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Mit Butterflymesser zum Bewährungshelfer

Die Einlasskontrolle im Meißner Amtsgericht wird einem Mann zum Verhängnis. Die Waffe ist nicht sein einziges Problem.

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© dpa

Von Jürgen Müller

Meißen. Seit die 31-jährige Ägypterin Marwa Ali El-Sherbini am 1. Juli 2009 nach ihrer Zeugenaussage am Landgericht Dresden von dem Angeklagten Alexander Igorewitsch Nelsin – einem Russlanddeutschen – mit 18 Messerstichen ermordet wurde, gibt es dort akribische Einlasskontrollen. Es hat ein paar Jahre gedauert, bis diese auch am Amtsgericht Meißen ständig eingeführt wurden. Wie berechtigt und notwendig sie sind, zeigen die Zahlen von 2016. Da wurden unter anderem 252 Messer festgestellt, die nicht unter das Waffengesetz fallen, aber auch 31 Werkzeuge wie Schraubenschlüssel, sechs Nagelfeilen und 32 Scheren. 62 Mal wurde Pfefferspray gefunden.

Während diese Gegenstände nach Verlassen des Gerichtes zurückgegeben wurden, kommt es für zwei Männer dicke. Sie hatten einen Teleskopschlagstock beziehungsweise ein Butterflymesser einstecken. Beides gilt als verbotene Waffe. Der Mann mit dem Butterflymesser saß nun wegen Besitzes einer verbotenen Waffe vor dem Gericht, in dem er kontrolliert wurde.

Am 3. November vorigen Jahres hatte der 31-Jährige im Amtsgericht Meißen am Domplatz einen Termin bei seinem Bewährungshelfer. Bei der Einlasskontrolle wird in der Tasche ein Butterflymesser gefunden. Noch während der Besprechung beim Bewährungshelfer taucht die Polizei im Gericht auf. „Ich war ja früher im Drogenmilieu. Weil ich Angst habe vor Leuten, die Schulden eintreiben wollen, habe ich immer eine Waffe mit, wenn ich durch Meißen gehe“, sagt er zu seiner Verhandlung. Das Messer brauche er zur Abschreckung, um die fünf Sekunden zum Abhauen zu gewinnen, so der Angeklagte. Er habe damit gerechnet, dass er eine Geldstrafe bekommen werde, aber nicht damit, dass es zur Verhandlung kommt.

Dabei hätte er das mit der Waffe bestens wissen müssen. Schon zweimal wurde er deswegen verurteilt. Bereits 2010 erwischte ihn die Polizei mit einem Elektroschocker. Damals gab es tatsächlich nur eine Geldstrafe von 450 Euro. Ein Jahr später kam es dann ganz dick: Wegen bewaffneten Drogenhandels wurde er vom Landgericht Dresden zu vier Jahren Haft verurteilt. Dabei hatte er noch Glück, dass das Gericht einen „minderschweren Fall“ sah. Sonst hätte es mindestens fünf Jahre gegeben. Die Strafe hat er teilweise verbüßt, der Rest wurde bis 6. Januar 2018 zur Bewährung ausgesetzt. Im vergangenen Jahr bekam er dann wegen Drogenhandels und Körperverletzung acht Monate ohne Bewährung.

Doch in der Berufungsverhandlung erhielt er wieder Bewährung. Zur Tatzeit stand er also unter zweifacher Bewährung. Auch deshalb plädiert Staatsanwältin Yvonne Jentzsch auf eine sechsmonatige Haftstrafe ohne Bewährung. Verteidiger Carl Christian Ross spricht von einer absolut überflüssigen, törichten und dummen Tat, will auch sechs Monate Haft, jedoch auf Bewährung.

Eine dritte Bewährung gibt es nicht. Richter Andreas Poth verurteilt den Meißner wegen Besitzes und unerlaubten Führens einer verbotenen Waffe zu einer Haftstrafe von vier Monaten. Waffen in Drogenkreisen seien zwar gang und gäbe, doch der Angeklagte habe das Messer ohne Not mitgeführt. Pfefferspray hätte gereicht, um sich zu verteidigen. Der Angeklagte habe einen laxen Umgang mit dem Führen einer Waffe. Er sei nach wie vor labil, was eine Folge des Drogenkonsums sei. Eine Folge des Urteils ist, dass, wenn es rechtskräftig wird, auch die beiden laufenden Bewährungen widerrufen werden.