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Mach mit, mach’s nach, mach’s besser

Bei dieser Fernseh-Legende aus DDR-Zeiten hatten Görlitzer Schüler dank ihrer guten Sportlehrer viel mitzureden.

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© Archivfoto: SZ/Brühl

Von Rainer Menzel

Görlitz. Auf die Plätze, fertig, los! Wenn mit diesem simplen Startkommando am Sonntagvormittag im DDR-Kinderfernsehen die Reihe „Mach mit, mach's nach, mach's besser“ begann, waren die jungen Zuschauer aus dem Häuschen. Die sportlichen Teilnehmer bei der jeweiligen Aufzeichnung zuvor waren das noch mehr. Nicht nur die Mädchen und Jungen, die um Siege kämpften, sondern auch ihre unzähligen Klassenkameraden, die jedes Mal, wenn schließlich der Abspann begann, vor Begeisterung winkend noch einen Blick in die laufende Kamera erhaschen wollten.

Bei einer Fernsehaufzeichnung in Görlitz kämpfte in den 1980er Jahren auch die 22. POS in originellen Runden um den Sieg.
Bei einer Fernsehaufzeichnung in Görlitz kämpfte in den 1980er Jahren auch die 22. POS in originellen Runden um den Sieg. © Sammlung Schermann
Schnappschuss einer Sendung aus Görlitz: Adi im Gespräch mit dem Kunnersdorfer Bernfried Baron.
Schnappschuss einer Sendung aus Görlitz: Adi im Gespräch mit dem Kunnersdorfer Bernfried Baron. © Rainer Kitte (1984)

Millionen von Zuschauern zog Adi mit seiner Sendung in den Bann. 333 einstündige Sendungen strahlte der Deutsche Fernsehfunk zwischen 1964 bis 1991 aus, dazu kamen noch ein paar etwas längere Sonderausgaben, etwa vom Waldstrandbad Großschönau. Görlitz war sehr oft Ziel der großen hellblauen Übertragungswagen. Bekannt durch die vielen Sendungen aus der Stadthalle fand auch Adi sich hier bestätigt, später dienten aber auch Turnhallen der Schulen als Sendeorte. Mit drei bis fünf Kameras und seit 1971 in Farbe wurde großer technischer Aufwand getrieben. Leider sind im Deutschen Rundfunkarchiv nur sehr wenige Sendungen von „Mach mit, mach's nach, mach's besser“ erhalten. Eine Recherche zu Görlitzer Aufzeichnungen wurde leider ergebnislos abgebrochen, sehr schade, weil allein schon bei der ersten Görlitzer Übertragung 1965 die überfüllte Stadthalle vor Begeisterung förmlich bebte. Damals hatte sich die 15. POS aus der Südstadt mit dem verdienstvollen Sportlehrer-Ehepaar Brösicke an der Spitze für einen Fernsehplatz qualifiziert.

Hatten das Görlitzer geschafft, reisten sie auch in andere Städte. Kurios dabei war, dass ausgerechnet das letzte Finale gleich zwei Görlitzer Teams ins Rennen schicken konnte. Und so lieferten sich dann stolz die 8. (Weinhübel) und die 21. (Königshufen) Polytechnische Oberschule (POS) einen ziemlich heftigen Kampf im TV-Austragungsort Zittau. Die 21. POS siegte.

Stets gab es etwa zehn sportliche, aber unterhaltsam aufgepeppte Disziplinen, bevorzugt mit Laufspielen, Korbballwerfen, Tauziehen, Hindernisbahnen, Schlängelläufen und Geschicklichkeitstests. Mit über den Sieg entschieden Balance, Schnelligkeit und motorisches Können. Die Theorie fehlte nicht und mischte die Praxis munter mit einer „Wissensrunde schnell und hell“ auf. Auch ging es heiter zu, Adi scherzte mancherlei mit seinen oft wechselnden jugendlichen Co-Moderatorinnen, es gab Slapstick ebenso wie manchen Gesang.

Die Sendereihe war als Turnier aufgebaut. Die Sieger kamen eine Runde weiter. Die Gesamtsiegermannschaft, die alle zwei Jahre ermittelt wurde, erhielt einen Wanderpokal des Nationalen Olympischen Komitees der DDR. Auch die Görlitzer Schüler mit ihren Schulmannschaften wurden in den Klassenstufen 1./2. und 3./4. von diesem „Mach-mit-Fieber“ erfasst und kämpften jedes Jahr um den begehrten Pokal der lokalen Volksbildung. Dafür schrieben die Sportlehrer der Stadt Wettbewerbe aus. In Vor- und Zwischenrunden konnten sich die besten Wettkampfmannschaften, bestehend aus je fünf Mädchen und Jungen, für das Görlitzer Finale in der Stadthalle oder der Sporthalle Rauschwalde qualifizieren. Da später auch Kindergartenteams beteiligt waren und die Mütter, Väter und Großeltern stimmungsvoll ihre Sprösslinge anfeuerten, war oft nicht das eigene Wort in den Hallen zu verstehen. Die Abschlussstaffel mit doppelter Punktwertung war zuletzt oft das „Zünglein an der Waage“.

Dieses große Engagement der Görlitzer Sportlehrer trug mit dazu bei, dass sich hiesige Klassen für die Fernsehduelle empfahlen. Bis eine Schulmannschaft sich für das telegene Spiel mit Adi durchgekämpft hatte, waren mehrere Gegner zu besiegen. So trafen Görlitzer Kinder scharenweise auf „Gegner“ aus allen Teilen der DDR. Da war dann eine Niederlage vor laufender Kamera besonders bitter: Ausgerechnet einem Schulleiter versagten bei einem Korbballwerfen die Nerven, und der Ball tanzte zwar auf dem Korbring, aber nicht im Netz. Adi kommentierte das mit Witz.

Überhaupt war Adi die zentrale und ungemein populäre Figur der Sendereihe. Sein Ziel war es, spielerisch den olympischen Gedanken sowie Spaß am Sport zu fördern. Der Schauspieler und Moderator Adi, eigentlich Gerhard Adolph, geboren 1937, war selbst aktiver Leichtathlet. Zum Beispiel erkämpfte er sich als Mitglied des Sportvereins ASK Vorwärts Berlin mehrere Titel als bester Geher der DDR und nahm auch an internationalen Wettkämpfen teil. Die DDR ehrte ihn dafür mit dem Titel „Verdienter Meister des Sports“.

Ihm zur Seite stand der Schöpstaler Sportlehrer Bernfried Baron. Der Mann aus Kunnersdorf war nebenberuflich Sportreporter im DDR-Fernsehen und wurde seiner sonoren Stimme wegen gern als Sprecher eingesetzt. Bei „Mach mit, mach's nach, mach's besser“ stand er der Jury vor. Und der Sportlehrer aus dem Görlitzer Umland wurde jahrzehntelang auch in allen damals sozialistischen Staaten bis hin nach Sibirien bekannt, denn diese Sendung strahlten monatlich alle in der „Intervision“ zusammengeschlossenen Staaten aus.

Bei einem Besuch in Görlitz gestand Adi, leider eines nicht erreicht zu haben: In Planung war einmal ein „Kessel Buntes für Kinder“ unter seiner Leitung, der dann aber doch nicht zustande kam. Dafür griff die DDR-Gewerkschaft FDGB Adis Spielkonzeption auf und rief für die Belegschaften in den Betrieben „Mach mit – bleib fit“ ins Leben. Und nach 1990 wurden auch die Schülerwettbewerbe noch erweitert. Zwar ohne Fernsehen, aber mit nicht weniger Freude gibt es noch immer beliebte „Mach-mit“-Wettbewerbe in den Sportkalendern auch an Görlitzer Grundschulen.

Mitarbeit: Ralph Schermann