Merken

Messerattacke nach Schlägen mit dem Fleischklopfer

Ein Herrentagsausflug im vorigen Jahr in Schellerhau endete blutig. Doch wer war Opfer, wer Täter?

Teilen
Folgen

Von Stephan Klingbeil

Alles wegen eines Deko-Hirschs: Eine Gruppe von sichtlich betrunkenen Männern kehrte am Herrentag im vorigen Jahr nachmittags in die Gaststätte Bergklause in Schellerhau ein. Sie waren laut, bestellten Alkohol. Sie verließen das Lokal nach einer Stunde wieder – und ließen dabei den Deko-Hirsch mitgehen. Als das den Gastronomen eine halbe Stunde später auffiel, setzten sich diese ins Auto. Sie nahmen die Verfolgung auf. Was danach geschah, beschäftigt nun das Amtsgericht Dippoldiswalde.

Dort muss sich ein 47-jähriger Gastronom wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten. Ihm wird vorgeworfen, an jenem 5. Mai einem der Männer des Herrentagstrosses am nahen Busstopp an der B 170 seinen Fleischklopfer an dessen Kopf gehauen zu haben. Er traf ihn über dem Auge. Der 39-jährige Hausmeister aus Dresden erlitt einen Schädelknochenbruch.

War der Mann ein Zufallsopfer, wie es einige seiner ebenso betrunkenen Kumpels erzählen? Sie sagten, der Angeklagte wirbelte wütend mit dem Fleischklopfer herum. Währenddessen habe sein Begleiter den Deko-Hirsch von einem der Dresdner zurückgeholt. „Ich wusste gar nichts von dem Teil“, so der Hausmeister. „Der Typ stieg aus dem Auto, ich stand als Erster da, und er traf mich dann voll am Kopf.“

Seine Kumpel hätten dann den angeklagten Deutschen zu dem Auto zurückgedrängt. Der Beschuldigte fuhr davon. Doch dabei blieb es nicht. Es folgte offenbar eine Racheaktion. Im Fokus: ein 31-jähriger Postbote. Der Dresdner soll mit mehreren Kumpels zurück in die Bergklause geeilt sein. Sie wollten den Angeklagten zur Rede stellen. In der Küche traf der Postbote auf den Gastronomen. Auch über das, was hier bei dem nachfolgenden Handgemenge passierte, gibt es unterschiedliche Versionen.

Nur eins stand fest: Die Küche glich später einem Schlachtfeld. Überall lagen Glassplitter und zerstörtes Inventar herum. Laut dem Postboten gab es dort erst eine Rangelei, bei dem ihn der angeklagte Schellerhauer plötzlich mit einem Küchenmesser attackiert hätte. Der 47-Jährige habe ihm die Klinge in den Rücken gestoßen, er wurde lebensgefährlich verletzt, er musste per Hubschrauber in ein Dresdner Krankenhaus geflogen werden. Was seine Kumpels später mit dem Angeklagten gemacht hätten, wisse der Postbote nicht.

Der Angeklagte schildert alles ganz anders: „An der Bushaltestelle forderten wir den Deko-Hirsch zurück, da wurde ich bedrängt und geschlagen.“ Er habe sich mit dem Fleischklopfer gewehrt, den er aus Angst vorsichtshalber mitgenommen hatte. Der Schlag auf den Kopf war nicht gezielt – genauso wenig wie jene Messerattacke. „Die kamen plötzlich in die Küche, sie waren mehrere und schlugen auf mich ein. Ich hatte Angst um mein Leben, griff nach dem Messer und erwischte den Mann.“ Hat er also in Notwehr gehandelt? Das konnte das Gericht bisher nicht eindeutig klären.

Haben sich Zeugen abgesprochen?

Ebenfalls unklar ist, ob der Wirt zuerst mit dem Fleischklopfer zuschlug. Zweifel daran wurden am zweiten Verhandlungstag laut. Zwar bestätigten dort erneut Zeugen aus dem Tross die Version ihrer Kumpel. Jedoch hatte einer der beiden bei seiner ersten Polizeivernehmung anders ausgesagt.

Er habe damals erklärt, er hätte einen Filmriss gehabt, könne nichts zum Angriff und Deko-Hirsch sagen. Nun, vor Gericht, wartete der Mann aber mit Details zum Tatverlauf auf. „Das muss ein Wunder sein“, hält ihm die Verteidigung vor. Der Zeuge blieb bei seiner jetzigen Aussage. Haben sich die Kumpel womöglich abgesprochen? Auch das muss das Gericht noch einschätzen. Der Prozess wird in Kürze fortgesetzt.