Merken

Mildes Urteil gegen Linksextremen

Ein 26-jähriger Student hat bei den Krawallen im Februar 2011 vor laufenden Kameras 50 Steine auf Polizisten geworfen. Am Mittwoch kam er mit Bewährung davon.

Teilen
Folgen
NEU!
© dpa

Von Alexander Schneider

Zu seinem Prozess kommt der Angeklagte wie zu einer Demo. Die Kapuze über den Kopf gezogen, vermummt mit Schal und Sonnenbrille. Drei Jahre und acht Monate ist es her, als Clemens D. ganz ähnlich gekleidet verrückt gespielt hatte. Bei den Ausschreitungen Hunderter Autonomer in der Dresdner Südvorstadt am 19. Februar 2011 hat D. unablässig Pflastersteine auf Polizisten und Wasserwerfer geworfen.

Tatort war die Ecke Reichenbach-/Gutzkowstraße. Dort hatten Dutzende Blockaden mit Müllcontainern errichtet und angezündet. Als die Polizei mit Wasserwerfern anrückte, um die Flammen zu löschen, wurden sie massiv angegriffen. Im Steinhagel gingen Schutzschilde zu Bruch, sieben Polizisten wurden verletzt. Einer der Täter war der damals 22-Jährige.

Möglicherweise hatten Polizei und Staatsanwaltschaft mehr mit dem Verfahren gegen D. vor. Bei den Krawallen wegen einer geplanten Neonazi-Demo anlässlich des Jahrestages der Bombardierung Dresdens hatte er 50 Steine geworfen, alle gut dokumentiert auf Polizeivideos. Am 18. Oktober 2011 wurde der 26-Jährige als einer der Ersten angeklagt. Bei einem zeitnahen Prozess hätte er wohl selbst als nicht vorbestrafter Täter mit einer Haftstrafe von weit über zwei Jahren rechnen müssen. Doch die Anklage schlummerte auf den Tischen verschiedener Richter, die Jahre verstrichen, nichts passierte. Gestern dann der schnelle Prozess am Amtsgericht Dresden, D. wurde schwerer Landfriedensbruch und versuchte gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Laut Anklage blieb offen, ob D. auch jemanden verletzt hatte.

Wegen eines angekündigten Geständnisses wurden keine Zeugen gebraucht. Verteidigerin Ines Kilian erklärte, ihr Mandant könne sich nicht erklären, warum er sich habe so gehenlassen. „Gruppendynamik“, sagte sie und „jugendtypisch“. D. habe sehr unter dem Druck des jahrelangen Verfahrens gelitten. Gleich nach der Tat habe D. von sich aus einen Therapeuten besucht, um sein Verhalten aufzuarbeiten. Damit machte er Eindruck auf das Schöffengericht. Die Neugier des Gerichts ging jedoch nicht so weit, den Angeklagten zu fragen, was bei der Therapie herausgearbeitet wurde. Der Angeklagte selbst sagte lediglich, er bedauere, was passiert sei.

Richter Thomas Hassel verurteilte den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten. Für gemeinnützige Arbeitsstunden oder ähnliche Auflagen sah er keine Notwendigkeit mehr.