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Melken, wenn die Kuh es will

Im Stall der Johne & Lorenz GbR arbeitet jetzt ein Melkroboter. Abgeschlossen ist der Umbau damit aber noch nicht.

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© Arvid Müller

Von Sven Görner

Volkersdorf. Von wegen uriges Landleben. Jetzt macht Hightech nicht einmal mehr vor dem Kuhstall halt. Ein Melkroboter. Na toll. Wer dabei allerdings an die menschähnlichen elektronischen Wesen denkt, wie man es aus einschlägigen Science-Fiction-Filmen kennt, wird enttäuscht sein. Denn der neue Kollege, der seit Kurzem in dem umgebauten Teil des Kuhstalles der Johne & Lorenz GbR arbeitet, hat mit diesen nicht die geringste Ähnlichkeit.

Auf den ersten Blick ist der Melkroboter eine große Maschine, deren Funktion sich allerdings nicht sofort erschließt. Die beiden massiven Stahlrohkonstruktionen, die links und rechts an der Vorderseite montiert sind, erinnern am ehesten noch an Drehkreuze, wie man sie von Ausgängen in Freibädern oder Tierparks kennt. Ganz so falsch ist dieser Vergleich übrigens nicht, wie sich kurz darauf zeigt.

Im gemächlichen Schlendergang nähert sich eines der großen Tiere dem rechten Gitter. Als die Kuh davor steht, gibt es den Weg frei. Noch ein paar Schritte, dann geht es vorn nicht mehr weiter. Und auch nach hinten ist der Weg wieder versperrt. Für die Kuh kein Grund zur Panik. Denn direkt vor ihrem Maul befindet sich eine Schale, die sich jetzt eigentlich mit Futter füllen sollte. Mit Speck fängt man Mäuse. Und mit Kraftfutter lockt man Kühe zum Melkroboter. Und das sogar öfter, als notwendig, wie sich gerade zeigt. Denn die Schale bleibt leer. „Das ist Nummer 937, die geht immer wieder rein, auch wenn sie erst vor Kurzem gemolken wurde“, sagt Frank Lorenz. Den Roboter überlistet das Tier damit allerdings nicht. „Er weiß genau, wann welche Kuh da war und wie viel Milch sie gegeben hat. Bis auf die Zitze genau.“ Und so bleiben der Gefleckten diesmal nur ein paar Krümel, die ihre Vorgängerin übriggelassen hat, als sie fertig gemolken war.

Wie am Schnürchen

Doch schon laufen die nächsten beiden Kuhdamen in Richtung des Roboters. Ihre Euter verraten, dass diesmal dessen komplettes Können gefragt ist. Um das richtig beobachten zu können, ist aber zunächst ein Positionswechsel des Betrachters notwendig. Auf die andere Seite der blau lackierten Maschine. Dort wartet bereits der Arbeitsarm des Roboters auf die Kuh. Steht das Tier an der richtigen Stelle und hat sein Futter bekommen, werden die vier Zitzen zuerst gesäubert. Dafür wird ein spezieller Becher von unten ganz vorsichtig herangeführt, bis die Zitze darin verschwindet. „Gereinigt wird mit Druckluft und warmem Wasser“, erklärt der Landwirt. Bei zwei Zitzen funktioniert das wie am Schnürchen. Doch jetzt wird es knifflig. Denn die anderen beiden sind ungewöhnlich dicht nebeneinander gewachsen. Nach dem dritten vergeblichen Versuch legt der Arbeitsarm den Säuberungsarm an seinen Aufbewahrungsort zurück. „Jetzt putzt er sich die Brille“, sagt Frank Lorenz und lacht.

Und tatsächlich wischt der Roboter die Scheibe des Lasers an seinem Arm an einem feuchten Schwamm ab. Der nächste Waschversuch klappt danach perfekt. Nun kann gemolken werden. Dafür werden nun andere Zitzenbecher am Euter angedockt. Auf dem Display des Roboters sieht Frank Lorenz, wie viel Milch in jeder Zitze ist. „Im Durchschnitt liefern unsere Kühe 28 bis 30 Liter am Tag. Spitzentiere sogar 40.“ Wurden die Kühe in dem alten Fischgrätenstand immer um 5 und 15 Uhr gemolken, so ist das jetzt bis zu viermal am Tag möglich. „Und zwar dann, wenn die Tiere das wollen.“ Statt früher drei arbeitet dafür aber auch nur noch ein Melker im Betrieb, dessen Aufgabenfeld sich zudem geändert hat. Grund für den Personalabbau ist indes nicht nur der Roboter. „Im Zuge des Stallumbaus und der Milchkrise haben wir die Zahl der Kühe von 260 vor einem Jahr auf derzeit 80 reduziert.“ Wenn in den nächsten Wochen noch ein zweiter Melkroboter aufgebaut wird, soll sich ihre Zahl noch auf 150 erhöhen. Dabei wird es dann aber wohl bleiben. Denn viel mehr schaffen die beiden neuen Kollegen nicht.

Die Kuh ist inzwischen fertig gemolken und auch das Futter in der Schale ist alle. Eigentlich könnte sie nun wieder zurück in den Stall. Doch bevor sich das Gitter am Ausgang öffnet, erledigt der Roboter erst noch seinen letzte Aufgabe: Er behandelt die Zitzen mit einer desinfizierenden Pflegelotion. Vor dem Eingang in zweiter Position steht indes schon wieder eine alte Bekannte – Nummer 937. Ob sie diesmal Erfolg hat?

Wer sich einmal selbst den Stall und den Melkroboter ansehen will, hat dazu immer Sonnabend von 11.30 bis 12.30 Uhr Gelegenheit.