SZ +
Merken

Mehr Wohnungen für Flüchtlinge in Pirna

Die Stadt will eine zentrale Unterkunft vermeiden. Hilfe kommt von der Wohnungsgesellschaft.

Teilen
Folgen
NEU!

Von Christian Eissner

Für Pirnas Oberbürgermeister Klaus-Peter Hanke (parteilos.) steht fest, dass er Szenen wie in Freital unbedingt vermeiden will. Immer wieder freitags gehen Menschen dort auf die Straße, um gegen die Unterbringung von Flüchtlingen in einem Hotel zu protestieren. Mit einer Mischung aus Bürgersorgen, Wut auf die Politik und offener Fremdenfeindlichkeit demonstrieren sie gegen das „Heim“ in ihrer Nachbarschaft. Gerüchte, dass auch in Pirna eine solche Sammel-Unterkunft für Asylbewerber eingerichtet werden soll, gibt es schon seit Monaten. Der eine hat von den Roten Kasernen an der Rottwerndorfer Straße gehört, andere erzählen, sie wüssten sicher, dass das alte Krankenhaus an der Schandauer Straße vorbereitet würde.

Alles Quatsch, sagt Kati Hille, als Beigeordnete im Landratsamt für die Unterbringung von Asylbewerbern zuständig. Beide Objekte stünden derzeit nicht zur Debatte – zu groß, zu hoher Sanierungsaufwand.

Fakt ist allerdings auch, dass sich für das Landratsamt die Probleme bei der Suche nach geeigneten Unterkünften immer weiter verschärfen. Stand gestern waren 1 026 Asylbewerber und Kriegsflüchtlinge im Landkreis untergebracht, die auf das Ergebnis ihres Asylverfahrens warten. Die meisten von ihnen, rund 750, sind alleinstehende Männer. Ende des Jahres wird der Kreis rund 2 000 Asylbewerber beherbergen, schätzt Kati Hille. Es fehlen noch massenhaft Wohnungen. Für zusätzliche Brisanz sorgt die bevorstehende Schließung des Asylbewerberheims in Langburkersdorf. Am 31. Oktober endet der Betreibervertrag, die Stadt Neustadt hat den Abriss des Hauses bereits beschlossen.

OB mahnt seine Kollegen

Pirna will mit gutem Beispiel vorangehen und so viele Wohnungen wie möglich für Flüchtlinge zur Verfügung stellen. „Wir setzen weiter ganz konsequent auf eine dezentrale Unterbringung“, sagt Oberbürgermeister Klaus-Peter Hanke. „Das ist aus unserer Sicht die menschenwürdigste und die in der Bevölkerung akzeptierte Art der Unterbringung.“ Aktuell leben 237 Asylbewerber in Pirna, darunter 30 Familien. Insgesamt 23 Nationalitäten sind vertreten, von Afghanistan bis Vietnam.

Streng nach Verteilungsschlüssel müsste Pirna aktuell nur 144 Flüchtlinge aufnehmen. Da aber andere Kommunen weit größere Probleme haben, freie Wohnungen zu finden, springt die Kreisstadt unterstützend ein. Gleichzeitig macht der Oberbürgermeister aber auch deutlich, dass auch Pirna jetzt an Kapazitätsgrenzen stoße und mahnt seine Bürgermeister-Kollegen. „Für die menschenwürdige Form der dezentralen Unterbringung müssen alle Kommunen an einem Strang ziehen“, so Hanke und fordert die Bürgermeister auf, Wohnungen bereitzustellen. Das hat einen nicht ganz uneigennützigen Hintergrund. Sollte doch eine neue Groß-Unterkunft nötig werden, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass diese in der Kreisstadt eingerichtet wird, allen Verteilungsschlüssel-Zahlen zum Trotz. Ganz einfach, weil es hier noch am ehesten geeignete Immobilien gibt.

Integrieren statt isolieren

Der allergrößte Teil der Asylbewerber in Pirna lebt in Wohnungen, die die städtische Wohnungsgesellschaft WGP zur Verfügung stellt. Aktuell sind in 49 unterschiedlich großen WGP-Mietwohnungen Flüchtlinge untergebracht, bis zum 1. Juli will das Unternehmen noch einmal 13 zusätzliche Wohnungen herrichten.

Probleme mit den Asylbewerbern sowie Ärger mit Nachbarn oder Hausgemeinschaften gebe es kaum, sagt WGP-Geschäftsführer Jürgen Scheible. „Wir versuchen, das Konfliktpotenzial von vornherein so gering wie möglich zu halten.“ So werde streng darauf geachtet, dass die Wohnungen nicht überbelegt werden. Rechnerisch habe jeder Asylbewerber in einer WGP-Wohnung 17 Quadratmeter zur Verfügung. Zum Vergleich: Die Vorgabe für Gemeinschaftsunterkünfte liegt bei sechs Quadratmetern. Zudem achtet bereits das Landratsamt bei der Zuweisung der Asylsuchenden darauf, dass die Menschen, die sich auf Zeit eine Wohnung teilen müssen, von ihrer Herkunft und ihrem sozialen Hintergrund zueinanderpassen – soweit das für die Asylbehörde feststellbar ist.

Oberbürgermeister Hanke kündigt unterdessen an, dass die Stadt gemeinsam mit dem Landratsamt und den Flüchtlingssozialarbeitern mehr für die Integration der Neuankömmlinge tun wolle. Geplant ist ein Unternehmertreffen, bei dem ausgelotet werden soll, welche Möglichkeiten bestehen, Flüchtlinge zu beschäftigen. Auch in Sportvereinen könnten sie helfen.

Dass der Flüchtlingsstrom abebbt, ist derzeit nicht abzusehen. Heute kommt im Landkreis ein Bus mit 52 neuen Asylsuchenden aus einem Erstaufnahmelager an, für Ende März und Mitte April rechnet die Behörde mit den nächsten Bussen mit jeweils rund 50 Asylbewerbern.