Merken

Menschen, Tiere und Traktoren

In Niederau besinnen sich zwei Jungbauern auf alte Traditionen und wirtschaften im Einklang mit der Natur.

Teilen
Folgen
© Claudia Hübschmann

Von Tim Blumenstein

Niederau. Landwirt Thomas Schlechte steht in Mitten seiner kleinen Kuhherde und tut etwas, das vielleicht nicht jeder nachmachen sollte. Wie ein Hund sein Herrchen zum Spielen auffordert, stupst ihn eines seiner Tiere mit dem Kopf an und möchte offenbar auf sich aufmerksam machen. Thomas Schlechte lässt sich auf das Spielchen ein und schiebt den 900-Kilo-Bullen locker zur Seite.

Diese kurze Szene reicht aus, um zu erkennen, dass hier die Beziehung zu den Tieren besonders ist. „Die Kühe leben hier seit ihrer Geburt, da baut sich Vertrauen auf“, sagt Schlechte. Zusammen mit seinem Freund und Kollegen Clemens Risse hat er die SZ zu einem Gespräch eingeladen, um über ihre gemeinsame Leidenschaft zu sprechen: die Landwirtschaft. Clemens Risse ist gerade einmal 25 Jahre alt und schon verantwortlich für den gleichnamigen Bauernhof, den er in vierter Generation von seinem Großvater übernommen hat. Seine gesamte Kindheit verbrachte er auf dem Hof und hat im Laufe seiner Schulzeit auch immer wieder selbst mit angepackt. Auch Thomas Schlechte ist Landwirt aus Leidenschaft.

Eigentlich ist der 29-jährige Landmaschinenmechaniker. Doch seit einigen Jahren baut er gemeinsam mit seiner Familie einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb auf. Mit zwei kleinen Kälbern, die er vor drei Jahren vor der Großmast bewahrte, fing alles an. Seitdem wächst die kleine Herde Jahr für Jahr. Beide Jungbauern eint die Unzufriedenheit mit der Art und Weise, wie der Mensch in den letzten Jahrzehnten mit der Natur umgegangen ist. „Die Ställe werden immer größer und anonymer, übermäßig hoher Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Gülle belastet Boden und Gewässer. Auch auf die artgerechte Haltung der Tiere wird wenig Rücksicht genommen“, so Risse. Doch sich lediglich beschweren ohne selbst tätig zu werden, kommt für beide nicht infrage.

Unmittelbar verknüpft mit ihrer Idee der Landwirtschaft sind ihre Weideflächen. Sofort als der Geländewagen von Clemens Risse vor der Kuhweide zum Stehen kommt, machen sich ihre Bewohner lautstark bemerkbar und nähern sich neugierig ihren Besuchern. „Sie erkennen meistens schon am Motorengeräusch, dass wir es sind“, sagt Clemens Risse. Die Kühe leben hier fast das ganze Jahr über auf den großen, satten Wiesen, lediglich den Winter verbringen die Tiere im Stall. Auf insgesamt 20 Hektar baut Clemens Risse Getreide, Kartoffeln und Futtermittel an. „Die Nähe zur Natur und den Tieren sind uns wichtiger als Massenproduktion“, sagt er. Statt auf konventionellen Anbau zu setzen, steht für ihn die natürliche Bewirtschaftung im Vordergrund. Mit der Hofübernahme nach dem Abitur, stellte er den Betrieb auf biodynamischen Anbau um.

So bekam er dieses Jahr einer Umstellungsphase das offizielle Demeter-Zertifikat verliehen. Demter-Betriebe verzichten auf chemische Zusatzstoffe und stehen für traditionelle, regionale Landwirtschaft. Doch zum Leben reicht das noch nicht. Sowohl Clemens Risse als auch Thomas Schlechte betreiben ihre Höfe bisher nur im Nebenerwerb. Doch beide hoffen in Zukunft mit der Landwirtschaft ihre Familien ernähren zu können und den nächsten Generationen zu zeigen, wie wertvoll der verantwortungsbewusste Umgang mit der Natur ist. Mit traditionellen, kleinen Bauernhöfen könne man so dem Land neues Leben einhauchen. „Bauernhöfe sind die Seele des Dorfes. Genau das hat unsere Dörfer über Jahrhunderte lebendig und lebenswert gemacht“, sagt Thomas Schlechte.