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Mehr als 70 Jahre versteckt

Beim Abriss eines Schuppens macht eine Familie einen Fund. Doch was soll sie damit anfangen?

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© André Braun

Von Cathrin Reichelt

Waldheim. Für sein Interesse an Historischem ist Albrecht Bergmann bekannt. Oft dreht es sich dabei um Napoleon. Bergmann erklärt als Bürgermeister Selle bei Führungen aber auch die Stadtgeschichte. „Nach einem solchen Rundgang hat mich eine Frau angesprochen. Beim Abriss eines Schuppens habe ihre Familie etwas gefunden, ob ich mir das anschauen wolle“, erzählt Bergmann.

Er wollte und erhielt zwei Fahnen des Militärhistorischen Vereins Waldheim. Die hatten vermutlich zwischen 70 und 80 Jahre unter Dachsparren des Schuppens geklemmt. Dort waren sie möglicherweise um 1933 oder 1945 versteckt worden. Nachvollziehbar ist das nicht mehr. „Aber in diesen beiden Jahren ist der Verein jeweils verboten worden“, erklärt Bergmann seine Vermutung.

Der Militärhistorische Verein verfolgte weder politische noch religiöse Besterbungen und hatte schon gar nichts mit Napoleon zu tun. Es war eher ein sozialer Verein. Er habe Geld gesammelt und damit in Not geratene Vereinsmitglieder unterstützt. Er habe eine Art Kinderheime besessen, in denen der Nachwuchs der Mitglieder Urlaub machen konnte. Wurden Mitglieder oder deren Ehefrauen krank, erhielten sie Unterstützung. Für beide wurde auch Begräbnisgeld gewährt. „Der Verein hatte keine militärische Bedeutung“, unterstreicht Bergmann noch einmal.

Die beiden Fahnen sind nach den vielen Jahren unter den Dachsparren in einem schlechten Zustand. Sie sind löchrig, ausgefranst und viele kleine weiße Flecken zeugen davon, dass sich Ungeziefer an dem Stoff zu schaffen gemacht hat. Trotzdem hat eine der beiden Fahnen einen Platz in einer historischen Schwarzküche gefunden, die Albrecht Bergmann am Rande seiner Napoleonausstellung aufgebaut hat.

Aber die zweite Fahne ist so schwer beschädigt, dass sie beim Aufhängen auseinandergefallen wäre. „Um sie zu erhalten, gab es drei Möglichkeiten“, so Bergmann. Bei der ersten wäre die Fahne zwischen zwei Folien gelegt, vernäht und thermisch behandelt worden. Danach hätte die Fahne in einem klimatisierten Fach liegend aufbewahrt werden müssen. Sie könnte also nie öffentlich ausgestellt werden. Bei der zweiten Variante wären gut erhaltene Teile aus der Fahne herausgeschnitten und auf ein neues Fahnentuch genäht worden. Das hätte dann ebenfalls flach liegend und klimatisiert lagern müssen und könnte nur ab und zu gezeigt werden.

Weil er die Fahne aber dauerhaft ausstellen möchte, hat sich Albrecht Bergmann für die dritte Variante entschieden. Die Fahne wird in der Originalgröße von 1,60 mal 1,50 Meter eins zu eins neu gestickt. Das dauert mehr als ein Jahr. Mitte Mai hat er die alte Fahne bei der Firma Fahnen-Fassmann in Plauen abgegeben. Ende August 2018 kann er die neue Fahne dort voraussichtlich abholen. Angefertigt wird sie ohne chemische Zusätze aus Naturseide mit den Originalfarben in der Originalstickung.

Rund 5 000 Euro wird die reine Handarbeit kosten. Für deren Finanzierung hofft Bergmann auf Unterstützung von historisch Interessierten. Ein Anfang ist bereits gemacht. Zehn Leute haben das Spendenkonto schon mit mehr als 2 000 Euro gefüllt. Darüber freut sich Bergmann. Zwar hat er auch in seiner Napoleonausstellung eine Spendenbox aufgestellt. Mit deren Inhalt konnte er im vergangenen Jahr die Anschaffung einer Regimentskasse aus dem Jahr 1843 finanzieren. Aber für die Sanierung der Fahne werden die Gaben der Besucher der Schau nicht reichen.

Wer die Sanierung der Fahne unterstützen möchte, kann das unter derBankverbindung: Albrecht Bergmann, IBAN: DE19 86055462 4000 065950, Kennwort: Spende für historische Vereinsfahne, K.S.M.V.-Waldheim.