Merken

Mehr Licht gegen Dealer

Ist es nachts zu dunkel in Dresden? Denn jede zweite Laterne ist abgeschaltet. Wegen der Drogenhändler brennen am Wiener Platz jedoch wieder alle Leuchten - weitere Viertel könnten folgen.

Teilen
Folgen
NEU!
© Sven Ellger

Von Peter Hilbert

Dresdner Stadträte und Ortsbeiräte finden, dass manche Ecken in der Stadt nachts zu dunkel sind. Die Straßenleuchten sind zwar da. Allerdings wird die Hälfte von ihnen abgeschaltet. Das sollte sich zumindest auf wichtigen Straßen ändern.

Die Stadt ist jedoch in der Klemme. Sie muss nicht nur bei Straßen und Fußwegen, sondern auch bei Leuchten sparen. Deshalb hatte sie sich bereits 2002 entschlossen, nachts jede zweite Lampe abzuschalten. Das geschieht seitdem jeweils vom 1. Oktober bis 31. März zwischen 23 und 5 Uhr. Im Sommerhalbjahr gehen die Lampen zwischen 0 und 6 Uhr aus. Damit werden jährlich knapp 685 000 Euro gespart, erläutert Straßenbauamtschef Reinhard Koettnitz. Trotzdem zahlt die Stadt noch 3,1 Millionen Euro für elektrische und weitere 300 000 Euro für die Gasleuchten.

An der angespannten Haushaltslage hat sich Koettnitz zufolge nichts geändert. Deshalb bleibt weitgehend jede zweite Lampe abgeschaltet. So müssen auch Abstriche an der Verkehrssicherheit gemacht werden. Dort, wo die Leuchten abgeschaltet sind, kommen Kraftfahrer in sogenannte schwarze Löcher. An die gewöhnt sich ihr Auge in Bruchteilen von Sekunden nicht so schnell. Im Extremfall werden Fußgänger zu spät erkannt.

Zu viel Straßenlicht stört den Schlaf

Das ist aber nur eine Konsequenz dunkler Straßenabschnitte. Einen ersten Vorstoß hatte die CDU-Ratsfraktion im Herbst 2015 unternommen. Die Christdemokraten forderten die Maximalvariante, also die komplette Straßenbeleuchtung nachts anzulassen. Damit sollte die Sicherheit für Dresdner und ihre Gäste erhöht und die Kriminalität bekämpft werden. Das lehnte die Ratsmehrheit von SPD, Linken und Grünen zwar ab. Die Sozialdemokraten schlugen in dem Zuge jedoch vor, für ausgewählte Bereiche zu prüfen, wo Straßenleuchten wieder zugeschaltet werden.

Der Cottaer Ortsbeirat hat zur jüngsten Sitzung mehrere Vorschläge aufgelistet. So sollte es auf der Löbtauer Burgkstraße heller werden. Die spärliche Beleuchtung würde für die breite Straße nicht ausreichen. Auch an der Haltestelle Tharandter Straße und rund um die Kreuzung zur Kesselsdorfer ist mehr Licht notwendig. Dort steigen noch in den Abendstunden viele Menschen aus den Bahnen und Bussen ein und aus.

Im Neustädter Ortsbeirat wurde die Nachtabschaltung bereits Anfang 2015 diskutiert. Die Politiker sind sich einig, dass die Straßen in der Äußeren Neustadt zu dunkel sind. Anders als in den meisten anderen Stadtteilen haben die Straftaten dort 2015 zugenommen. Das Viertel ist ein Brennpunkt der Kriminalität, erklärte kürzlich Mathias Imhof, Leiter des Polizeireviers Nord. Weil im Kneipenviertel besonders in den Nachtstunden viele Menschen unterwegs sind, sollen möglichst alle Lampen angeschaltet bleiben. Das fordert Ortsamtsleiter André Barth auch für dunkle Nebenstraßen in der Inneren Neustadt. Konkret nennt er die Carolinen-, Theresien-, Georgien- und Hospitalstraße.

Die Plauener Ortsbeiräte bewegt vor allem eine Frage: Wie hell sollen die Straßen hinter dem Hauptbahnhof in der Nacht sein? Vertreter von CDU und FDP sprachen sich dafür aus, dass im Umkreis von bis zu 100 Metern künftig alle Lampen die ganze Nacht durchleuchten sollen. Demnach sei der Bereich in der Dunkelheit gefährlich. Die Mehrheit aus SPD, Grünen, Linken, Piraten, AfD und Freien Wählern lehnte diesen Vorschlag jedoch ab.

Die SZ hakte bei Straßenbauamtschef Koettnitz nach, ob das Licht auf einzelnen Straßen wieder komplett zugeschaltet werden kann. „Das haben wir schon gemacht“, erklärt er. Wegen der Drogenhändler sei der Wiener Platz jetzt die ganze Nacht beleuchtet. Technisch sei das durchaus möglich. „Ich halte es allerdings für schwierig“, sagt Koettnitz. Denn letztlich koste es mehr Geld, das der Stadt bei der Straßenbeleuchtung schon jetzt fehlt.

Es gibt noch einen anderen Aspekt: Zu viel Licht von Straßenleuchten kann zu Schlafstörungen führen, erläutert Prof. Dr. Andreas Seiler. Er leitet das Institut für Arbeits- und Sozialmedizin an der TU Dresden. Das Licht könne den Tag-Nacht-Rhythmus beeinflussen. So würde beispielsweise die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin gebremst. Schlafstörungen und der damit verbundene Stress könnten Herz-Kreislauf-Erkrankungen auslösen oder verschlimmern. (mit SZ/noa/jv/acs/sag)

So leuchtet Dresden

  • Über 47 000 Leuchten sorgen nachts für Licht auf Dresdens Straßen und Plätzen.
  • 1 900 Kilometer Straßen sind in der gesamten Stadt beleuchtet.
  • Rund 500 Leuchtenarten erhellen nachts Dresdens Straßen. Die Palette reicht von der Wand- über die Peitschen- und Tunnelleuchte bis hin zur elektrifizierten Gaslaterne.
  • 1 224 Gaslaternen gibt es noch in der Stadt, darüber hinaus aber bereits 2 273 elektrifizierte Leuchten in alter Gestalt.
  • Schäden von etwa 150 000 Euro entstehen jährlich an den Straßenleuchten. Etwa 50 von ihnen werden Jahr für Jahr umgefahren. Oft suchen die Kraftfahrer dann das Weite. (SZ/phi)