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Millionen für eine Abzweigdose

Die Enso Netz GmbH baut einen Netzknoten in Miltitz. Er hält die Spannung und sichert erneuerbaren Energiefluss.

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© René Plaul

Von Frank Oehl

Was sind die Herausforderungen der Energiewende? Die einen knallen immer größere Photovoltaik- oder Windenergieanlagen in die Landschaft, und die anderen müssen zusehen, wie sie damit klar kommen. In der (Ober)-Lausitz steht für Letzteres vor allem die Enso Netz GmbH. Das Unternehmen reagiert zum Beispiel mit dem Bau neuer Knotenpunkte im 110-kV-Hochspannungsnetz. In Miltitz ist ein solches, recht spannendes Vorhaben derzeit zu besichtigen. Ein Netzknoten funktioniert quasi wie eine Abzweigdose, die aber nicht für ein paar Euro im Baumarkt zu haben ist, sondern gleich mal 3,5 Millionen Euro kostet. Gestern informierte Geschäftsführer Steffen Heine über dieses Enso-Vorhaben die Presse. Das bildliche Mittel der Abzweigdose stammt von ihm. Es ist gut gewählt, weil es das technische Prinzip der Investition gut erklärt.

Die Anlage wird nämlich in die bestehende 110-Kilovolt-Trasse eingebaut, Diese Trasse trägt - aus südlicher Richtung - bis Miltitz sowohl die Leitungen von Schmölln nach Königsbrück als auch von Schmölln nach Niesky. Sie trennt sich nördlich des Standorts in westliche beziehungsweise östliche Richtung auf. Ein Netzknoten im Hochspannungsnetz dient der Spannungshaltung sowie dem optimalen Lastfluss und funktioniert im Prinzip wie eine Abzweigdose mit mehreren Stromschaltern. Damit können beide Leitungen untereinander schaltbar gemacht werden. Dr. Heine: „Das trägt zur Versorgungssicherheit bei, weil der Strom damit auf verschiedenen Wegen zu den angeschlossenen Umspannstationen beziehungsweise Ortschaften transportiert werden kann.“

Vor allem für die wirtschaftliche Entwicklung im Raum Kamenz, die zum Beispiel durch die Batterieproduktion am Ochsenberg mit erhöhtem Strombedarf einhergeht, und für die zunehmende Einspeisung von Strom aus Windenergie - und Solaranlagen sei das eine wichtige Voraussetzung. „Mit dem neuen Netzknoten kann die Enso Netz GmbH flexibel auf die jeweilige Situation reagieren“, so Pressesprecherin Claudia Kuba.

Und das wird auch in den kommenden Jahren immer wichtiger. Mittlerweile werden ins Enso-Hochspannungsnetz in den Landkreisen Bautzen und Görlitz bereits etwa 900 Megawatt aus erneuerbaren Energiequellen eingespeist. „Insgesamt kann es diese Menge aufnehmen“, so Dr. Heine. „Aber die regionale Verteilung macht Sorgen.“ Der meiste Platz für großflächige Sonnenenergieanlagen mag zum Beispiel immer noch – aber nicht mehr lange – auf dem Flugplatz in Rothenburg zu finden sein. Die besten Stromabsatzmöglichkeiten sind aber meist ganz woanders. Das heißt: Der in dünnbesiedelten Gebieten produzierte Strom muss weit weggebracht werden, was die Spannungshaltung und die Übertragungsfähigkeit negativ beeinflusst. Die Netzbetreiber sind angehalten, mögliche Engpässe abzubauen. Koste es, was es wolle? So ungefähr kommt es auch bei der Enso Netz GmbH an, aber das Unternehmen hat die Herausforderung der Energiewende angenommen. Wie denn auch sonst ...

Bis Ende November wird bei Miltitz der Hoch- und Tiefbau abgeschlossen sein, war gestern beim Quasi-Richtfest zu hören. Danach erfolge die elektrotechnische Ausrüstung. Bis März 2015 soll die Anlage fertiggestellt sein, heißt es. Die Entscheidung zur Inbetriebnahme wird allerdings auch von Belangen des Naturschutzes berührt. Auf der jetzigen Anlage hat ein Storch sein Nest gebaut, und ganz in der Nähe brütet normalerweise ein Fischadler. Sollten die Naturschutzbehörden die Bauzeit einschränken müssen, könnte sich der Einsatz der 3,5-Millionen-Euro-Abzweigdose auch noch auf Herbst 2015 verschieben.