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Militärkamera aus Großschönau

Horst Bäslers neuestes Stück zeugt von der kurzen Ära des Fotoapparatebaus im Gebirge.

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© Mario Heinke

Von Mario Heinke

Großschönau. Stolz präsentiert der ehemalige Fotohändler und Zittauer FDP-Stadtrat Horst Bäsler ein neues Stück in seiner Kamerasammlung. Eine „Robot Luftwaffe“, hergestellt in Großschönau. Bislang besaß Bäsler nur das zivile Modell der Kamera.

Auf der Rückseite über der Öffnungsklappe wurde die Kamera mittels Schlagbuchstaben markiert, „Eigentum der Luftwaffe“ ist da zu lesen. Seit einigen Jahren weiß Bäsler, dass die Robot während des 2. Weltkrieges in Großschönau produziert wurde. Die kurze Ära des Kamerabaus in Großschönau beginnt 1943. Die Düsseldorfer Firma Robot-Berning & Co. verlagerte wegen der massiven Bombenangriffe in Düsseldorf auf Befehl des Wehrbeschaffungsamtes die kriegswichtige Produktion nach Großschönau in die Spitzkunnersdorfer Straße 17 in die Räume der Firma Richter & Goldberg. Fabrikant Hans-Heinrich Berning produzierte dort bis 1945 mit 200 bis 300 Beschäftigten die Kameras der Marke Robot mit einem Federwerkmotor. Das Stellrad an der Oberseite ermöglichte es, nach dem Aufziehen des Federwerks einen ganzen Kleinbildfilm hintereinander zu belichten. Wegen dieser Eigenschaft entwickelten Konstrukteure das Modell „Robot Luftwaffe” eigens für die Luftaufklärung und zur Trefferkontrolle.

Das Besondere an dem Militärmodell: Das Stellrad ist wesentlich größer als bei der zivilen Ausführung. Bäsler kennt den Grund: Die Piloten, die im kalten Flugzeug Handschuhe trugen, konnten so das Federwerk auch mit Handschuhen an den Händen aufziehen. Das kameraeigene Format von 24 mal 24 Millimeter sorgte zudem dafür, dass 50 statt der sonst üblichen 36 Bilder auf einem Film Platz fanden. Rund 20 000 Stück soll Berning an das Militär ausgeliefert haben. Auch die Amerikaner und Engländer erkannten den besonderen Nutzen der Kamera, nannten sie „Göring Eye” (Görings Auge) und beschafften sie sich über das neutrale Portugal. Kurz nach Kriegsende verlud man Maschinen, Tausende Objektive und fast 3000 Kameras auf 28 Eisenbahnwaggons, um in Düsseldorf eine neue Produktion zu beginnen. Die 28 Güterwaggons sind niemals in Düsseldorf angekommen.

Ein sofortiger Neubeginn in Düsseldorf war für Berning praktisch unmöglich. Es dauerte bis Ende 1946, bis mit Unterstützung der englischen Besatzungsverwaltung das Material für eine erste Probeserie beschafft werden konnte. Heute ist das Unternehmen Teil der Jenoptik-Gruppe, Unternehmensbereich Verkehrssicherheit und produziert Anlagen zur Rotlicht-, Geschwindigkeits- und Mautüberwachung.