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Mini-Zeitschrift mit großer Wirkung

In wenigen Tagen erscheint die 100. Ausgabe des Pesterwitzer Dorfgeflüsters. Für die Macher ist es mehr als eine Zeitschrift.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Tobias Winzer

Freital. Ein paar Wünsche fehlen noch. Hundert Wünsche für Pesterwitz einzusammeln und abzudrucken – das hatten sich die Macher des Pesterwitzer Dorfgeflüsters unter anderem für die 100. Ausgabe ihrer kleinen Zeitschrift vorgenommen. „Das ist gar nicht so einfach wie es klingt“, sagt Redaktionsleiter Steffen Klameth. Er ist aber optimistisch, dass bis zum geplanten Erscheinen des Heftes in der nächsten Woche genug Stimmen zusammenkommen. „Es ist sowieso immer wieder erstaunlich, dass die Seiten am Ende doch voll werden.“

In Sachen Stress vor dem Redaktionsschluss ist die Arbeit von Klameth und seinen neun Redaktionskollegen durchaus vergleichbar mit denen großer Medienhäuser. Im Unterschied zu Sächsischer Zeitung, Morgenpost und Dresdner Neueste Nachrichten arbeiten die Macher des Pesterwitzer Dorfgeflüsters aber ehrenamtlich und bedienen einen ziemlich exklusiven Kreis von 450 Lesern. So hoch ist die Auflage der quartalsweise erscheinenden Zeitschrift. In den meistens 28 und zur Jubiläumsausgabe 32 Seiten steckt also jede Menge Herzblut und Engagement.

Entstanden ist das Dorfgeflüster 1991 aus dem örtlichen Seniorenklub heraus – sozusagen als Mitteilungsblatt des Vereins. Viele Jahre leitete anschließend der ehemalige DEFA-Regisseur Hans-Ulrich Wiemer die Redaktion. Als er Ende 2012 verstarb, setzte das Dorfgeflüster für eine Ausgabe aus. „Das einzige Mal in der Geschichte des Blattes“, sagt Redaktionsmitglied Elisabeth Wiele. Sie fragte Klameth, der hauptberuflich bei der Sächsischen Zeitung in Dresden arbeitet, ob er sich nicht auch um das Dorfgeflüster kümmern wolle. Der 56-Jährige wollte. Das Blatt erscheint seitdem farbig und mit einem etwas anderen Anspruch. „Jede Geschichte soll irgendwie mit dem Ort zu tun haben“, sagt Klameth.

Pesterwitzer werden vorgestellt

In jeder Ausgabe wird ein Künstler des Ortes porträtiert. Es gibt einen Fragebogen, mit dem sich bekannte und weniger bekannte Pesterwitzer vorstellen. Die Sitzungen des Ortschaftsrates sind genauso Thema wie die Aktivitäten der vielen Vereine. In gewisser Weise spiegelt das Heft auch das Selbstverständnis vieler Pesterwitzer wider, die sich trotz Eingemeindung nicht ganz als Freitaler sehen. „Blick nach Freital“ heißt deswegen eine Rubrik – als ob zwischen beiden Orten Welten lägen.

Manchmal gelingt es der Redaktion auch, eine Diskussion anzuschieben – zum Beispiel über den alten Gasthof Müller gegenüber der Kirche. Erst durch einen großen Artikel im Dorfgeflüster über die noch fast original eingerichteten, aber verlassenen Gasträume kam das Gebäude wieder ins Bewusstsein der Pesterwitzer. Jetzt wird diskutiert, ob dort ein Gemeinschaftshaus eingerichtet werden könnte. „Wir wollen mit dem Dorfgeflüster helfen, den Zusammenhalt im Ort zu stärken“, sagt Wiele.

Dass die Produktion jedes Heftes ein Kraftakt ist, verhehlen die Macher nicht. Um das Verteilen der Zeitschriften an die verschiedenen Verkaufsstellen und das anschließende Einsammeln der Erlöse von 1,50 Euro, ab Sommer zwei Euro pro Heft, kümmern sie sich selbst. Gäbe es keine Sponsoren, könnten die tausend Euro für den Druck pro Ausgabe nicht gestemmt werden. Trotz aller Mühe soll es aber weitergehen mit dem Dorfgeflüster. „Wenn wir einen Wunsch frei hätten, würden wir uns mehr Resonanz wünschen“, sagt Klameth. „Und dass mehr Leute mitmachen.“