Merken

Lückendorf und die Kaiser

Zum Gablerstraßen-Spektakel am Sonntag erwartet der kleine Ort im Zittauer Gebirge wieder hohen Besuch. Dabei wird auch das Dorf verkauft.

Teilen
Folgen
NEU!
© SZ-Archiv/Sampedro

Von Mario Sefrin

Lückendorf. Zwei Kaiser gleichzeitig zu Besuch – in Lückendorf ist das mittlerweile eine Tradition. Mögen auch große Städte wie Hamburg Treffen führender Staatschefs der Welt vorbereiten: In Lückendorf freut man sich, einmal im Jahr Kaiser Karl IV. und Kaiser Napoleon einen gebührenden Empfang zu bereiten. So auch am kommenden Sonntag wieder, wenn der Oybiner Ortsteil zum 13. Gablerstraßen-Spektakel einlädt. Mittlerweile ist es in dem kleinen Ort im Zittauer Gebirge auch zu einer Tradition geworden, die beiden Kaiser, aber auch die vielen Besucher des Spektakels mit der jahrhundertealten Geschichte des Ortes vertraut zu machen. In diesem Jahr soll dabei eine besondere Stunde Lückendorfs beleuchtet werden: der Verkauf des kleinen Ortes im Jahr 1404 von den Herren von Wartenberg auf Lemberg und Blankenstein an die Stadt Zittau, die damals auch den Beinamen „die Reiche“ trug. Für 100 Mark Zittischer Zahl wurde Lückendorf damals an Zittau verkauft – mit Mensch und Vieh, Feld und Wald. Zwar verlor die Stadt Lückendorf im Zuge des Oberlausitzer Pönfalls im Jahr 1547, doch schon 1554 kaufte Zittau den Ort neben anderen, wie Dittelsdorf und Waltersdorf erneut.

Dass solche Details der Lückendorfer Ortsgeschichte mittlerweile alljährlich beim Gablerstraßen-Spektakel einer breiten Öffentlichkeit präsentiert werden, ist den Organisatoren des Festes zu verdanken. Viele von ihnen sind verständlicherweise selbst Lückendorfer. Es sind Leute wie Hartmut Köckritz vom Lückendorfer Fremdenverkehrsverein. „Nachdem wir in den Anfangsjahren des Gablerstraßen-Spektakels unser Augenmerk mehr auf die Straße und deren Bedeutung als Teil der Verbindung Ostsee–Prag–Mittelmeer gelegt haben, wenden wir uns seit wenigen Jahren der Ortsgeschichte zu“, sagt Hartmut Köckritz. Er ist, neben einigen anderen Lückendorfern, in dieser Hinsicht besonders beflissen, sucht nach historischen Ereignissen und interessanten Begebenheiten. So wie den Verkauf Lückendorfs an die Stadt Zittau, auf den Köckritz in der „Kurzen Geschichte der Kirchgemeinde Lückendorf“ fündig geworden ist, verfasst 1904 von Pfarrer Oskar Sauppe.

Das zweite große Thema, auf das beim diesjährigen Gablerstraßen-Spektakel eingegangen wird, ist die Burgruine Karlsfried, eine alte Zoll- und Geleitburg an der Gabler Straße, auf halbem Weg zwischen Eichgraben und Lückendorf gelegen. Um die Überreste der lange unbeachteten Burg kümmern seit einiger Zeit die Mitglieder des Zittauer Geschichts- und Museumsvereins, welche das Burgareal unlängst vermessen und mit einer Drohne aus der Luft fotografiert haben und damit ein dreidimensionales Computermodell erstellen wollen. Mit den Digitalfotos soll aber auch auch eine Grundlage für die Vorbereitung und Planung von Sicherungs- und Erhaltungsmaßnahmen geschaffen werden. Da passt es gut, dass die Organisatoren des Gablerstraßen-Spektakels auch für den Karlsfried ein passendes Datum in der Geschichte gefunden haben: Vor 660 Jahren hat Kaiser Karl IV. die Zoll- und Geleitburg ihrer Nutzung übergeben. Anlässlich dieses Ereignisses soll zum Spektakel am Sonntag auch ein neuer Gedenkstein eingeweiht werden, der die Umrisse der Burg und die beiden Jahreszahlen 1357 und 2017 zeigt. „Der Stein wird gegenüber der Alten Schmiede an der Gabler Straße seinen dauerhaften Platz finden“, sagt Hartmut Köckritz. Dort wird am Sonntag auch Kaiser Karl IV. den Stein begutachten können – genauso wie Kaiser Napoleon, der das Lückendorfer Fest am Nachmittag beehrt. Er besucht den Ort 210 Jahre nach der Schlacht bei Friedland und dem nachfolgenden Tilsiter Frieden.

Neben dem Programm mit Kaisern, Soldaten und Landsknechten warten am Sonntag natürlich auch wieder Handwerker, Händler und Wirtsleute im Lückendorfer Niederdorf auf viele Besucher. Bis zum späten Nachmittag herrscht an der Gabler Straße wieder buntes Treiben. Und ist das Fest dann vorbei, setzen sich die Organisatoren und Mitstreiter des Spektakels erneut zusammen, um in der bewegten Geschichte des kleinen Ortes Lückendorf zu stöbern. Denn das nächste Gablerstraßen-Spektakel kommt bestimmt – und auch dann sollen die Besucher des Festes wieder gut unterhalten werden.