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Milch frisch gezapft

Der Helbigsdorfer Landwirt Karsten Flade hat auf seinem Hof jetzt eine Milchzapfstelle – als zweites Standbein.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Annett Heyse

Wilsdruff. Die Neuheit befindet sich in einem kleinen Häuschen gleich am Stall. Der Automat sieht ein bisschen aus wie ein Miniatur-Kühlschrank mit Geldschlitz, Knopf und Anzeige. Karsten Flade greift aus einer Kiste neben sich eine leere Flasche, wirft einen Fünfziger ein, hält die Flasche an die Öffnung und schon sprudelt Milch hinein. „Vier Prozent Fett, 3,4 Prozent Eiweiß-Anteil, ganz frisch und unbehandelt“, wirbt der Landwirt. Ab sofort kann sich jeder beim Bauernhof Flade in Helbigsdorf auf diese Weise Milch selber zapfen. Die Portion, also gut ein Liter, kostet 80 Cent. Eigene Behälter können mitgebracht werden. Leere Milchflaschen gibt es für einen Euro auch vor Ort zu kaufen.

Für die Landwirte ist es der erste Schritt, ihre Produkte auch selbst zu vermarkten. Karsten Flades Eltern begannen hier 1991 mit der Landwirtschaft. 60 bis 70 Kühe hatten sie damals und dazu noch ein paar Schweine. Zum Betrieb gehören auch 150 Hektar Ackerfläche und Grünland, auf denen die Flades das Futter anbauen. Die Milch wird täglich von der Molkerei Leppersdorf abgeholt. Doch wie bei so vielen Milchbauern bleibt auch bei den Helbigsdorfern nicht viel hängen. „Die Preise sind im Keller. 25 Cent pro Liter bekommen wir im Augenblick dafür, da verdient man kaum noch etwas“, rechnet der Junior-Chef vor. Die Familie investierte 2014 trotzdem in einen neuen Stall und zwei vollautomatische Melkroboter. 110 Milchkühe stehen jetzt auf dem Hof. Durchschnittlich liefert jedes Tier 9 000 Liter Milch im Jahr.

Steffen Flade führt in den Offenstall, zeigt die Melkanlage und seine Tiere: Die bekannten schwarz-weißen Holsteiner käuen neben Rotvieh und Braunvieh wider. Neugierig kommen einige näher. Flade greift zur Heugabel, schiebt Futter heran. „Wir wurden immer wieder von Leuten aus der Umgebung angesprochen, ob man bei uns Milch kaufen könne“, erzählt er. Irgendwann dachte sich die Familie: Warum eigentlich nicht? „Ist ja auch sehr schade, dass immer mehr kleine Lebensmittelhändler und Bauern aufgeben und alles nur noch über die großen Handelsketten läuft“, meint Flade. Viele Kunden würden doch gar nicht mehr wissen, wie es auf einem Bauernhof aussieht und woher die Produkte kommen. Dem wolle er etwas entgegen setzen. „Wer bei uns kauft, kann auch mal einen Blick in den Kuhstall werfen und ordentlich Landluft schnuppern.“

Übrigens: Die Milch ist unbehandelt, also Rohmilch. Gekühlt hält sie sich zwei bis drei Tage. Wer keine Rohmilch verträgt, sollte sie sich vor dem Verzehr abkochen. Nicht nur einen Teil der Milch will Karsten Flade per Zapfstelle direkt an die Kunden abgeben. Er lässt jetzt auch alle paar Wochen eine mobile Käserei kommen, die direkt auf dem Hof den Käse zubereitet. Selbst hergestellten Camembert, 14 Tage gereift, und mehrere Sorten Schnittkäse, vier bis sechs Wochen gereift, gibt es nun zu kaufen. Und dazu noch frische Eier.

Einen tipptopp ausgebauten Hofladen haben die Flades allerdings nicht. Sie wollen erst mal sehen, wie das Angebot angenommen wird. „Wir finden uns da jetzt mal rein“, sagt Regine Flade. Die Bezahlung läuft über eine Kasse des Vertrauens. Dafür ist täglich geöffnet, also auch an Sonn- und Feiertagen, zwischen fünf und 22 Uhr. Nur eine Einschränkung gibt es: Weil täglich das Molkereiauto kommt, muss anschließend der Tank gespült werden. Deshalb ist die Milchzapfstelle von 8.30 Uhr bis 9.15 Uhr außer Betrieb.

Am Sonnabend, den 2. April, gibt es auf dem Bauernhof Flade, Obere Dorfstraße 15 in Helbigsdorf, ein Hoffest. Vorbereitet ist ein Bauernmarkt mit Wurst- und Käseverkauf, Milchverkostung, Imbiss, Kaffee und Kuchen, Traktorfahren für Kinder. Geöffnet von 11 bis 16 Uhr.