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Mit Briefkasten in den Ruhestand

Reinhard Kolbe, Seniorchef der Firma Max Knobloch, geht mit 70 Jahren in Rente. Das Abschiedsgeschenk steht im Bürgergarten.

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© Dietmar Thomas

Von Jens Hoyer

Döbeln. Nein, so einen Rummel um seine Person mag er gar nicht. „Ich hatte mir ausdrücklich gewünscht, nicht so ein Bohei zu machen“, sagte Reinhard Kolbe. Der Senior-Chef der Firma Knobloch feiert am heutigen Sonnabend 70. Geburtstag. Am Freitag wurde er von seiner Mannschaft auch in den Ruhestand verabschiedet. Bis Ende Juni ist er noch Geschäftsführer, aber schon nicht mehr im Haus. „Ich habe noch Resturlaub“, sagt Kolbe.

Reinhard Kolbe wehrte sich gegen all das ausgeschüttete Lob mit seiner humorvollen Art, sich selbst nicht sonderlich ernst zu nehmen. Er hatte mit seiner Frau Erika nach der Wende die Firma Max Knobloch übernommen und zu dem aufgebaut, was sie heute ist: ein solides Familienunternehmen mit 150 Mitarbeitern. Ex-Landrat Manfred Graetz erinnerte an schwierige Verhandlungen mit der Treuhand in den Jahren nach der Wende und an das Hochwasser 2002, das für die Firma eine Katastrophe, aber auch ein Neuanfang war.

Mitarbeiterin Kerstin Andrä schilderten Reinhard Kolbe als verständnisvollen Firmenchef, der immer ein offenes Ohr für die Probleme seiner Leute hatte. „Seine Sprüche, die Ideen und die Pfannkuchen zu Fasching werden uns fehlen“, sagte sie. Sohn Thomas Kolbe, neben seinem Vater Geschäftsführer des Unternehmens, beschreibt seinen Vater als mehr als einen Unternehmer. Er sei ein „ehrbarer Kaufmann“, der immer zu seinem Wort stand und der sich in den Dienst des Unternehmens stellte.

Die Firma Max Knobloch, 1869 gegründet, ist Döbelns ältester prodizierender Betrieb. Als Erika und Reinhard Kolbe 1971 in die Firma einstiegen, wurde er kurz darauf verstaatlicht. Gleich nach der Wende hatten die beiden die Rückübertragung des Familienbesitzes beantragt und mit wenigen Mitarbeiten die Produktion begonnen. Zwei Frauen von damals sind bis heute im Unternehmen.

Anfangs ging es mit der Fertigung von Elektroheizungen los, heute sind Briefkästen die Hauptsäule. Die Firma exportiert sie bis Japan. „Der Chef ist der Ideengeber. Aber alle müssen mitarbeiten, um diese Ideen umzusetzen“, sagte Reinhard Kolbe. Die Entwicklung gehe weiter. „Vielleicht haben wir in 25 Jahren gar keine Briefkästen mehr. Alles ist im Umbruch. Vielleicht wird dann in der Firma etwas anderes hergestellt.“

Die Zukunft – das ist die Aufgabe von Thomas Kolbe. Der ehrenamtliche Präsident der IHK Mittelsachsen gibt selbst ein perfektes Beispiel für eine gelungene Firmenübergabe von einer Generation an die nächste ab. Über die Jahre war er als Geschäftsführer in die Firma hineingewachsen, hatte den Staffelstab langsam übernommen. Und der Seniorchef hatte losgelassen – in der letzten Zeit hatte er sich immer mehr aus der Geschäftsführung zurückgezogen.

Zum Abschied hatte Reinhard Kolbe einen Briefkasten im Miniaturformat bekommen, den er ziemlich begeistert in den Händen drehte. Gebaut ist er wie ein großer, aus gekantetem Blech, pulverbeschichtet und sogar mit einem Schloss versehen.

Über die Gestaltung des Ruhestands hat er sich noch keine tiefgreifenden Gedanken gemacht. „Ich habe heute früh erst zu meiner Frau gesagt: Wir müssen uns finden“, sagte er. Erika Kolbe scheint da schon deutlichere Vorstellungen zu haben. „Wir haben einen Garten, wo es etwas zu tun gibt. Und dann wollen wir reisen und das Land erkunden.“

Zum Ruhestand bekommt Reinhard Kolbe auf jeden Fall eine Ruhebank. Die Firma hat zum Abschied eine „Max-Knobloch-Bank“ gestiftet. Sie wird im Bürgergarten am Teich stehen. Ein Ruheplätzchen für alle – da war man sich sicher, dass diese Idee dem Chef gefällt.