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Meisterhafter Geselle

Ferdinand Hrdina, ausgebildet in Coswig, ist bester Bäckergeselle Sachsens. Dass das Handwerk so unbeliebt ist, versteht er nicht.

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© Ronald Bonß

Von Peggy Zill

Coswig/Radebeul. Er begutachtet die Kuchen hinter der Glasscheibe ganz genau und auch die Brötchen in den Körben hinter der Theke. Man muss die Konkurrenz schließlich im Auge behalten. Aber Ferdinand Hrdina würde vieles anders machen, wäre es seine Bäckerei. Weit entfernt ist der 20-Jährige von diesem Traum nicht mehr. Nachdem er zum besten Bäckergesellen Sachsens gekürt wurde, macht er nun seine Meisterausbildung in Dresden.

Schon seine Schülerpraktika verbrachte er in der Backstube. „Meine Schwägerin ist Konditorin und hat mich dazu gebracht“, erzählt er. Der Meister merkte schnell, dass Ferdinand Hrdina mit Leidenschaft dabei ist. Bald half der Jugendliche am Wochenende aus und bekam das Angebot, seine Ausbildung in der kleinen Bäckerei in Radebeul-Mitte zu machen. „Aber ich wollte noch in einen größeren Betrieb reinschauen.“ Vor dreieinhalb Jahren unterschrieb er seinen Lehrvertrag bei der Bäckerei Claus in Coswig.

Ein Azubi, wie ihn sich viele wünschen, bestätigt Bäckereichefin Steffi Claus. Ferdinand sei ein sehr zuverlässiger, engagierter Mitarbeiter gewesen. Die Bäckerei hätte ihn gern behalten. „Aber die müssen auch mal raus, etwas anderes sehen.“ Manche würden dann den Weg zurückfinden.

„Ich konnte ja schon fast alles, als ich anfing“, sagt der 20-Jährige. Dass er als Lehrling trotzdem mal kehren musste, sieht er ein. Während der Ausbildung hat er alle Abteilungen durchlaufen. Die Stimmung in der Backstube sei meistens gut gewesen – trotz der Arbeitszeiten. „Mitte des zweiten Lehrjahrs hat ein guter Kumpel in der Bäckerei angefangen. Mit dem hatte ich immer viel Spaß“, erzählt Hrdina.

Spätestens um 2 Uhr begann sein Arbeitstag. Dafür war er gegen Mittag wieder zu Hause und konnte den freien Nachmittag genießen – oder ein Schläfchen machen. Um 18 Uhr ging es wieder ins Bett. „Das frühe Aufstehen stört mich überhaupt nicht“, sagt der Radebeuler. Das müssen die Gene sein. Sein Großvater und Urgroßvater hatten eine Bäckerei in Tschechien. In ihre Fußstapfen würde er gern treten. „Mein Uropa war noch als Wandergeselle am Rhein unterwegs.“ Er zog von Bäckerei zu Bäckerei und bot seine Arbeitskraft an. Heute ist das für Bäcker eher unüblich, aber durchaus möglich. Die großen Betriebe in beispielsweise Düsseldorf würde Ferdinand Hrdina gern kennenlernen. „Dort wird mehr Schwarzbrot gebacken.“ Da könnte er neue Erfahrungen sammeln. Die Möglichkeit reizt ihn, aber zunächst muss er seine Meisterausbildung beenden, die er im Januar in Dresden begonnen hat. Im Sommer ist die Abschlussprüfung.

Wenn die so läuft, wie der Wettbewerb der besten Nachwuchshandwerker, muss sich der 20-Jährige keine Sorgen machen. „Meine Noten waren zwar nicht die besten“, gibt er zu. „Aber die Praxis lag mir schon immer.“ Seine Brote und die Buttercremetorte kamen bei der Jury so gut an, dass er zum besten Gesellen Sachsens und zweitbesten Mitteldeutschlands ausgezeichnet wurde. Außerdem nahm man ihn ins Förderprogramm der Bundesregierung „Begabtenförderung berufliche Bildung“ auf. Damit kann Ferdinand Hrdina in den nächsten drei Jahren ein Weiterbildungsstipendium im Wert von 7 200 Euro in Anspruch nehmen. Zudem gibt es einen IT-Bonus – einen Zuschuss in Höhe von 250 Euro beim Kauf eines PC.

Mit dem Meisterbrief in der Tasche würde er gern seine eigene kleine Bäckerei mit Café eröffnen. „Am besten wäre, wenn ich eine übernehmen könnte.“ Dann hätte er schon einen Kundenstamm. Aber zunächst möchte er sich in anderen Backstuben umschauen.

Dass immer weniger Jugendliche den Berufswunsch Bäcker haben, liegt zum einen an den Arbeitszeiten, zum anderen an der Bezahlung. „Für das, was man macht, ist es nicht viel Geld“, sagt Ferdinand Hrdina. Auch er gehe gern mal in die Disko. Und darauf müsste man nicht verzichten. „Es hat ja generell keiner mehr Lust auf Handwerk. Die studieren alle und denken, dass sie damit mehr erreichen.“ Handwerker werden aber viel dringender gebraucht. Und dass auch die erfolgreich sein können, beweist Ferdinand Hrdina.