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Meissener für alle

Limitierte Sammlerstücke gibt’s jetzt auch für kleineres Geld und für Millionäre ein prunkvolles Service.

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© René Meinig

Von Peter Anderson

Dresden/Meißen. Der Gegensatz könnte größer nicht ausfallen. Vor den Ziegelmauern der Dresdner Kunstakademie an der Brühlschen Terrasse baut sich eine Kaffeetafel auf, die an Prunk kaum mehr zu überbieten sein dürfte. Die Tüllen der Kanne laufen in goldene Tierköpfe aus. Ein Rand dunkelblau wie die Tiefsee zieht sich um die Teller. Als wäre dies nicht genug, sind zarte Blümchen über das Weiß verstreut.

Ein mögliches Geschenk für US-Präsident Donald Trump: Der Weißkopfseeadler – das Wappentier der USA.
Ein mögliches Geschenk für US-Präsident Donald Trump: Der Weißkopfseeadler – das Wappentier der USA. © René Meinig
Auch Altmeister Peter Strang ist wieder mit seinen typischen Figürchen auf der Hausmesse im Lipsius-Bau vertreten.
Auch Altmeister Peter Strang ist wieder mit seinen typischen Figürchen auf der Hausmesse im Lipsius-Bau vertreten. © René Meinig
Zum Anbeißen: Die Äpfel stammen von Chris Antemann, die gern mit der Frucht und erotischen Motiven spielt.
Zum Anbeißen: Die Äpfel stammen von Chris Antemann, die gern mit der Frucht und erotischen Motiven spielt. © René Meinig
Für Meissen-Liebhaber und Meteorologen: Ein Barometer in Weißes Gold eingekleidet.
Für Meissen-Liebhaber und Meteorologen: Ein Barometer in Weißes Gold eingekleidet. © René Meinig

Zu besichtigen sind diese zwei Welten aktuell unter der Zitronenpresse im Dresdner Lipsius-Bau. Die Staatliche Porzellan- Manufaktur Meissen zeigt Händlern und VIP-Kunden in verschiedenen Sälen ihre zwei limitierten Serien 2018, mehrere Service, die Arbeiten externer Künstler, einen Ausblick auf das Weihnachtssortiment sowie eine Hommage an Chefgestalter Jörg Danielczyk. Geschäftsführer Tillmann Blaschke breitet weit die Arme aus. „Ich denke, Sie sehen hier, dass sich die Manufaktur weiterentwickelt hat“, sagt er.

Was will der Chef von Europas ältester, und in jüngster Vergangenheit stark gebeutelter Luxusmarke damit sagen? Das prunkvolle Historismus-Service mit dem profanen Namen B & X dürfte sich wohl kaum ein normales Brautpaar in Mitteleuropa zur Hochzeit wünschen. Vorstellen kann man sich die üppig mit Platin verzierte Version dagegen in der noblen Datscha eines russischen Ölmagnaten, dem Salon eines arabischen Scheichs oder auf der Kaffeetafel eines neureichen Asiaten.

Erneut steht die Nachbarschaft hierzu im Kontrast. Meißens neuer Kreativdirektor Jörg Ehrlich, ein Mann aus der Modebranche, hat gleich nebenan mit seinem Team die neuste Meissener Form No. 41 mit ihren drei Dekoren Royal Blossom, Stripes und Noble Blue in Szene gesetzt. Dieses Geschirr sollte sich wohl eher als Hochzeitsgeschenk für die mitteleuropäische Braut und ihren Bräutigam eignen. Zumindest teilweise dürften die Dekore mit moderner Drucktechnik aufgetragen sein. Dadurch liegen Teller und Tassen unter dem Preis von handbemaltem Porzellan. Ein Einsteigerangebot, welches nicht konträr, sondern ergänzend zum Prunkservice für den Millionärshaushalt steht.

Dem gleichen Gedanken dürfte ein komplett neues Angebot des Traditionsbetriebes entspringen. Neben den limitierten Meisterwerken für Kunden, welche den Euro nicht umdrehen müssen, findet sich unter den Neuheiten 2018 erstmals eine sogenannte Limited Edition. Die Sammlerstücken fallen von Größe und Preis her kleiner aus, die Limitierung – mit bis zu 100 Exemplaren – dagegen etwas großzügiger. Bereits für 650 Euro erhält der Kunde eine Dose mit Theatermaske nach einer Vorlage des Künstlers Paul Scheurich.

Links und rechts der limitierten Serien widmet die Manufaktur ihren Künstlern und deren Unikaten zwei große Kabinette. Eins davon bleibt naturgemäß dem jetzt in den Ruhestand verabschiedeten Chefgestalter Jörg Danielczyk vorbehalten. In den anderen Raum teilen sich rund ein halbes Dutzend mehr oder weniger bekannter Namen. Auffallend dabei: Mit Gudrun Gaube arbeitet neben Peter Strang wieder eine der unter Ex-Meissen-Chef Christian Kurtzke geschassten Künstlerinnen für die Manufaktur. Ebenso sind der Freitaler Olaf Stoy und Jochen Rohde aus der Lommatzscher Pflege mit ihren ganz eigenen Werken vertreten.

Geschäftsführer Tillmann Blaschke betont die wiedergewonnene Vielfalt und Heimatverbundenheit. Gleichzeitig verschwinden die Sorgenfalten nie ganz von seiner Stirn. Die Geschäfte des Unternehmens liefen gut, sagt er. Es komme jetzt darauf an, den Betrieb so umzubauen, dass sein Bestand langfristig gesichert sei. Dies hätte sein Vorgänger versäumt. Hinter lauter mit viel Tamtam angekündigten Prototypen entstand keine effektive Produktionsstruktur. Weitere Baustellen bleiben die Verhandlungen über den Verkauf der Modelle an die Meissen Porzellan-Stiftung und die Frage, was mit den rund 22 Millionen Euro Schulden beim Freistaat geschehen soll. Dunkel wie die Tiefsee blinkt dazu das Blau vom Prunkservice aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Auch damals steckte die Manufaktur in einer Krise. Berappelt hat sie sich noch jedes Mal.

Am 16. September ist die Ausstellung im Rahmen der Dresdner Museumsnacht von 18 Uhr bis 1 Uhr für die Öffentlichkeit zu sehen.

Der Eintritt ist frei.