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Mit dem Einkaufstaxi zum Supermarkt

Seit drei Jahren bietet ein Pflegedienst diese Dienstleistung an. Sonst wären manche Glashütter Senioren aufgeschmissen.

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Von Maik Brückner

Kurz nach 9.30 Uhr fährt Wolfgang Dix mit dem Kleinbus vor. Er hält vor dem DRK-Stützpunkt am Glashütter Folgenhang. „Einkaufstaxi“ steht auf dem Schild, das er hinter die Windschutzscheibe geklemmt hat. Dix steigt aus und begrüßt die drei älteren Damen, die auf ihn gewartet haben. Dann öffnet er die Seitentür und hilft den Damen beim Einstieg. Eine hat einen Korb dabei, eine andere einen Rucksack, die Dritte eine Tasche. Drinnen sitzen schon fünf ältere Damen, die Dix von ihren Wohnungen abgeholt hat. Dann schließt er die Tür, steigt ins Fahrerhaus und fährt ans andere Ende der Stadt zum Edeka-Einkaufsmarkt. Dort lässt er die Damen aussteigen. Eine Stunde haben sie nun Zeit, um einzukaufen. Dann bringt er sie zurück. So einfach funktioniert das Einkaufstaxi, das es jetzt schon drei Jahre gibt.

„Die Zeit zum Einkauf reicht mir“, sagt Anita Roskosch, die zu den drei Damen gehört, die am DRK-Stützpunkt eingestiegen sind. Die 82-Jährige ist froh, dass der Pflegedienst Salus Domi diesen Service anbietet. Denn in unmittelbarer Nähe zu ihrem Haus gibt es keinen Laden mehr. „Früher war das hier mal ein Laden“, sagt die Glashütterin und zeigt auf den DRK-Stützpunkt. Dort konnte man sich mit dem Nötigsten versorgen. Alle anderen Dinge holte sie sich in der Stadt. Doch die Zeiten haben sich geändert – sie ist älter geworden, kann nicht mehr Auto fahren. Und auch die Zahl der Lebensmittelgeschäfte hat abgenommen. In Glashütte gibt es nur noch einen, den Edeka in der Unterstadt eben. Nachdem ihr Mann verstorben ist, muss sie sich allein versorgen. Ihre nächsten Verwandten können ihr auch nicht immer helfen, sie wohnen in Freiberg und Chemnitz, erzählt sie. Deshalb ist sie ganz auf sich allein gestellt. Ähnlich geht es ihren Nachbarinnen, von denen einige noch älter sind. Bis vor drei Jahren mussten sie zu Fuß zum 2,3 Kilometer entfernten Edeka laufen. Für die Damen war das eine echte Herausforderung, vor allem der Rückweg. Denn zurück geht es bergauf. Dass diese Plackerei ein Ende hat, haben sie Heide Dix zu verdanken. Mit ihrer Tochter richtete sie vor vier Jahren ein Niederlassungsbüro gegenüber vom früheren Kulturhaus ein. „Täglich konnte ich durchs Fenster sehen, wie sich die älteren Frauen mit ihren Taschen abmühten“, sagt Frau Dix. Wie könnte man ihnen helfen?, fragte sie sich. Ein Fahrdienst wäre die Lösung.

Sie sah und hörte sich um, welche Erfahrungen andere Pflegedienste gemacht haben. Und siehe da. Auch andere haben sich daran versucht. Viele hätten aber nach einem halben Jahr aufgegeben, sagt Frau Dix. Das sollte ihr nicht passieren. Deshalb machte sie sich erst einmal kundig, welche Auflagen zu erfüllen sind, um ein Einkaufstaxi einzurichten. Und das sind nicht wenige, sagt Frau Dix. Dafür müsse man ein Gewerbe anmelden. Zudem müssen die Fahrer einen Lehrgang besuchen und eine Prüfung ablegen. Und auch für den Kleinbus gibt es Auflagen. „Der muss jedes Jahr zum TÜV“, sagt Wolfgang Dix, ihr Ehemann. Er ist 65 Jahre alt, Rentner und verdient sich als Fahrer noch etwas dazu. Sollte er mal nicht können, schickt der Pflegedienst einen Ersatzfahrer. Die alten Leutchen sollen sich auf das Einkaufstaxi verlassen können, das immer donnerstags fährt. Zwei Euro kostet die Fahrt vom Folgenhang. Die Schlottwitzer Senioren, die Wolfgang Dix am selben Tag zum Einkauf nach Glashütte bringt, zahlen drei Euro. Kostendeckend sei das nicht, sagt er. „Wir hoffen, dadurch neue Kunden zu gewinnen.“ Dennoch sei ein Vertrag nicht zwingend, um mitfahren zu können. Das Einkaufstaxi nimmt auch Damen mit, die einen anderen Pflegedienst gewählt haben. Heinz Bernard, Chef der Volkssolidarität, begrüßt, dass es das Einkaufstaxi gibt. Denn in der Oberstadt gibt es nach der Schließung des Lila Petz, der noch einige Lebensmittel vorrätig hatte, keinen Lebensmittelladen mehr. Und daran wird sich voraussichtlich in nächster Zeit nichts ändern. Die SZ erkundigte sich, ob eine der großen Handelsketten den Bau eines Einlaufsmarktes in Glashütte plant. Darauf hat Aldi-Nord auch auf erneute Nachfrage nicht reagiert. Rewe informiert, dass man den Standort Glashütte umfassend analysiert habe. Doch aufgrund der Rahmenbedingungen wie Einwohnerzahl und Umland würde sich ein Rewe-Markt „wirtschaftlich nicht erfolgreich realisieren lassen“, sagt Sprecher Raimund Esser. Auch Netto hat sich die Kernstadt angeschaut, aber keine passenden Grundstücke gefunden. Deshalb sei hier die Gründung einer Filiale „nicht möglich gewesen“, sagt Sprecherin Christina Stylianou. Auch Lidl plant keine Filiale in Glashütte.

Das Einkaufstaxi von Salus Domi wird also auch in naher Zukunft gebraucht.