Merken

Löst die Südumfahrung Pirnas Stauproblem?

Laut einer Prognose wird das Verkehrsaufkommen in der Stadt bis 2025 dramatisch steigen. Abhilfe ist aber in Sicht.

Teilen
Folgen
NEU!
© Archiv: Daniel Förster

Von Thomas Möckel

Pirna. Als vergangene Woche klar war, dass die Gelder für Pirnas Südumfahrung freigegeben werden, setzte eine wahre Jubelarie ein. Von einer großartigen Nachricht für eine großartige Region war die Rede, aus sehsüchtiger Hoffnung sei endlich Gewissheit geworden, für Pirna sei das eine wunderbare Botschaft. Fast ein wenig ins Hintertreffen geriet dabei, welchen Sinn und Zweck die Tagente einmal erfüllen soll, die Pirna im Süden schneidet und das Stadtbild gewaltig verändern wird. Der knapp vier Kilometer langen Trasse, die einmal vom Autobahnzubringer zur alten B172 zwischen Sonnenstein und Krietzschwitz führen soll, werden gleich mehrere vorteilhafte Funktionen zugeschrieben. Laut des CDU-Bundestagsabgeordneten Klaus Brähmig könnten Touristen künftig komfortabler an- und abreisen, der Tourismus in der Sächsischen Schweiz würde davon kräftig profitieren.

Die parteiübergreifende Bürgerinitiative „Pro Sächsische Schweiz – Südumfahrung Pirna jetzt“ argumentiert, mit der Straße werde die Region auch attraktiver für Investoren aus der Wirtschaft. Aus Sicht der Stadt sei die Südumfahrung überdies bedeutsam für Berufspendler. Und einig sind sich alle, wenn es wohl um die Hauptfunktion der Ortsumgehung geht: Sie soll vor allem die jetzige B172 vom Verkehr entlasten und vom Stau befreien. Nach Auskunft des Rathauses ist die Südumfahrung ein wesentlicher Bestandteil des Verkehrsentwicklungsplanes 2030. Ohne diese Strecke, so die Stadt, lasse sich das Konzept nicht umsetzen. In dem Papier ist verankert, den Durchgangsverkehr aus der Innenstadt herauszudrängen, damit das Zentrum nicht einen verkehrstechnischen Kollaps erleidet. Denn die Vorhersagen verheißen nichts Gutes.

Beim Blick auf Pirnas Straßennetz lässt sich schon jetzt erkennen, dass mit der B172 eine hoch belastete Fernverkehrsachse durch das Stadtgebiet verläuft. Nach der Analyse von Verkehrsexperten fahren derzeit im Durchschnitt 28 000 Fahrzeuge innerhalb von 24 Stunden über die B172 östlich der Sachsenbrücke. Östlich der Breiten Straße sind es noch immer 24 000 Fahrzeuge, der Strom teilt sich dann auf dem Sonnenstein in Richtung Struppen und in Richtung Königstein auf. Weil die topografischen Verhältnisse in der Stadt schwierig sind – vor allem im Bereich der Serpentinen zum Sonnenstein – und darüber hinaus Alternativrouten fehlen, kommt es auf der B172 regelmäßig zu Staus. Laut der Verkehrsplaner sei dies hauptsächlich während des Berufsverkehrs und an Wochenenden mit hohem Ausflugsverkehr zu beobachten. Die Folge: Der Verkehr wird auf andere Strecken verdrängt, der Schleichverkehr auf Nebenstraßen nimmt zu – was wiederum Fußgänger und Radler gefährdet. Bliebe alles wie gehabt, sind die Prognosen düster.

In ihrer Analyse von 2012 haben die Verkehrsplaner errechnet, dass sich das Verkehrsaufkommen bis 2025 auf etwa 30 000 Fahrzeuge je 24 Stunden auf der B 172 erhöhen könnte. Pirna wäre in einem solchen Fall einem Verkehrsinfarkt nahe, die momentane Situation würde sich dramatisch verschärfen. Laut der Experten ließe sich die Lage einzig mit dem Bau der Südumfahrung verbessern. Existiert diese Strecke, so würde sich das Verkehrsaufkommen auf der B172 den Vorhersagen zufolge halbieren. Nur noch reichlich 14 000 Fahrzeuge würden dann innerhalb von 24 Stunden über die Innenstadtstrecke fahren. Die Analysten kommen in ihrer Expertise zu dem eindeutigen Schluss: Der Bau der Südumfahrung ist für Pirna unverzichtbar.

Allerdings brauchte es Jahrzehnte, ehe aus dieser Idee nun Wirklichkeit wird. Nach Auskunft der Stadt bezogen sich die ersten Verkehrskonzepte bereits auf Planungen zu DDR-Zeiten mit diversen stadtnahen Varianten, um die Bundesstraße zu entlasten. Von 1994 bis 1997 wurden verschiedene Verkehrslinien untersucht. 2001 wurde der derzeitige Linienentwurf festgelegt, das Bundesverkehrsministerium bestätigte ihn 2004. Ab 2005 ließ man die Trassenführung konkretisieren, Aspekte wie Umweltschutz, Verkehrsplanung und Wirtschaftlichkeit flossen mit ein. Im September 2005 stand die Route mit Tunnel durch den Kohlberg und hoher Brücke über das Gottleubatal. Das sächsische Wirtschaftsministerium gab 2009 sein Einverständnis zu diesem Entwurf, er bildete die Grundlage für den Planfeststellungsbeschluss im November 2015 und das daraufhin erlassene Baurecht für die Trasse.