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Mit den Zweiten sieht man besser

Die Kittlitzer Arzt-Helferin Ina Mutschink war mit ihrem Chef in Ghana. Sie brachte Menschen neue Augen-Linsen.

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© privat

Von Birgit Hollstein

In Ghana hat Ina Mutschink das Glück gesehen. Das Glück dankbarer Menschen. „In Ghana begegnete ich vor allem gastfreundlichen Menschen. Viele sind sehr arm, aber dennoch zufrieden“, erzählt die Kittlitzerin. „Kinder freuen sich über jedes noch so kleine Geschenk, seien es Kugelschreiber, Gummibärchen oder Plüschtiere“, sagt sie. Der Grund ihrer Reise war aber nicht, etwas zu sehen zu bekommen. Es ging darum, dass andere Menschen weiterhin sehen können.

Ina Mutschink ist Assistentin in der Augenarztpraxis von Dr. Stephan Kretschmar in Bautzen. Gemeinsam mit dem Arzt und dessen Ehefrau Elke Kretschmar besuchte sie in den ersten beiden Aprilwochen das westafrikanische Land. Vor allem, um an grauem Star erkrankten Menschen die Sehkraft zurückzugeben. Für Ina Mutschink war es die erste Hilfsmission. Ihr Chef war schon zehnmal dort. Der Arzt flog 2002 erstmalig nach Ghana, um zu helfen. Damals war er noch in einer Görlitzer Augenklinik tätig, dessen Chef die Hilfsorganisation ins Leben gerufen hatte. Diese führt Kretschmar nun weiter, nachdem er sich vor 13 Jahren in einer eigenen Praxis niedergelassen hat.

„Grauer Star, eine Linsentrübung, scheint in Ghana sehr ausgeprägt zu sein“, berichtet Ina Mutschink. „Viele Einwohner leiden darunter.“ Deshalb hatten sie aus Deutschland viele Kunstlinsen mitgebracht. Die setzten sie ihren Patienten in der Augenklinik der Stadt Akosombo ein. 10 bis 15 Operationen pro Tag schaffte das Team, zu dem neben den beiden deutschen Medizinern afrikanische Schwestern, ein Pfleger und Zseth Fiodojor gehörten. Er ist der Chef der Augenklinik in Akosombo, die auch die Kosten für Unterkunft und Verpflegung der Mediziner übernahm. Den Flug zahlte der Bautzner Augenarzt selbst.

„Das Hauptanliegen unserer Reise war, eine Phakomaschine in der Klinik aufzustellen“, erzählt Ina Mutschink. „Wir wollten die einheimischen Ärzte mit einer Technik vertraut machen, die bei uns schon lange im Einsatz ist. Auch in Ghana könnten die Patienten davon profitieren.“ Mit Hilfe der Maschine wird der Linsenkern durch Ultraschall geteilt und entfernt. Mittels einer Saugspülvorrichtung werden anschließend die Reste abgesaugt. Der Vorteil ist ein viel kleinerer Schnitt und damit verbunden ein wesentlich schnellerer Heilungsprozess. Leider traf die Phakomaschine nicht zur geplanten Zeit ein. Deshalb musste das Team auf herkömmliche Weise operieren. Dadurch verlängerte sich die Operationszeit. Sie dauerte keine 15 Minuten, sondern etwa 30.

Während ihres zweiwöchigen Einsatzes in Ghana wohnte das Hilfeteam von Dr. Stephan Kretschmar in einer Bungalowsiedlung etwa drei Kilometer von ihrer Arbeitsstelle entfernt, erzählt die Kittlitzerin. Ein Fahrer holte sie in ihrer Unterkunft ab. In der Klinik frühstückten sie und gegen 9 Uhr begann die Arbeitszeit, die 17 oder 18 Uhr endete. „Ich gewann Eindrücke von den Arbeitsbedingungen, die ich sonst nicht gehabt hätte“, sagt Ina Mutschink. „Alles lief so ruhig ab. Gesprochen wurde auf Englisch. Und irgendwie funktionierte alles in der Fremdsprache, wenn auch manchmal mit dem Einsatz von Händen und Füßen.“ Die Patienten waren zum größten Teil Menschen, bei denen der graue Star bereits stark ausgeprägt war. Einige waren auf einem Auge fast blind. Alle wurden von Zseth Fiodojor vermittelt. „Das Problem ist nicht, dass in Ghana mehr Menschen am grauen Star erkranken“, so Stephan Kretschmar, sondern die Zahl der Augenärzte. „Im ganzen Land gibt es nur etwa 250 niedergelassene Augenärzte.“

Das Team bekam in Akosombo auch Besuch von Vertretern des Lions Clubs in Bautzen. Die wollten sich ein Bild von der Klinik machen und eine neu entstehende Klinik inspizieren. Stephan Kretschmar, zugleich Präsident des Clubs, informierte, dass nächstes Jahr medizinische Technik in die afrikanische Stadt geliefert werden soll. Auch die Phakomaschine sei zum Teil vom Lions Club finanziert worden.

Schließlich bekam auch Ina Mutschink noch etwas von Ghana zu sehen. Auf einer Fahrt in die Küstenstadt Cape Coast gewann sie viele Eindrücke von dem Land. Sie besichtigte eine von mehreren Sklavenburgen, in der Sklaven ab dem 17. Jahrhundert gefangen gehalten wurden, um als Handelsware nach Amerika verschifft zu werden. „Ich habe meine Reise nicht bereut. Ich werde wieder mit nach Ghana fliegen, wenn die Situation sich so ergibt“, sagt die Kittlitzerin.