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Mehr Kanten, mehr Sitze, mehr Licht

Ende März beginnt die Suche nach der Firma, die die neuen Dresdner Straßenbahnen baut. Sie soll in drei Jahren liefern.

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© Montage: DVB

Von Christoph Springer

Gelb werden sie ganz sicher, außerdem breiter und vielleicht auch etwas eckiger als die derzeitigen Dresdner Straßenbahnen. Voraussichtlich Ende 2020 sollen die ersten Züge der neuen Stadtbahngeneration kommen. Die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) wollen 30 Fahrzeuge bestellen. Seit wenigen Tagen ist das sogenannte Lastenheft für diesen Auftrag fertig. Es ist ein etwa 200 Seiten dickes Buch geworden. Darin stehen alle technischen Anforderungen, die die neuen Straßenbahnen erfüllen sollen. Dieses schwere Buch bekommen alle Firmen auf den Tisch, die im Wettbewerb um den Großauftrag aus Trachenberge ins Rennen gehen. In etwa einem Monat starten die Verkehrsbetriebe das europaweite Verfahren.

Die DVB setzen künftig aufs Gardemaß. Das sind bei Straßenbahnen in Deutschland 2,65 Meter Wagenkastenbreite. 35 Zentimeter mehr, als die heutigen Dresdner Straßenbahnen breit sind. Damit ist innen mehr Platz. 295 Steh- und Sitzplätze sollen die neuen Züge haben, derzeit sind es in den längsten Dresdner Straßenbahnen 260. Mehr Doppelsitze sind geplant, die extrabreiten Sitze verschwinden dafür. Außerdem sollen die Stellflächen für Kinderwagen, Gehhilfen und Fahrräder größer werden. Zwei davon soll jede Straßenbahn haben, steht im Lastenheft.

Holger Seifert hat den Hut auf für dieses Projekt. Er ist Chef der Abteilung Schienenfahrzeuge bei den DVB. „Wir gehen da mit einer gewissen Demut ran“, sagt Seifert. Schließlich geht es um ein Millionenprojekt. Jeder der Züge wird deutlich mehr kosten als die reichlich drei Millionen Euro, die die DVB vor 17 Jahren für die heutigen langen Straßenbahnen bezahlen mussten. Die Preissteigerung ist nicht allein auf die höheren Herstellungskosten zurückzuführen, räumt Seifert ein. Auch der Wunschzettel der Verkehrsbetriebe trägt dazu bei.

Die neuen Bahnen sollen deutlich komfortabler werden. Klimaanlagen sind Pflicht, an keinem Sitz darf der Blick nach draußen versperrt sein. Die Türen sollen neue Signalbeleuchtungen bekommen und die Bildschirme mit den Hinweisen für die Fahrgäste besser lesbar werden. Wie im Intercity soll es künftig WLAN geben, auch Ladesteckdosen für Handys und Computer wollen die Verkehrsbetriebe haben.

Und eine ganz neue Innenbeleuchtung, die ihre Farbe ändern kann. Ambiente-Beleuchtung heißt diese Variante, die hellere Lichttöne im Sommer und dunklere im Winter erlaubt. An Haltestellen könnten Lichtveränderungen auf Einrichtungen in der Nähe hinweisen, zum Beispiel auf den Kulturpalast oder das Kulturkraftwerk, stellt Seifert in Aussicht.

Vier Jahre lang haben der Straßenbahnchef und seine Kollegen über die neue Stadtbahngeneration nachgedacht. Alle Abteilungen durften mitreden, auch die Fahrer wurden befragt. Auf Messen hat sich die DVB moderne Fahrzeuge angesehen, dabei richtete sich der Blick immer wieder auch auf die Rostocker Bahnen. Sie stammen von der Düsseldorfer Firma Vossloh Kiepe und haben einen Wagenkasten, der im unteren Bereich schmaler wird. So wollen das auch die Verkehrsbetriebe, denn dann können die breiteren Straßenbahnen später an allen Dresdner Haltestellen stoppen, ohne dass dort zusätzlicher Platz geschaffen werden muss.

Holger Seifert rechnet damit, dass etwa zwei Handvoll Unternehmen Interesse an dem Auftrag aus Dresden haben. Welche Firmen wirklich mitbieten dürfen, entscheidet sich in einem mehrstufigen Verfahren, das etwa neun Monate lang dauert. „Ende des Jahres werden wir wirklich sehen, wer ein Angebot abgibt“, meint der DVB-Abteilungsleiter. Bis dahin müssen die Bewerber auch zeigen, wie sie sich das Äußere der neuen Dresdner Straßenbahnen vorstellen. Ende 2018 könnte sich schließlich entscheiden, wer den mehr als 100 Millionen schweren Auftrag bekommt und die ersten 30 Züge der breiten Dresdner Stadtbahngeneration liefern darf.