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Milde Strafe nach Beiß-Attacke

Der Kamenzer Friseur musste Montag mit Polizei zur Gerichtsverhandlung nach Bautzen geholt werden. 2014 hatte er einem Einjährigem elfmal in den Oberkörper gebissen. Angeblich im Affekt und unter Alkohol.

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© dpa

Ina Förster

Kamenz. Thomas L. und seine Ex-Freundin aus Bischofswerda verbindet nach ihrer Trennung noch der gemeinsame Sohn. Und seit über einem Jahr leider auch ein Verbrechen, das an ihrem Kind verübt wurde. Am Montag dieser Woche kam dieses endlich vors Bautzner Amtsgericht. Allerdings mit unbefriedigendem Urteil für die Eltern. Was war passiert?

„Es war der 6. November 2014. Meine Ex-Freundin war damals etwa zwei Monate mit einem Schmöllner liiert“, erzählt der Kindsvater. „Er sollte das Baby im Nebenzimmer windeln und anziehen, während sie das Mittagessen zubereitete“, weiß Thomas Langer. Doch da begann das Kind zu weinen. Und ließ sich durch nichts beruhigen. Die Mutter entdeckt Flecke und Verletzungen am gesamten Oberkörper. Und tut das Richtige: Sie fährt mit dem kleinen Aydan nach Bautzen in die Notaufnahme. Dort stellt man fest, dass der Einjährige misshandelt worden ist. Das Jugendamt wird eingeschaltet und Mandy K. kurzzeitig das Kind entzogen.

Der in Kamenz arbeitende Friseur Jean-Pierre K. begleitet seine Freundin übrigens noch dorthin. Zeigt sich ebenso verwundert über die Verletzungen. Später wird er bei Gericht aussagen, dass er an diesem Tag die Kontrolle über sich verloren hatte. Da er wütend auf seine Freundin war, die ihm am Vormittag terminlich versetzt hatte. Und alkoholisiert dazu. Das allerdings wollen die Zeugen am Montag im Amtsgericht in Bautzen an besagtem 6. November 2014 nicht bemerkt haben. „Dritte Außenstehende haben nicht mitbekommen, dass er angeblich über eine halbe Flasche Hochprozentiges getrunken hatte“, so der Vater. Er verfolgt den Prozess in Bautzen mit. Ist selbst als Zeuge geladen. Der Staatsanwalt hat Anklage erhoben. „Ich bin natürlich nach dem Vorfall ins Krankenhaus geeilt. Ich allein zählte sieben Bisswunden am Bauch und den Armen meinen Sohnes“, erinnert er sich. Die Rechtsmedizin in Leipzig spricht später sogar von elf Verletzungen. Anfangs vermuten die Ärzte noch, dass diese eventuell durch Spielzeug oder Kinderbisse entstanden sind. Doch dieser Verdacht bestätigt sich nicht. Am Montag macht der Gutachter bei Gericht deutlich, dass es sich um Bisse eines Erwachsenen handelte. „Der Friseur hat das alles natürlich geleugnet. Das ganze Jahr über. Meine Ex-Freundin hat ihm vertraut, war sogar bis Mai noch mit ihm zusammen“, erzählt Thomas L.

Doch nach dem Gutachten der Gerichtsmedizin kommen auch Mandy K. Zweifel. Sie trennt sich. Was dann kommt, lässt nicht nur die Eltern am deutschen Rechtssystem zweifeln – das Urteil am Montag. Nur 2000 Euro soll er als Geldstrafe ableisten. 80 Tagessätze zu je 25 Euro. Noch während der Verhandlung wird die Anklage von Misshandlung von Schutzbefohlenen auf Körperverletzung umgemünzt. Jean-Pierre K. gesteht die Tat, nachdem er sie bisher geleugnet hat. Gibt Frust und Alkohol als Grund an. Der Richter: „Die Tat ist durch nichts zu rechtfertigen, geschah aber im Affekt. Sie haben die Kontrolle verloren!“ „Das ist ein echter Schlag für die Kindsmutter und mich“, so Thomas Langer. Auch andere sehen das so.

Eltern sind empört über Urteil

Abgesehen davon, dass der Angeklagte mit der Polizei abgeholt werden musste, da er nicht erschien. „Er hätte in den letzten Wochen seine Post nicht mehr geöffnet“, so der Bischofswerdaer. Auch dessen Auftreten vor Gericht war eher lässig. „Und er musste nicht einmal nachweisen, dass er sich wegen seines augenscheinlichen Alkoholproblems jetzt in Behandlung befindet! Kann so etwas sein“, fragt der Vater.

Bereits 2011 verlor er den Führerschein wegen einer Trunkenheitsfahrt. „Wie gestört muss ein Mensch außerdem sein, dass er ein hilfloses Baby elfmal beißt. Als Affekt kann man so etwas wohl nicht abtun“, meint Thomas Langer. Dem mittlerweile zweijährigen Aydan geht es übrigens wieder gut. „Wir können froh sein, dass er so eine Frohnatur ist!“