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Mehr als drei Jahre Haft für Riesaer Opa

Ein 57-Jähriger soll seine Enkelin mehrmals missbraucht haben. Dafür wurde er am Montag verurteilt.

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© Arvid Müller

Von Stephan Klingbeil

Dresden/Riesa. Der Vater glaubte ihr nicht, die Oma ebenso wenig. Nein, das konnte der Großvater seiner Juliette* nicht angetan haben. Dem arbeitslosen 57-Jährigen aus Riesa wird schwerer sexueller Missbrauch vorgeworfen. Deshalb musste sich der Mann vor der Großen Jugendkammer am Landgericht Dresden verantworten. Am Montag endete der Prozess nach vier Verhandlungstagen mit einem Urteil.

Die Anklage ging davon aus, dass er in den Jahren 2012 und 2013 seine Enkeltochter zum Oralsex überredet und dabei begrapscht habe. Das Kind war im nicht näher benannten Zeitraum erst sieben bis acht Jahre alt. Ingesamt dreimal sei es zum Oralsex gekommen. Einmal habe sich der aus Strehla stammende Großvater im Bad seiner Wohnung an ihr zu schaffen gemacht. Im Gegenzug soll er der Enkelin eineue Barbie versprochen haben. An einem anderen Ferientag bedrängte er laut Anklage das Kind im Wasserbassin in seinem Garten, ein drittes Mal in der Gartenlaube.

Nachdem sich das Kind im Sommer 2013 auffällig verhielt, auf dem Schulhof von Sex erzählte, laut stöhnte, in einem Kinder- und Jugendtreff junge Männer küssen wollte und einer Betreuerin an die Brust fasste, sagte sie einer Horterzieherin aus heiterem Himmel, sie habe „den Pimmel von Opa im Mund“ gehabt.

Danach wurde das Jugendamt alarmiert. Die Behörde kannte Juliettes Familie. Die Eltern hätten Drogen genommen. Zudem habe es in ihrer Familie Gewalt gegeben. Der Vater soll dem Kind auch Schläge angedroht haben, nachdem es sich ihm wegen der Übergriffe schon offenbart hatte. Doch wie glaubhaft sind ihre Vorwürfe?

Laut dem Gutachter, der am Montag vor Gericht dazu Stellung bezog, ist sexualisiertes Verhalten eines Kindes an sich noch kein Hinweis darauf, dass es tatsächlich sexuell missbraucht wurde. Laut aktueller Forschung gebe es dafür keinen Hinweis.

Hingegen könnte das Verhalten der kleinen Juliette ganz andere Ursachen haben. Zum einen sei möglich, dass sie bestimmte Ausdrücke in ihrem sozialen Umfeld aufgeschnappt und einfach wiedergegeben habe. Zum anderen könnte es auch sein, dass das Kind ihre Eltern beim Sex gesehen hat. Dies hatte Juliette selbst erzählt.

Möglich sei auch, dass ihr Verhalten aber zum Teil durch Epilepsieanfälle beeinträchtigt worden sei, unter denen sie zumindest damals laut Ärzten gelitten habe.

In seinem Fazit sagt der Sachverständige schließlich, dass die Angaben des Mädchens zu den angeklagten Taten schlüssig sind. Demnach stimmen die Vorwürfe – vor allem wegen der Details und der Konstanz in ihren Aussagen über Jahre hinweg.

Die heute Zwölfjährige rückte auch vor Gericht nicht davon ab. Dort musste das Kind – per Videoübertragung – aussagen, weil ihr Großvater es vorzog, zu den Vorwürfen zu schweigen. Gründe, ihrem Opa mutwillig zu schaden, konnte der Sachverständige keine erkennen. Und letztendlich folgte das Gericht dessen Ausführungen.

In ihrem Urteil blieb die Kammer aber unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Plädierte die Verteidigung auf Freispruch, hielten Staatsanwaltschaft und Nebenklägerin eine Haftstrafe von vier Jahren und zwei Monaten für angemessen. Die Kammer verurteilte den bislang nicht vorbestraften Angeklagten zu drei Jahren und vier Monaten Gefängnis. Drei Monate davon gelten als verbüßt, wenn das Urteil rechtkräftig ist. Der Grund: Das Verfahren zog sich hin. Schon 2015 waren die Ermittlungen abgeschlossen. Aufgrund anderer Prozesse kam es aber erst jetzt zur Anklage.

* Der Namen wurde von der Redaktion geändert.