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Menschenrechtsbeauftragter attackiert Obama vor Berlin-Besuch

Barack Obama möchte bei seinem Berlin-Besuch für ein Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU werben. Doch Bundesregierung und Opposition treibt ein anderes Thema um.

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Berlin. Vor dem Berlin-Besuch von US-Präsident Barack Obama hat der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, das gezielte Ausspähen ausländischer Telefon- und Internetnutzer durch US-Geheimdienste scharf kritisiert. „Das können wir nicht akzeptieren. Wir sind nicht Objekte der Willkür amerikanischer Geheimdienste“, sagte der FDP-Politiker der „Frankfurter Rundschau“ (Montag) mit Blick auf das US-Programm „Prism“.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will den Abhörskandal bei ihrem Treffen mit US-Präsident Barack Obama am Mittwoch in Berlin ansprechen. Im Mittelpunkt der Gespräche dürften die Pläne für ein Freihandelsabkommen zwischen den USA und der Europäischen Union stehen.

Löning betonte: „Wir sind Freunde und Verbündete. Ich erwarte, dass ein amerikanischer Präsident die eigenen Bürger, seine Freunde und Verbündete und darüber hinaus alle Menschen auf der Welt nach Recht und Gesetz behandelt.“

Der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann forderte Merkel auf, der US-Regierung klar zu machen, dass eine Totalüberwachung deutscher Bundesbürger durch US-Geheimdienste völlig unangemessen sei. „Ich erwarte jetzt, dass die beiden Regierungen sich darüber verständigen, dass die Kontrolle des innerdeutschen E-Mail-Verkehrs keine Angelegenheit der US-Geheimdienste ist“, sagte er am Montag im ARD-“Morgenmagazin“. Oppermann ist Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums im Bundestag, das für die Überwachung der Geheimdienste zuständig ist.

Eine schnellere Aufklärung über die US-Datenüberwachung im Ausland verlangt Bundesjustizministerin Sabine-Leutheusser-Schnarrenberger. „Bisher dringt nur Bruchstückhaftes nach außen. Die Bürger müssen wissen, woran sie sind. Nur dann können sie verstehen, warum manche Programme offenbar notwendig sind“, sagte die FDP-Politikerin der „Welt“. Ihr Ministerium habe entsprechende Fragen an das US-Justizministerium gerichtet, aber noch keine Rückmeldung erhalten.

Scharfe Kritik an der US-Internetindustrie übte Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU). „Wenn es um die Wahrung ihrer wirtschaftlichen Interessen geht, lassen die Internet-Giganten ihre Muskeln spielen. Konzerne wie Google, Microsoft und Apple können vor Kraft kaum laufen“, sagte sie der „Passauer Neuen Presse“ (Montag). „Fragt man aber jetzt nach ihrer Verantwortung im Abhörfall, ziehen die Konzerne den Kopf ein und geben sich als Opfer der US-Regierung. Das nehme ich denen nicht ab.“

Hintergrund der Äußerungen ist nach Angaben aus Regierungskreisen, dass Vertreter der Branche, unter anderem von Apple und Google, auch bei einem Treffen im Bundeswirtschaftsministerium am Freitag auf die amerikanische Regierung verwiesen hatten.

Doch nicht nur die Amerikaner, auch der deutsche Auslandsgeheimdienst spioniert im Internet. Die Bundesregierung will die Überwachung des Internets massiv ausweiten. Dazu hat der Bundesnachrichtendienst (BND) laut „Spiegel“ ein 100-Millionen-Euro-Programm aufgelegt, aus dem bis zu 100 neue Mitarbeiter und weitere Computerkapazitäten finanziert werden sollen. Das Vorhaben stößt bei der Regierungspartei FDP und der Opposition auf Kritik. (dpa)