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Märchen mit vielen Mühen

Beharrlich hat Karen Trepte eine Vision umgesetzt. Das Ergebnis: Ihr Sagen- und Erlebnispark SteinReich – und ein Unternehmerinnenpreis.

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© Ronald Bonß

Von Lars Radau

Angefangen hat alles mit einem alten Buch. Auf dem Dachboden fanden Karen Trepte und ihr Bruder Stephan vor etlichen Jahren Aufzeichnungen ihres Großvaters. Der war Chronist „und hat Sagen und Legenden aus der sächsisch-böhmischen Schweiz gesammelt“, erzählt die 39-jährige Unternehmerin. Die Geschichten faszinierten die Geschwister – und die Vision, die schönsten davon in einem Freizeitpark kleinen und großen Gästen auf spielerische und unterhaltsame Art näherzubringen, war geboren.

Doch bis daraus dann tatsächlich die Erlebniswelt SteinReich wurde, die heute auf gut 4 500 Quadratmetern jährlich gut 25 000 Besucher anzieht, waren „Geröllhalden an Hindernissen“ abzuräumen, sagt Karen Trepte. Angefangen bei der Tatsache, dass das Grundstück gleich am großen Parkplatz auf dem Weg zur Bastei ursprünglich einmal fest für ein Hotel verplant gewesen war. Dass Karen Trepte daraufhin „auf die Tippel-Tappel-Tour“ den Stadtrat von Hohnstein und diverse Behörden von ihrem Projekt überzeugen musste – geschenkt. Dass die blonde Brillenträgerin, die in Sebnitz geboren ist und in Görlitz Tourismuswirtschaft und Kulturmanagement studiert hat, bei Finanzierungs-Gesprächen mit Banken öfter das Gefühl hatte, nicht ernst genommen zu werden – längst abgehakt. Dass im heißen Jahr vor der Eröffnung am Karfreitag 2013 gleich zwei Zulieferer Insolvenz anmelden mussten – heute kann Karen Trepte recht entspannt davon erzählen. Zum einen waren das die Sandsteinwerke, die Steinplatten für das Gelände lieferten. Zum anderen war das die Holzbau-Firma von Jürgen Bergmann, dem Schöpfer und geistigen Vater der Kulturinsel Einsiedel. Der lieferte auch etliche Stationen und Häuschen für das SteinReich, der fantasievoll-schräge Stil der Holzbauten ist unverkennbar.

„Wir haben auch heute noch einen guten Draht“, sagt Karen Trepte. Eine Hausbank fand sie schließlich auch – immerhin war es inklusive Fördermitteln der Sächsischen Aufbaubank eine gute Million Euro, die allein bis zum Start in das SteinReich floss. Dass die Hausbank eine Chefin hat, hält Karen Trepte übrigens nicht für einen Zufall. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass sie sich dafür entschied, das Projekt durchzuziehen. „Das war einfach eine Frage der Alternativen: Bleibe ich hier und baue etwas Eigenes auf – oder muss ich aus beruflichen Gründen wegziehen?“ Denn zuvor hatte sie nach dem Studium als freiberufliche Eventmanagerin gearbeitet und mit einer Karriere in der Musikindustrie geliebäugelt – und der Puls beider Branchen schlägt eher nicht in Hohnstein, Ortsteil Rathewalde. Ganz abgesehen davon, sagt Karen Trepte, dass in der Musik-Branche zwar durchaus viele Frauen arbeiten – allerdings kaum welche auf den wirklichen Top-Positionen.

Das Ziel also, die eigene Chefin zu sein, und eine „gewisse Heimatverbundenheit“ – heute lebt die Geschäftsführerin „drei Dörfer weiter“ – führte Karen Trepte zu ihrem SteinReich. Heute ist sie Chefin von fünf fest angestellten Mitarbeitern, in der Saison werden es bis zu zwölf. Im Gespräch ist Karen Trepte freundlich-verbindlich, aber klar in der Ansage. Anders hätte das Wegräumen der Hindernis-Geröllhalden wohl auch kaum funktioniert.

Dass die SteinReich-Chefin kürzlich trotzdem für einen kleinen Moment sprachlos war, lag nicht an ihr. Anfang März war sie Gast einer Gala im Dresdner Art‘otel, bei der Premiere des Unternehmerinnen-Preises „Adelie-Award“. Und obwohl die Abkürzung Adelie für „Anfangen, Durchhalten, Energie, Leidenschaft, Innovation und Erfolg“ steht und damit die Geschichte von Karen Trepte und ihrem SteinReich recht gut zusammenfasst, sie immerhin als eine von mehreren Unternehmerinnen nominiert war, war sie doch überrascht, als sie schließlich als Siegerin auf die Bühne gerufen wurde. „Damit habe ich überhaupt nicht gerechnet.“

Dotiert ist der Preis nicht mit Geld, aber mit jeder Menge Erfahrung: Innerhalb eines Jahres kann Karen Trepte jetzt 15 Coaching-Stunden abrufen – Sparringspartner sind die Mitglieder der Adelie-Jury, darunter Cooolcase-Gründer Christian Michel, Software-Unternehmerin Viola Klein und „Curry & Co“-Gründerin Simone Meyer-Götz. Auf die Gespräche und Kontakte freut sich Karen Trepte. Wie wichtig Netzwerke sind, weiß sie nicht erst seit ihren ersten Schritten als Eventmanagerin. Dass die SteinReich-Chefin im Knüpfen von Verbindungen und Spinnen von gemeinsamen Projekt-Fäden längst Profi ist, zeigt auch ein Blick auf die jüngst überarbeitete Webseite der Erlebniswelt. Seit 2014 ist das SteinReich Nationalparkpartner der Sächsischen Schweiz und als familienfreundliche Einrichtung zertifiziert. Im Foyer des SteinReich-Restaurants hat Karen Trepte zudem eine kleine Tourist-Information eingerichtet, an der Gäste Empfehlungen für Wanderungen und Ausflüge, Restaurants und Übernachtungsmöglichkeiten in der Umgebung bekommen können. Dort liegen auch Flyer und Prospekte mehrerer Freizeitanbieter, mit denen Karen Trepte auf dem kleinen Dienstweg kooperiert – etwa dem Marie-Louise-Stolln in Berggießhübel. Die SteinReich-Chefin kann sich gut vorstellen, aus dem kleinen Dienstweg auch eine Art offizielle Kooperation von Freizeitanbietern in der Region zu machen. Wenn man Hand in Hand arbeite, sich etwa bei Flyern, Webseiten, Print- und Online-Auftritten unterstütze oder Aktivitäten bündele, könne man auch die überregionale Präsenz erhöhen. „Es geht um Sichtbarkeit“, betont Karen Trepte.

Um die kämpft sie auch gerade für ihr eigenes Unternehmen. Rein theoretisch nämlich ist das SteinReich sehr leicht zu finden – Interessenten können schon vom Dresdner Stadtrand den offiziellen braunen touristischen Hinweisschildern zur Bastei folgen. In der Praxis erweist es sich als deutlich schwieriger, für einen kommerziellen Betrieb Wegweiser und Werbetafeln mit dem Logo aufzustellen. „Das ist eine echte Herausforderung“, sagt Karen Trepte. Schließlich ist es ihr Ziel, dass in naher Zukunft jährlich 30 000 Besucher den Weg ins SteinReich finden.

Immerhin: Mehr als 70 Prozent der Gäste kommen mittlerweile von weit außerhalb, wie das Gästebuch zeigt. Und wer weiß, vielleicht wird Karen Trepte eines Tages mit der alten Schreibmaschine ihres Großvaters, die im SteinReich einen Ehrenplatz hat, den Geschichten der Region die ihres eigenen Unternehmens hinzufügen.

www.steinreich-sachsen.de