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Missglückte Feuertaufe

Eine Feuerwehr war gerade erst mit neuen Stiefeln ausgestattet worden. Beim ersten Einsatz gab es damit gleich Probleme.

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© M. Häßlich

Von Jörg Richter

Baßlitz. Es war der 17. Einsatz des letzten Jahres für die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Baßlitz. Und der erste für ihre neuen Stiefel. Für Mann und Schuhwerk eine echte Herausforderung. Als am Abend des 30. Dezember im Nachbarort Böhla eine überdachte Strohlagerstätte brannte, kamen sieben Feuerwehren mit neun Fahrzeugen zum Einsatz. Bei eisigen Temperaturen versuchten rund 40 Kameraden, den Großbrand unter Kontrolle zu bringen. Noch am darauffolgenden Tag mussten Feuerwehrleute die Strohballen, in denen sich Glutnester immer wieder entzündeten, löschen.

Noch im November zeigten der Baßlitzer Ortswehrleiter Sebastian Winkler und sein Vorgänger Gerd Kokisch den Unterschied zwischen modernen und alten Stiefeln.
Noch im November zeigten der Baßlitzer Ortswehrleiter Sebastian Winkler und sein Vorgänger Gerd Kokisch den Unterschied zwischen modernen und alten Stiefeln. © K. Richter

Dabei beobachteten SZ-Reporter, dass Feuerwehrleute ihre nagelneuen Stiefel auszogen, weil sie vollkommen durchnässt waren. Sie ließen sich trockene Stiefel bringen, um wieder warme Füße zu haben.

Der ehemalige Baßlitzer Ortswehrleiter Gerd Kockisch bestätigte den Stiefeltausch abseits der Löscharbeiten. „Ich hatte mich auch gewundert“, sagt er.

Keiner will Knobelbecher zurück

Immerhin sind die Feuerwehrstiefel erst wenige Wochen zuvor angeschafft worden, weil die alten Knobelbecher schon sehr in die Jahre gekommen waren und sich zum Teil ihre Sohlen loslösten. Kockisch weiß von zwei seiner Kameraden, die sich über nasse Füße beklagten. Allerdings hätten sie auch knöcheltief im Wasser gestanden. „Wir haben ja ganz schön viel reingepumpt, um das Feuer auszubekommen“, erzählt er. Nicht nur er fragt sich nun, wie viel Wasser moderne Feuerwehrstiefel aushalten müssen, und ob sie vor dem ersten Einsatz imprägniert werden sollten. Oder muss die Wasserundurchlässigkeit der nicht gerade billigen Stiefel nicht schon ab Werk gewährleistet sein?

Auch der zukünftigen Bürgermeisterin Manuela Gajewi ist der Vorfall bekannt. Sie bestätigt, dass zwei Baßlitzer Feuerwehrleute trotz ihrer neuen Stiefel nasse Füße hatten. „Das tat mir in der Seele leid, weil die Kameraden bei der Kälte die ganze Nacht draußen standen“, sagt die Hauptamtsleiterin. Es habe sich bei dem einen Kameraden um einen linken Stiefel gehandelt, bei dem anderen Feuerwehrmann war der rechte Stiefel komplett durchnässt. „Ich hoffe, dass es nur Einzelfälle sind“, sagt Manuela Gajewi. Dann sei das eine ganz normale Reklamation. Sie wolle den Fall vorher aber noch mal vom Gemeindewehrleiter Uwe Trobisch prüfen lassen.

Wenig später hat sie das Ergebnis seiner Nachforschung. „Die Stiefel sind nicht defekt“, sagt sie. „Die beiden Kameraden standen nur zu tief und zu lange im Wasser. Das machen auch die besten Feuerwehrstiefel nicht mit.“ Die Schnürstiefel „Sevenangels lightning“ der Firma CER, für die sich die meisten Feuerwehrleute der Gemeinde Priestewitz entschieden haben, bestehen aus Leder und seien laut Angaben des Herstellers sechs Stunden wasserabweisend.

Bei den Löscharbeiten am darauffolgenden Tag war Manuela Gajewi selbst vor Ort und hatte die Feuerwehrleute u. a. befragt, wie sie mit den neuen Schnürstiefeln zufrieden sein. Alle, die sie befragt hat, seien begeistert. „Keiner will die alten Knobelbecher zurückhaben“, so die Hauptamtsleiterin. In diesem Zusammenhang dankt sie der Böhlaer Gaststätte Uebigau und der hiesigen Familie Säurig, die in der Einsatznacht für die frierenden Feuerwehrleute warmen Tee und Kaffee kochten und Würstchen heiß machten. Manuela Gajewi sagt: „Das ist für mich das positive Gegenbeispiel zu den schlimmen Nachrichten aus deutschen Großstädten, wo Feuerwehrleute in der Silvesternacht angegriffen wurden.“ Bleibt die Frage nach der Brandursache. Die Polizei geht von Brandstiftung aus. Wie ein Priestewitzer Feuerwehrmann berichtet, sollen zwei junge Männer am Tatort gesehen worden sein. Sie hätten sogar ihre Hilfe angeboten. Als sie wieder weg waren, kam unter den Kameraden der Verdacht auf, ob es sich dabei nicht um die Brandstifter gehandelt haben könnte. „Es wäre nicht untypisch, dass ein Brandstifter an den Tatort zurückkehrt“, sagt Polizeisprecher Marko Laske. Dennoch kann er diese Geschichte nicht bestätigen. Die Polizeibeamten, die auch mit vor Ort waren, haben keine verdächtigen Personen gesehen. Auch einen Zusammenhang mit Bränden wenige Tage zuvor in Niederau und Weinböhla gebe es bisher noch nicht. Die Ermittlungen dauern an.