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Mit dem Taxi zur Untersuchung?

Für Transporte zum Arzt gibt es vom Gesetzgeber zwar genaue Vorgaben. Die verhindern aber Probleme für Patienten in der Oberlausitz nicht.

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© dpa

Von Mario Sefrin

Es gibt Erlebnisse, die lassen einen sprachlos zurück. Familie Walter* aus dem Zittauer Gebirge hat so ein Erlebnis gehabt. Noch heute regt sich Herr Walter darüber auf, wenn er an dieses Erlebnis denkt, das ihm und seiner Frau vor einigen Wochen widerfahren ist. „Meine Frau, die chronisch krank ist, hatte von ihrem Hausarzt eine Überweisung zu einer MRT-Untersuchung in Görlitz bekommen“, erzählt Herr Walter. „Das Problem war, dass meine Frau den Termin um 7.15 Uhr in Görlitz hatte.

Da sie wegen der Krankheit nicht selbst Auto fahren kann, haben wir bei ihrer Krankenkasse angefragt, ob diese eine Taxifahrt nach Görlitz bezahlt.“ Mit Bussen und Bahn zur Untersuchung nach Görlitz zu kommen, sei aus dem Zittauer Gebirge schließlich nur mit einigem zeitlichen Mehraufwand machbar.

Die Anfrage bei der Krankenkasse hätte sich Familie Walter aber sparen können, so Walter. Denn nicht nur, dass das Anliegen abgewiesen wurde: „Im Call-Center der Krankenkasse wurde uns gesagt, dass eine Beförderung nicht bezahlt wird. Dabei hat meine Frau einen Behindertenausweis, zu 100 Prozent“, so Herr Walter. „Als Grund für die Ablehnung wurde uns gesagt, dass im Behindertenausweis ein falscher Buchstabe für die Behinderung steht.“ Doch damit nicht genug. „Meiner Frau wurde gesagt, sie sollte besser in die Stadt ziehen. Dann hätte Sie es nicht so weit zum Krankenhaus“, erzählt Herr Walter. Später habe die Krankenkasse die Gründe noch einmal schriftlich mitgeteilt, warum die Beförderungskosten nicht übernommen wurden, und dass der Arzt hätte eine Bescheinigung ausstellen müssen. Doch da hatte Herr Walter seine Frau längst selbst nach Görlitz gefahren, trotz beruflicher Belastung.

Herr Walter steht mit seinem Problem wohl nicht allein da, wie ein Fall aus Weißwasser zeigt, der sich kürzlich ereignete. Dort sollte ein Mann zur Untersuchung nach Hoyerswerda gebracht werden, wurde vom ersten informierten Krankentransport aber stehengelassen, weil wichtige Vermerke auf dem Transportschein fehlten. Erst ein zweiter Krankentransport brachte den Patienten zum Arzt – mit einer Verspätung von mehreren Stunden.

Auf Nachfragen zu dem beschriebenen Problem antworten die vier großen Krankenkassen in der Region – AOK plus, Barmer, DAK und IKK – eindeutig. Die Übernahme von Beförderungskosten von Patienten sind möglich, aber an eindeutige Vorgaben geknüpft. Definiert sind diese Bedingungen für alle Krankenkassen gleichermaßen verbindlich im Fünften Sozialgesetzbuch. Demnach übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen Fahr- und Transportkosten in Fällen, die in Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse zwingend medizinisch notwendig sind, erklärt Andrea Ludolph, Pressereferentin für Sachsen bei der IKK classic. Dazu zählen laut Frau Ludolph Leistungen, die stationär erbracht werden (Krankenhaus, medizinische Rehabilitation), medizinisch notwendige Verlegungen von einem Krankenhaus in ein anderes, Rettungsfahrten zum Krankenhaus oder Fahrten zu einer ambulanten Operation oder vor- oder nachstationäre Behandlungen, wenn dadurch eine voll- oder teilstationäre Krankenhausbehandlung vermieden oder verkürzt wird.

Kostenübernahmen sind jedoch auch möglich bei Versicherten, die einen Schwerbehindertenausweis mit den Merkzeichen „aG“ (außergewöhnliche Gehbehinderung), „BI“ (Blindheit) oder „H“ (Hilflosigkeit) haben, bei Versicherten mit der Pflegestufe 2 oder 3 sowie bei Versicherten ohne Schwerbehindertenausweis, die in ihrer Mobilität jedoch vergleichbar eingeschränkt sind und mindestens sechs Monate ambulant behandelt werden müssen. „Die Fahrten zur ambulanten Behandlung sind vom Vertragsarzt zu verordnen und müssen grundsätzlich im Vorfeld von der zuständigen Krankenkasse genehmigt werden“, sagt Andrea Ludolph.

Der behandelnde Arzt schätze auch ein, welche Fahrzeuge für den Transport zum Einsatz kommen. „Das können öffentliche Verkehrsmittel, Taxi, Mietwagen, ein privates Auto sowie Krankenwagen oder Rettungsfahrzeug sein“, so Andrea Ludolph. Die anderen befragten Krankenkassen haben inhaltlich gleiche Antworten gegeben. Wichtig sei es aber, dass die Betroffenen rechtzeitig den Kontakt mit ihrer Krankenkasse suchen, lautet übereinstimmend der Rat der Krankenkassen.

Alle vier befragten Kassen gaben an, Ermessensspielräume im Einzelfall im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu nutzen, beispielsweise begründet durch den Mobilitätsgrad des Betroffenen. Vielleicht hat Familie Walter aus dem Zittauer Gebirge ja so noch die Möglichkeit, wenigstens die Fahrtkosten zur Untersuchung ersetzt zu bekommen. Denn der Grad der Behinderung von Frau Walter sollte schließlich genau festzustellen sein.

* Name geändert