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Mehr Hitzetage im Weißeritztal

Die Klimamodelle und die Expertenprognosen sind eindeutig. Sie bringen neue Herausforderungen.

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© Thorsten Eckert

Von Marcus Herrmann

Die Intensität und Häufigkeit wetterbedingter Katastrophen steigt spürbar. Die meisten sind menschengemacht. Von Überschwemmungen und Tsunamis in Südostasien, sintflutartigen Regenfällen und Schneestürmen in den USA bis hin zu Erdbeben in Mittelmeerregionen berichten Medien in immer kürzeren Abständen. Wetterextreme häufen sich. Doch nicht nur in weiter Ferne, auch bei uns nehmen sie zu. Das haben Wissenschaftler jetzt erstmals in Langzeitmodellen für einzelne Regionen Deutschlands erfasst und auch für Laien anschaulich dargestellt. Auf der Internetseite Klimafolgenonline.com können sich Interessierte über das Klima der Zukunft informieren.

Die Berechnungen von Forschern des Potsdam-Instituts für Klimafolgeforschung zeigen auf, welche Herausforderungen auf einzelne Regionen durch die globale Erwärmung zukommen. Anhand von zwei Modellen haben das die Wissenschaftler anschaulich gemacht. Das erste Modell rechnet mit gutem Klimaschutz. Es geht von einem Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperatur von bis zu zwei Grad aus, beim zweiten von einem Anstieg um vier Grad, erklärt Wissenschaftler Thomas Nocke. Sicher sei davon auszugehen, dass die globale Erwärmung irgendwo zwischen beiden Modellen liegen wird. „Das hängt auch davon ab, inwieweit sich Staaten über gemeinsame Klimaziele einigen. Derzeit geht die Entwicklung deutlich in Richtung des Modells von vier Grad“, sagt Nocke.

Temperaturanstieg in der Sächsischen Schweiz und im Osterzgebirge

Laut den Berechnungen wird es in Freital und der Region Sächsische Schweiz-Osterzgebirge immer wärmer und trockener. Allerdings langsamer als in größeren Ballungsgebieten. Die mittlere Tagestemperatur im Jahresdurchschnitt wird von 8,9 Grad heute auf etwa 11,5 Grad 2050 und auf 13,8 Grad bis 2100 steigen. Nach dem schlechteren Szenario laut Internetportal Klimafolgen-online.com könnte die Temperatur sogar auf 13 Grad bis 2050 und 14,5 Grad bis 2100 steigen. Die Niederschlagsmenge wird gleichzeitig zurückgehen.

Landwirte und Kleingärtnermüssen sich anpassen

Hitze und Trockenheit heißen die Herausforderungen für Landwirte in Zukunft. „Wir haben errechnet, dass einige Erträge, etwa von Winterroggen, im Osten Deutschlands rückläufig sein könnten“, sagt Nocke. Landwirte müssten sich darauf einstellen, indem sie die Bewässerung verbessern oder verstärkt auf hitzeresistente Sorten setzen, so der Forscher. Solche sind etwa neue, hitzebeständige Weizensorten, Reis, Soja oder Gemüsesorten. Laut Klimamodell wird der Ertrag von Winterroggen im Jahresdurchschnitt von heute etwa 5,4 Tonnen pro Hektar zwischen 2050 und 2060 um zehn Prozent sinken. Hingegen werden sich die Bedingungen für einige Pflanzen sogar verbessern. „Durch den höheren Kohlendioxidanteil in der Luft ist zu vermuten, dass einige Pflanzen schneller wachsen und Erträge steigen könnten“, erklärt Nocke. Allerdings überwiegen laut den gängigen Szenarien die Nachteile durch fortwirkenden Wassermangel.

Mit erhöhtem Waldbrandrisikoist zu rechnen

Durch auf lange Sicht mehr Hitzetage und weniger Niederschlag wird das Waldbrandrisiko deutlich steigen. Laut Klimafolgen.com wird es nach dem schlimmsten Szenario einen Anstieg von heute jährlich 7,3 Tagen mit Waldbrandwarnstufe 5 auf 15,7 Tage zwischen 2050 und 2060 geben.

Grünflächen in der Stadtdringend notwendig

Durch mehr Hitztage wird die Überwärmung und Feinstaubbelastung im Sommer in Städten steigen. „Vor allem in dicht bebauten Wohngebieten mit geringem Grünflächenanteil können sich Gesundheitsprobleme bei Alten, Kranken und jungen Bewohnern häufen“, sagt Stefanie Rößler vom Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung. Außerdem könne das Stadtgrün durch eher wachsende Pflanzen und Trockenheit in seiner die Temperatur senkenden Funktion beeinträchtigt werden. Daher müssten Wasserflächen und Wasserelemente unbedingt in die Gestaltung des öffentlichen Raumes und der Grünflächen integriert werden.

Wichtig sei, beim Bau von Gebäuden Schatten und Abkühlung zu planen. „Etwa Sonnensegel, schattenspendende Bäume und mehr Trinkwasserbrunnen sind ratsam“, sagt Rößler. Ebenso wichtig sei der Abriss alter Häuser zur Freiraumgestaltung. Frei gewordene Flächen sollten dann mit begrünten Arealen wie Parks oder Wiesen versehen werden. Als Letztes müsse man die Bepflanzung von Parks und Gärten danach ausrichten, wie anspruchslos die einzelnen Pflanzen sind und ob sie Hitze gut vertragen. „Hier muss in Zukunft verstärkt auf neue Arten gesetzt werden und weniger auf Pflanzen, die viel Nährstoffe und Wasser benötigen“, erklärt Rößler. Ein gutes Beispiel dafür gibt es auch in Pirna: Der Park an der Ecke Robert-Koch-Straße/Siegfried-Rädel-Straße ist mit mehrjährigen Zierpflanzen und mediterranen Präriepflanzen ausgestattet – ein zukunftsträchtiges Modell.

Die positiven Seiten

des Klimawandels

Besitzer von Gebäuden mit Photovoltaik-
anlagen werden profitieren. Der Ertrag wird wohl von heute circa 1 135 Kilowattstunden pro Quadratmeter auf 1 260 Kilowattstunden steigen. Auch der Badetourismus dürfte die Folgen eines wärmeren Klimas begrüßen. So wird es 2050 etwa 36 Badetage geben, wo heute nur etwa 19 zu Buche stehen.

Schlecht sieht es dagegen für Wintersportfans in der Region aus. Die Tage mit Schneehöhen über zehn Zentimetern nehmen rapide ab.