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Meißens Probleme lösen sich in Luft auf

Die Stadt kommt an einigen Stellen nicht voran. Deshalb bietet die SZ vier nicht ganz ernst gemeinte Lösungen an.

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© Zeichnungen: Lutz Richter

Von Peter Anderson

Meißen. Die Fassade der Manufaktur ist frei von Kleckserei. Für die Jahnhalle hat die Bürgerstiftung eine überzeugende Idee entwickelt. Ein paar Sachen sind schon geworden, im bald vergangenen Jahr. Damit Meißen 2017 so richtig durchstarten kann, hier einige radikale Vorschläge.

Drohnen für die Plossenkurve

Es ist zum Durchdrehen. Das sagen sich mittlerweile gefühlt rund einmal pro Woche die Räder irgendeines schweren Lasters in der Haarnadelkurve des Plossens. Die bedauernswerten Autofahrer dahinter und davor können schon einmal die Handbremse anziehen und das Handy zum Daddeln herausholen. Jetzt heißt es nämlich warten und Wetten abschließen: Schafft es der Lkw-Fahrer aus eigener Kraft, mit etwas Rangieren und einer Handvoll Splitt über das rutschige Pflaster die Kurve zu nehmen? Oder muss am Ende schwere Technik anrücken? Und wenn ja, wie soll die überhaupt bis zur Kurve kommen? Straßenbauer und Stadt scheinen die Rutschpartie am Plossen in ihren Amtsstuben gemütlich aussitzen zu wollen. Sie verweisen auf den in naher Zukunft geplanten Ausbau der Plossenstraße. Wie nah diese Zukunft allerdings tatsächlich ist, das weiß niemand so richtig. Dabei arbeitet in Berlin ein Meißner, der das Vorbild für eine schnelle Lösung längst parat hat: Gerd Melchinger. Er ist der Mann im Himmel über Berlin. Am Checkpoint Charlie bringt er mit seinem Heißluftballon 20 bis 30 Mal pro Tag zahlungswillige Touristen zum Abheben. Was mit Menschen funktioniert, klappt auch mit Lastern. Warum nicht gleich in die Luft gehen? Vom Käthe-Kollwitz-Park wird einfach ein Stückchen abgezwackt und zum Meißner Lastenflugplatz erklärt. Dann braucht’s nur noch eine Handvoll Schwerlast-Drohnen und schon fliegt der Lkw hui durch die Luft – Durchdreher und Ausrutscher ausgeschlossen. Das Problem löst sich in Luft auf.

Amtsschimmel tritt ins Rad

Einige Schrotthändler schauen angeblich wöchentlich nach dem Kandidaten für das nächste lohnende Geschäft. 2011 hatte eine Fachzeitschrift den Meißner Panoramalift noch zum Aufzug des Jahres gewählt. Fünf Jahre später würde der Titel Ritter Rost wohl besser passen. Die braunen Korrosionsstellen sind nur eines von vielen Problemen. Mal wurde eine Rolle falsch eingebaut. Dann kommt der Aufzug mit Eis und Kälte nicht zurecht. Die Türen ruckeln, Sensoren spinnen. Kaum ist eine Schwachstelle behoben, kommt die nächste Fehlermeldung. Die Klärung der Schuldfrage wird mit dem bewährten Schwarzer-Peter-Prinzip auf den St. Nimmerleinstag verschoben. Die Stadt gibt den Schwarzen Peter an den Denkmalschutz. Der reicht ihn an die Stadt zurück. Als dritter Spielpartner kommt die längst im Weltmarktführer Otis aufgegangene Herstellerfirma Hütter hinzu. Das Spiel kann so ewig weitergehen. Wenn, ja wenn wir uns nicht an ein altes Prinzip aus der Schule erinnern. Meldet sich der verstockte Bube nicht, welcher „Frau Müller muss weg!“ auf die Tafel geschrieben hat, dann wird eben die gesamte Klasse bestraft. Auf die Meißner Touristenfalle übertragen heißt das: Bleibt der Lift wieder einmal stehen, müssen Konstrukteure, Ratsherren, Techniker und Verwaltung in eine Tretmühle einrücken, um die Kabine nach oben zu befördern. Der Begriff Amtsschimmel würde vor diesem Hintergrund eine ganz praktische Bedeutung erhalten. Zumal die Tretmühlentreter genau dem Erfolgsprinzip folgen würden, welches die Stadt aus der Namenlosigkeit gehoben hat: Mit Handarbeit, nämlich Manufaktur, schuf Meissen sich seit 1710 einen Weltruf. Fußarbeit wäre nun das ideale Mittel, um die Kratzer an diesem Ruf wieder wegzupolieren.

Hambi wird zum Jungbrunnen

Meißen boomt: Der Katharinenhof ist saniert, die Neumarktschule gerettet. Allerdings konzentriert sich der Boom auf betreutes Wohnen, Seniorenresidenzen und Pflegeheime. Ist Meißen am vergreisen? Ein Jungbrunnen – möglichst auf der Problemkindseite rechts der Elbe – könnte das verhindern helfen. Eigentlich ist der mit der Fachhochschule der Sächsischen Verwaltung ja auch schon da. „Meißen – eine alte Stadt mit jungem Flair.“ So heißt es selbstbewusst im Imagefilm der Fachhochschule. Über 600 hippe Studenten wuseln über den Campus gleich um die Ecke vom Hambi. Was liegt da näher als ein Hausbesuch, eine Exkursion zum Thema: Umgang mit maroden Immobilien. Und bei der Exkursion muss es ja nicht bleiben. Studentenheim statt Altenheim sollte die Losung für den Hambi lauten – Semesterstart- und -abschlussfeten im großen Saal inklusive. Vielleicht organisieren ein paar Spaßvögel ja sogar einen zünftigen Studentenfasching. Konkurrenz belebt schließlich das Geschäft. Auch die Stammgäste im Cöllner Bierstübchen auf der Kurt-Hein-Straße oder in der Fettbemmenschänke würde sich über frische Gesichter in ihren alternden Runden sicher freuen.

Lindenberg im Lindenhain

Wie lautete gleich das Argument für das Abholzen der Linden auf dem Theaterplatz? Ach ja, sie würden den Eindruck der klassischen Theaterfassade stören. Wäre es dann aber nicht viel leichter, die Bäume der Fassade anzupassen? Zum Beispiel durch einen zünftigen Kronenschnitt in Form einer lachenden und einer traurigen Theatermaske, so wie ihn Karikaturist Lutz Richter vorschlägt. Baumfreunde und Fassadenschützer hätten einen Kompromiss gefunden. Ja besser noch: Mit den Meißner Lindenfestspielen rund um die Bäume ließe sich eine neue Zugnummer schaffen. Drei Gaststars sind gesetzt: Udo Lindenberg, Patrick Lindner und Linda Feller – die müssen dort singen.