Merken

Löhne in bar ausgezahlt

Ein Mann soll in seiner Firma Geld unterschlagen haben. Von kreativer Buchführung kann keine Rede sein. Es gab keine.

Teilen
Folgen
© Symbolbild/dpa

Jürgen Müller

Meißen. In dieser kleinen Firma in einem ländlichen Meißner Ortsteil geht es offenbar drunter und drüber. Nach dem Motto „Nur Bares ist Wahres“ wird hier fast alles in bar bezahlt. Dagegen ist im Grunde nichts einzuwenden. Nur: Es gibt nicht mal ein Kassenbuch, in dem Ein- und Auszahlungen festgehalten werden. Alles wird nur auf Zetteln notiert. Und auch Ausgaben wie das Betanken des Lkw werden cash bezahlt. Es gibt zwar ein Fahrtenbuch, aber darin wird nichts eingetragen. So kann nicht mal von kreativer Buchführung die Rede sein. Es gibt schlichtweg keine.

Da scheint es naheliegend, dass eine solche Misswirtschaft geradezu zur Selbstbedienung einlädt. Und genau deswegen sitzt einer der beiden früheren Gesellschafter jetzt vor Gericht. Er hatte die Firma mit einem anderen Mann einst als Gesellschaft Bürgerlichen Rechts gegründet, war dann aber ausgeschieden. Als der verbliebene Gesellschafter wegen Krankheit lange ausfällt, führt der andere die Geschäfte weiter.

Und genau in dieser Zeit soll er von einem Kunden eine Zahlung von 4500 Euro in bar entgegengenommen, das Geld aber nicht weitergeleitet haben. Der Kunde gab das Geld dem Mann, weil er glaubte, dieser sei immer noch Mitgesellschafter. Wegen Unterschlagung sitzt der nun vor Gericht. Und nicht nur das. Die Firma, die in der Baubranche angesiedelt ist, hat nicht nur keine funktionierende Buchführung, sondern auch keine Fahrer mehr. Die wurden entlassen, weil sie wegen Trunkenheit ihre Führerscheine abgeben mussten. Und so springt der heute 70-jährige Vater des früheren Gesellschafters ein. Fünf Jahre lang will er für die Firma mehr oder weniger regelmäßig gefahren sein, und das, ohne jemals einen Cent dafür zu erhalten. Dann, als er merkt, dass die Firma den Bach runtergeht, stellt er plötzlich eine Rechnung über 3500 Euro. „Ich wollte wenigstens für die letzten sechs Monate Geld haben“, sagt der Rentner. Und bekommt es von seinem Sohn ausgezahlt. In bar, wie sonst. Der Sohn habe versucht, den Firmeninhaber anzurufen, doch der sei über längere Zeit nicht erreichbar gewesen.

Inzwischen ist die Firma – wen wundert´s – insolvent. Der ehemalige Inhaber bringt vor Gericht weitere schwere Vorwürfe gegen seinen früheren Kompagnon vor. So habe dieser im Jahr 2009 insgesamt 51000 Euro vom Firmenkonto abgehoben. Dem gegenüber hätten aber nur Ausgaben von 13000 Euro gestanden. „Wo das andere Geld hin ist, weiß ich nicht“, sagt der Mann. Für welche Leistungen der Rentner eine Rechnung über 3500 Euro ausgestellt habe, wisse er nicht. Auch anderes weiß er nicht. Der Chef kennt nicht mal grob den jährlichen Umsatz seines Unternehmens.

Der Verteidiger spricht von einem „unglücklichen Firmenkonstrukt“, und das ist sicher sehr freundlich formuliert. Der Vorwurf, dass der Angeklagte 4500 Euro in bar in Empfang genommen und nicht abgerechnet habe, sei jedenfalls nicht nachzuweisen, so der Richter. Er spricht den Angeklagten frei. Die Firma habe von der Hand in den Mund gelebt, es habe nicht mal eine Tankkarte gegeben. Nahezu alles, selbst teilweise die Löhne, seien in bar ausgezahlt worden. Von dem eingenommenen Geld seien vom Angeklagten Rechnungen bezahlt worden, so auch die Forderung des Vaters. Die sei nach fünf Jahren ohne Lohn berechtigt gewesen. Der Rest des Geldes sei für das Tanken draufgegangen.