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Märchenhaftes auf Schloss Burgk

Die Weihnachtsausstellung widmet sich zeitlosen Geschichten – und erklärt, was Schneewittchen mit Freital zu tun hat.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Thomas Morgenroth

Freital. Max und Moritz, diesen frechen Jungs, ist auch gar nichts heilig. Noch nicht einmal das Fest des Friedens und der Freude. Auf Schloss Burgk stehen sie unter dem Weihnachtsbaum am Dorfbach und bereiten die Bescherung für den Schneider Böck vor. Ein schmaler Steg führt über das brausende Wasser zu dessen Haus. Max und Moritz grinsen sich vielsagend an – und sägen „heimlich mit der Säge, ritzeratze!, voller Tücke, in die Brücke eine Lücke“, wie es Wilhelm Busch so treffend reimte.

Drei Künste: Schneidern, Schnitzen und Verführen

Schneider Böck Meister Nadelöhr weiß noch nicht, dass ihm die bösen Buben Max und Moritz gleich einen Streich spielen werden.
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Erzgebirgische Spielzeugstadt In der Firma Naumann entstehen detailverliebte Fachwerkhäuser und Männeln bis hin zur kompletten Bergparade.
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Verführerisches Dornröschen Die Prinzessin schläft mit offenen Augen und wartet auf ihren Prinzen, der sie nach einhundert Jahren endlich erlöst.
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Mit „He, heraus! Du Ziegen-Böck! Schneider, meck, meck, meck!“ locken sie Meister Nadelöhr in die Falle. Seinen Sturz in die Fluten sieht der Besucher der diesjährigen Weihnachtsausstellung zwar nicht. Allerdings regen die aufwendigen Kulissen und die keineswegs böse wirkenden Knaben manchen dazu an, die Geschichte weiter zu erzählen. Auf das brutale Ende, also die Hinrichtung der Buben in der Mühle, dürfen die Erwachsenen ja verzichten, wenn die Zuhörer noch zu klein sind.

Nicht alle Märchen, selbst viele der Klassiker der Gebrüder Grimm, sind heutzutage für die lieben Kleinen geeignet. Der moralische Zeigefinger geriet vor zweihundert Jahren schnell zum handfesten Knüppel: Etwa, wenn Hänsel und Gretel die Hexe bei lebendigem Leibe verbrennen, Rumpelstilzchen Selbstmord begeht, in dem es sich in der Mitte auseinanderreißt, oder Schneewittchens böse Stiefmutter in rotglühenden Eisenpantoffeln solange tanzen muss, bis sie tot zusammenbricht.

Solche Bilder wären natürlich keine Zutaten für eine Ausstellung im Advent. Den Städtischen Sammlungen Freital geht es in seiner Schau „Märchenhaftes auf Schloss Burgk“ vielmehr um die romantische Komponente der Erzählungen, auch um dessen Witz, vor allem aber um positive menschliche Werte wie Fleiß, Liebe und Treue. In mehreren lebensgroßen Schaubildern werden zeitlose Märchen lebendig, wie „Frau Holle“, „Froschkönig“ oder „Rapunzel“, das aus einem Turm den blonden Zopf zur Erde fallen lässt. Ihren Prinz hat sie als Zeichnung an der Wand ihres Zimmerchens hängen. Er heißt Jörg Schlegel und ist der Hausmeister, oder besser: der gute technische Geist des Schlosses Burgk.

Ohne den Herzogswalder Tüftler und Bastler würde es die liebevollen Szenen, die vor allem aus bemalter Coschützer Wellpappe bestehen, nicht geben. Wobei diesmal sogar Museumsleiter Rolf Günther mitgeholfen hat, insbesondere bei der Herstellung der fünfzig güldenen Sterne und Taler für das Märchen „Sternentaler“. Wie das unschuldige Mädchen da unter tiefblauem Himmelsgewölbe ihre Schürze aufhält, das rührt Kindern wie Erwachsenen das Herz an. Was nicht zuletzt an der zauberhaften Figur liegt, die wie die meisten der in der Ausstellung verwendeten Puppen Leihgaben von Michael Gebel aus Freital und Uta Schneider aus Dresden sind.

Verführerisches Dornröschen und grünäugige Hexe

Das verführerische Dornröschen hingegen, das auf seinen Freier, Pardon: Befreier wartet, lockt sonst die Kundschaft in einen Freitaler Erotikladen. Dafür wäre die grünäugige Hexe Baba-Jaga mit ihrer Spitznase wohl weniger geeignet, die in einem Häuschen haust, das auf einem Hühnerbein steht. Gegenüber deckt Schneewittchen den Tisch für sich und die sieben Zwerge. Gegessen wird von feinem Porzellan, verziert mit dem Freitaler Stadtwappen.

Lokalkolorit gibt es zudem in einer Vitrine mit dem in Freital erfundenen Projektor Pouva Magica, der märchenhafte Bilder von gerollten Diafilmen vergrößert. Eine normale Glühbirne, ein einfaches Objektiv und ein Bettlaken reichten aus, um Kinderherzen höherschlagen zu lassen. Das funktioniert übrigens auch heute noch, wie Stadtsprecher Matthias Weigel erzählt, der nach dem Besuch der Ausstellung die eingemottete Technik aus dem Keller holte und seine Kinder damit beglückte.

Schallplatten, Fensterbilder, Scherenschnitte, Gemälde, Handpuppen, mit denen die Kinder spielen dürfen, Pflaumentoffel aus der Sammlung Hanusch sowie erzgebirgische Holzkunst aus Rechenberg ergänzen die Ausstellung, die für Familien bestens geeignet ist. Es gibt sogar einen stolzen Storch, der freilich keine Kinder bringt, weil er eigentlich ein Kalif ist, und einen bunten Teppich, der vielleicht fliegen kann. Sein Treibstoff ist die Fantasie. Ohne diese gäbe es kein einziges Märchen und auch Max und Moritz nicht, die den armen Schneider Böck ins Wasser locken.

Bis 8. Januar auf Schloss Burgk, geöffnet Die bis Fr 13-16 Uhr, Sa/So 10-17 Uhr; 24.12. 10-13 Uhr, 26.12. 10-17 Uhr, 1.1. 13-17 Uhr; 25. und 31.12. geschlossen.