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Schwerste Kämpfe in Gaza

Für die Menschen im Gazastreifen gibt es kein Entrinnen vom Krieg. Das einzige Kraftwerk der Enklave wird in Brand geschossen, Medikamente und Lebensmittel werden knapp.

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© dpa

Gaza/Tel Aviv. Nach der schlimmsten Bombennacht seit Beginn der israelischen Militäroffensive im Gazastreifen macht sich zunehmend Panik und Verzweiflung in der Enklave breit. Am Dienstag wurde auch noch das einzige Kraftwerk von Granaten in Brand gesetzt. Palästinenser und Israelis bezichtigten sich gegenseitig, die Geschosse abgefeuert zu haben. Allein seit Montagabend wurden mehr als 100 Menschen nach Angaben der palästinensischen Rettungsdienste getötet.

In der israelischen Mittelmeermetropole Tel Aviv wurden die Menschen erstmals auch mitten in der Nacht von Luftalarm aus den Betten geholt. Zwei Raketen aus dem Gazastreifen seien nahe Rischon Lezion südöstlich von Tel Aviv eingeschlagen, teilte die Armee mit.

Ein Ende der Gewalt war unterdessen auch drei Wochen nach Beginn der Kämpfe nicht in Sicht. Die radikal-islamische Hamas dementierte eine Mitteilung des PLO-Funktionärs Jasser Abed Rabbo, wonach die militanten Palästinenser-Fraktionen in Gaza einer 72-stündigen Waffenruhe zugestimmt hätten. Das sei erst denkbar, wenn sich auch Israel dazu verpflichte und es internationale Garantien gebe, sagte Hamas-Sprecher Sami Abu Zuhri in Gaza.

Nächtliche Bombardements

In der Nacht hatten schwere Bombardements den Gazastreifen erschüttert. Palästinensische Augenzeugen berichteten, das Militär habe aus der Luft, mit Artillerie und von Kriegsschiffen aus geschossen. Ein Korrespondent der Nachrichtenagentur dpa in Gaza sprach von einer Nacht „voller Horror, Angst und Panik“.

Nach Medienberichten griff die Armee 150 Ziele an, darunter zwei Kommandozentralen der radikal-islamischen Hamas und vier Waffenlager, die sich in Moscheen befanden sowie Hafenanlagen. Auch das Haus des Hamas-Spitzenpolitikers Ismail Hanija wurde getroffen. Der Funktionär und seine Familie waren zu dem Zeitpunkt nicht dort.

Die Zahl der Toten bei israelischen Angriffen im Gazastreifen stieg auf mehr als 1100 Menschen. 6700 wurden verletzt. Die meisten der Opfer seien Zivilisten, teilten die Rettungskräfte mit. Nach Angaben des israelischen Militärs starben 53 israelische Soldaten. Auch drei Zivilisten kamen bei Angriffen militanter Palästinenser ums Leben.

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen kritisierte vor allem den Beschuss von Krankenhäusern im Gazastreifen. Für Kranke und Verwundete sei es aufgrund des intensiven Beschusses ohnehin schwierig, die wenigen funktionsfähigen Krankenhäuser überhaupt noch zu erreichen. Diese seien zudem völlig überfordert. Nicht nur Medikamente, sondern auch Trinkwasser und Nahrungsmittel würden in dem von 1,8 Millionen Menschen dicht besiedelten Gebiet knapp, schrieb die Organisation.

Ungeachtet aller internationalen Appelle für eine Waffenruhe hatte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu eine Fortsetzung der Militäroffensive angekündigt. „Wir werden den Einsatz nicht beenden, bevor wir die Tunnel (der Hamas) zerstört haben“, erklärte er am Vortag in einer Fernsehansprache.

Westen fordert sofortige Waffenruhe

Führende westliche Nationen und die UN fordern hingegen eine sofortige, bedingungslose und humanitäre Waffenruhe. Auch Künstler meldeten sich zu Wort. Der Pianist und Dirigent Daniel Barenboim (71) äußerte sich zutiefst besorgt. „Alle Kriege gehen eines Tages zu Ende. Doch was wird in Israel und Palästina geschehen, wenn dieser Krieg vorbei ist? Den Hass wird keine politische Verhandlung beseitigen können“, sagte der Maestro am Montag (Ortszeit) in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires.

In Spanien warfen mehr als einhundert Künstler, darunter die Hollywood-Stars Penélope Cruz und Javier Bardem, Israel Völkermord vor. In einem offenen Brief verlangen Schauspieler, Musiker, Schriftsteller und Kinoregisseure „einen sofortigen Waffenstillstand“.

Zugleich kam es in verschiedenen Ländern zu Anschlägen auf jüdische Einrichtungen und antisemitische Schmierereien. In Wuppertal schleuderten drei Männer Brandsätze auf den Eingang der dortigen Synagoge. In Rom wurden Drohungen, antisemitische Parolen und Hakenkreuze an Dutzende jüdischer Geschäfte gesprüht. (dpa)