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Luther und fünf wertvolle Schriften

Jetzt ist es raus: Der spätere Reformator muss 1516 in der Stadt gewesen sein. Damals war die Lateinschule sehr bedeutend.

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© Kristin Richter

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Großenhain. Martin Luther war 1516 in Großenhain! Diese Neuigkeit vom Vorabend der Jubiläumsfeierlichkeiten im Museum lässt die Heimatfreunde aufhorchen. Herausgekommen ist das Ganze durch den Oschatzer Heimatforscher und Lutherkenner Robert Schmidt.

Der Oschatzer hat herausgefunden, dass Martin Luther als Augustiner-Eremit von 1515 bis 1518 auf Visitationsreisen in den Klöstern des Kurfürstentums Sachsen unterwegs war. 1516, so Schmidt, brach er von Wittenberg über Herzberg nach Dresden auf. „Er könnte dabei von Oschatz über Meißen oder Großenhain nach Dresden gekommen sein“, so Robert Schmidt. Im Abstand von etwa 30 Kilometern musste er übernachten, und das sollte der Mönch möglichst in Häusern der Augustiner.

Laut Kai-Uwe Schwokowski, dem Großenhainer Museumsvereinschef, hatte Großenhain mit dem späteren Bayrischen Hof eine sogenannte Terminei, also ein Gästehaus der Pauliner-Mönche. Ein Sandsteinrelief an diesem Gebäude Gabelsberger Straße 1 – heute Praxis der Hebamme Mareen Bunzel – trägt die Jahreszahl 1537. Auch die Augustiner hatten so ein Gästehaus. Luther hat also wahrscheinlich in einer der Mönchsherbergen übernachtet. Die Terminei wurde 1429 errichtet.

Schulleiter war bekannter Humanist

So hat die Lutherzeit in Großenhain Spuren hinterlassen. Das zeigt auch das Museum in der Alten Lateinschule, welche ebenfalls seit etwa 1500 besteht. Vor der Reformation wurde hier auf sehr hohem Niveau unterrichtet. Anlässlich der Feier zum 110-jährigen Bestehens des Museums erinnerte Festredner Prof. Dr. Christoph Fasbender von der TU Chemnitz gestern an den bedeutsamen Ruf des Hauses. Schulleiter Matthäus Calidonius Lupinus war ein bekannter Humanist jener Zeit, das lockte nachweislich sogar Schüler aus Nürnberg nach Hayn, wie Großenhain damals hieß.

Eine kleine Reformations-Ausstellung zeigt seit gestern Schulhefte, die über 500 Jahre alt sind! Im Stadtarchiv fand sich das Fragment einer Handschrift, ein Lehrgedicht zur lateinischen Grammatik. Das seltene Stück wird sogar ins 15. Jahrhundert zurückdatiert. Weitere Schultexte konnten aus Klosterneuburg, Luxemburg, Zwickau und Görlitz besorgt werden, sie haben einen Hinweis auf Großenhain. Das kleine Bornkindl, eine Tonfigur, liegt auf Samt in einer Vitrine und träumt von Zeiten, als man noch nichts vom Protestantismus wusste. Eine große attraktive Notenhandschrift für Stundengebete der Mönche und Nonnen wurde 1960 in der Marienkirche gefunden. „Ein wertvolles Pergament“, urteilt Museumsleiter Jens Schulze-Forster.

Solche äußerst interessanten und raren Ausstellungsstücke machen aber noch kein erfolgreiches Museum. Das jedoch ist quasi das Herz oder der geschichtliche Kern jeder Stadt. Schulze-Forster nannte deshalb drei Erfolgsfaktoren für seine Einrichtung: interessierte Besucher, einen aktiven Freundeskreis bzw. Förderverein und den politischen Willen der Stadt, ein Museum als unverzichtbar zu erhalten.