleifspindeln, Frässpindeln, Bohrspindeln und Drehspindeln sowie Spezialanfertigungen nach Kundenwunsch. „Mit Hilfe modernster Geräte und Programme nehmen wird Berechnungen und Auslegungen von Spindelkomponenten vor und erstellen Konstruktionen für die verschiedensten Spindeltypen“, erläutert der Inhaber.

Die Spindeln und Spindelsysteme werden in Maschinen zum Fräsen, Drehen, Bohren oder Schleifen verschiedensten Materialien eingesetzt, aber auch zum Polieren und Abziehen. Diese werden zum Beispiel eingesetzt als Spindeln in der Hochgeschwindigkeitsbearbeitung, in Robotern und Sondermaschinen. „Was wir machen, ist viel Handarbeit, wir sind praktisch eine Einzelfertigung“, sagt Steffen Nitschke.

Es werden nicht nur verschiedenste Spindeln individuell angefertigt, sondern auf Kundenwunsch auch aus- und eingebaut. „Wir haben viele Stammkunden deutschlandweit, versuchen aber, vor allem mit regionalen Firmen zusammenzuarbeiten“, sagt Martina Nitschke.

In Lommatzsch plant die Firma langfristig, will sich sogar erweitern. Jetzt hat die Spindeltechnik Interesse für ein 3 000 Quadratmeter großes Grundstück im Gewerbegebiet angemeldet. Das soll erworben und dort ein Erweiterungsbau errichtet werden. Dann werden auch neue Arbeitsplätze entstehen, sagt Martina Nitschke. Wie viele das sein werden und wann es wird, dazu will sie sich aber noch nicht festlegen.

Mehr Energie sparen

Auch jetzt schon sucht die Firma nach Möglichkeiten, die Produktion zu optimieren, vor allem Energie einzusparen. So wurde der Energieberater Lothar Lindner um Rat gefragt, auf welche Weise Energie eingespart werden kann. Denkbar wäre zum Beispiel, die vorhandenen Leuchtstoffröhren durch LED-Lampen zu ersetzen. Auch an eine Änderung der Heizungsanlage ist gedacht. „Da wir im Tausendstel Millimeterbereich arbeiten, stört Staub aus der Lüftungsheizung“, sagt Martina Nitschke. Allerdings wolle man erst mal den Winter und den damit zusammenhängenden Gasverbrauch errechnen, um abschätzen zu können, ob sich eine solche Investition auch langfristig lohnt.

Großen Wert legt das kleine Unternehmen auf Forschung und Entwicklung. Dazu arbeitet die Spindeltechnik unter anderem mit dem Fraunhofer-Institut zusammen.

Der von Lothar Lindner initiierte 1. Stammtisch des Energieeffizienz-Netzwerkes Nossen findet am Donnerstag um 17.30 Uhr im Gasthof Augustusberg 18 in Nossen statt.