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Mandarinen-Mauschelei bei der Dresdner Tafel?

Die Helfer für Bedürftige wehren sich gegen Kritik an ihrer Ausgabe von Lebensmitteln, bei der die Kritiker mittendrin sind. Auch die Hygiene-Verantwortlichen aus dem Rathaus haben den Verein im Blick.

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© dpa

Von Christoph Springer

Die Tafelkritiker sind mittendrin statt nur dabei. Sie begnügen sich nicht mehr damit, die Arbeit der Helfer als Zuschauer zu beobachten. Sie machen selbst mit oder sind wenigstens vor Ort, wenn bedürftige Menschen bekocht oder Lebensmittel zur Abholung bereitgestellt werden. Beispiele dafür sind der 8. und der 15. Januar. Am 8. Januar unterstützten sie die Mitarbeiter der Aktion Cooking Action Dresden. Gemeinsam mit Flüchtlingen haben die Ehrenamtler damals mit Tafel-Produkten gekocht. Am 15. Januar überprüften die Kritiker die Qualität der Lebensmittel, die an diesem Tag Bedürftigen angeboten wurden. Das Ergebnis waren in beiden Fällen heftige Vorwürfe. Stets monierten die Kritiker die hygienischen Bedingungen, am 15. Januar wurde den Tafel-Kunden aus ihrer Sicht außerdem „absolut verkommene Ware“ angeboten. Die Kochaktion fiel an diesem Sonntag aus, dafür lagen „schlieriger Brokkoli“ und „angefaulte Birnen“ in den Gemüsekisten für die Bedürftigen. Und das „unter freiem Himmel“, berichtete die Ex-Stadträtin Barbara Lässig bei Facebook.

Die Kritik ist auch bei den Tafel-Verantwortlichen angekommen. Sie stellten klar, dass es sich am Sonntag nicht um eine „reguläre Tafelausgabe“ gehandelt habe. Wie bereits bei einer Mitgliederversammlung am 30. November erklärten sie, die Lebensmittelreste vom Sonnabend würden jeweils am darauffolgenden Sonntag ab 15 Uhr zur kostenfreien Mitnahme bereitgestellt. Früher seien diese Reste von Bauern abgeholt worden, um sie zu verfüttern, sagte Tafel-Chef Andreas Schönherr bereits bei der Mitgliederversammlung, bei der auch seine Kritiker im Saal waren. Die Tafel wolle Obst und Gemüse auch dann noch anbieten, wenn es schon etwas unansehnlich ist, so der Tafel-Chef am Mittwoch. „Es gibt unter den Abholern Personen, die Obstsäfte oder Marmelade zubereiten und sonntags, aber auch wochentags, entsprechende Reste haben wollen.“

Auch, dass die Waren dabei im Freien angeboten werden, ist aus Sicht der Verantwortlichen kein Grund zur Aufregung. Sie würden unter einem Vordach auf dem Wirtschaftshof auf Europaletten bereitgestellt, teilte Schönherr mit. Außerdem sei es auch üblich, Lebensmittel wie Gemüse und Obst auf Wochenmärkten im Freien zu präsentieren, gibt er zu bedenken.

Die Hygiene-Verantwortlichen aus dem Rathaus waren in den vergangenen zwei Jahren fast ein Dutzend Mal bei der Tafel zur Kontrolle. Unter anderem Anfang Januar, nachdem die Tafel-Kritiker in einem Abfallcontainer in Folie eingeschweißte Fleisch- und Wurstwaren entdeckt hatten, die entsorgt werden sollten. Zu den Ergebnissen dieser Besuche äußerte sich die Stadt nicht und verwies dabei auf den Datenschutz. Gebe es aber Grund zur Kritik, werde sie im Kontrollbericht festgehalten. Dazu bekommen die Verantwortlichen dann „Anordnungen zur Mängelbeseitigung“, die innerhalb einer festgelegten Frist abgearbeitet werden müssen, berichtete Rathaussprecher Karl Schuricht. Dass die Tafel trotz der aktuellen Kritik weiterarbeiten kann, spricht demnach dafür, dass alle gesetzlichen Regeln berücksichtigt werden.

Das betrifft auch die Ausgabe von mehreren Kisten Mandarinen, die am 5. Januar abgeholt wurden. Dafür bekam die Tafel eine „pauschale Betriebskostenbeteiligung“, wie sie zwischen dem 24. Dezember und dem 14. Januar von allen Abholern kassiert wurde, erklärten die Verantwortlichen. Diese Pauschale betrug fünf Euro für einen mehr als randvollen kleinen Einkaufswagen oder zehn Euro für einen großen. Dass die Mandarinen bei einer Benefiz-Veranstaltung in einem Tanzklub verbraucht werden sollten, sei der Tafel nicht gesagt worden. „Die Abgabe der Lebensmittel erfolgte mit Prüfung der Berechtigung im Rahmen der Mildtätigkeit“, teilte Schönherr mit. Für Aufregung sorgte schließlich, dass sich die Abholer, drei junge Menschen, in den Tafel-Räumen mit den Mandarinenkisten fotografieren ließen, fröhlich lachend und während einer von ihnen mit dem Obst jonglierte. Schönherr weiter: „Wir begrüßen es, wenn Lebensmittelüberschüsse vor der Entsorgung gerettet werden“. Zum Beispiel, für die Verpflegung bei nichtkommerziellen Veranstaltungen.