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Macht mal Pause!

Dresdens Pferdefuhrwerksbetriebe sollen strengeren Regeln folgen. Nur eine Hürde ist noch zu überwinden.

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© Eric Münch

Von Franz Werfel

Laut klappern die Hufeisen über das Kopfsteinpflaster der Dresdner Altstadt. Oma und Opa Brückner aus dem Vogtland besuchen ihre Enkelinnen Lea und Maira in der Stadt. Während sie die Fahrt genießen, haben die Pferde von Kutscher Rolf Sterzel schwer zu ziehen – immerhin eine Tonne. Stute Bibi und Wallach Don selbst wiegen jeweils rund 700 Kilo.

Mit ihrer Last liegen sie aber voll im Limit der neuen Dresdner Leitlinien für Kutschbetriebe. Diese hat das Veterinäramt gemeinsam mit den Betreibern entwickelt, um den Tierschutz zu verbessern. Nun soll der Stadtrat entscheiden.

Zwar müssen alle zugelassenen Betriebe das Tierschutzgesetz einhalten. Die Fachleute des Veterinäramtes überprüfen dies regelmäßig. Nur dann bekommen die Halter die Zulassung für ihre Fuhrwerke. Den Dresdner Grünen ging die bundesweite Tierschutzverordnung aber nicht weit genug. Auf ihre Initiative hin beschloss der Stadtrat im Jahr 2012, neue Leitlinien aufzustellen. Als Vorbild hatten die Grünen Berlin im Blick.

Nach der neuen Regelung dürfen Fuhrbetriebe ihre Tiere unter anderem nur neun Stunden täglich anspannen. Zudem müssen die Kutscher den Pferden nach jeder Fahrt 15 bis 20 Minuten Pause gönnen. So können sie ungestört Wasser trinken.

Jetzt beraten die Stadtratsausschüsse über das Konzept. Stimmen alle zu, könnten die Leitlinien bereits bei der Sitzung am 11. Dezember im Stadtrat verabschiedet werden. Und anschließend in Kraft treten.

Dann müsste jedes Fuhrunternehmen einen Vertrag über eine freiwillige Selbstverpflichtung mit der Stadt unterschreiben. Hält es sich an die strengeren Richtlinien, darf es das Siegel „Dresdner Leitlinien für Pferdefuhrwerksbetriebe“ führen. Bei Verstößen würde dies wieder aberkannt.

Fuhrunternehmerin Cornelia Urban hat die neuen Leitlinien gemeinsam mit der Stadt entwickelt. Ihre Tiere stammen aus Belgien und Frankreich. Jedes von ihnen kostet mindestens 5 000 Euro. Die Ausbildung zum Kutschpferd dauert drei bis vier Jahre. Urban möchte, dass die Tiere so lange wie möglich durchhalten. Deshalb hat sie überhaupt kein Interesse, ihre Pferde zu schinden. „Wir sind auf sie angewiesen und pflegen sie auch entsprechend“, so Urban. Gerade die Fuhrwerksbetriebe hätten sich in der Vergangenheit für höhere Qualitätsstandards in der Pferdehaltung eingesetzt. Deshalb ärgere sie, wenn Passanten oder Tierschutzorganisationen sich über ihre Arbeit beschweren. „Ein Pferd ist immer auch ein Arbeitstier, das eingesetzt werden will“, sagt sie.

Der Grünen-Stadträtin Kerstin Harzendorf geht die neue Beschlussvorlage noch nicht weit genug. So seien die Pausenzeiten zu unverbindlich: „Weder ist geregelt, dass die Pausen an einem schattigen oder überdachten Stellplatz erfolgen sollen, noch dass eine ungestörte Futteraufnahme ermöglicht werden muss“, erklärt sie. Ihre Fraktion will sich deshalb in den Ausschüssen dafür einsetzen, die Leitlinien weiter zu verschärfen.

Entspannt blickt Fuhrwerksbetreiber Axel Gürntke den neuen Regelungen entgegen. Sein Betrieb erfülle schon jetzt alle Anforderungen. Auf das neue Siegel freut er sich. „Wir Kutscher wollen das haben, damit auch die Touristen sehen: Unsere Arbeit ist von der Stadt gewünscht.“ Für seine sechs Kutschen braucht Gürntke 24 Pferde, da er jedes Pferd nur fünf Stunden täglich einsetzt. Auch deshalb macht Kutscher Rolf Sterzel die Arbeit so viel Freude – die meisten Menschen fänden es schön, dass es die Pferdekutschen im Dresdner Stadtbild gibt. Die zweijährige Maira ist bei der zuckeligen Kutschtour übrigens eingeschlafen. Was bestimmt nicht an Sterzels charmanten Ausführungen über sein Dresden lag.