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Löhne in Asien steigen rasant - Hersteller spüren Kostendruck

In Asien schießen die Arbeiterlöhne in die Höhe. Europäische Hersteller spüren den Preisdruck. Sie wollen höhere Kosten durch Effizienz kompensieren. Die Entwicklung hat auch positive Seiten.

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Von Peter Janssen und Christiane Oelrich, dpa

Bangkok. Billiglöhne in Asien - das war jahrelang die Garantie für T-Shirts, Schuhe und selbst Elektronik zu Spottpreisen für Verbraucher in den Industrieländern. Doch die Zeiten ändern sich, überall steigen die Löhne. „Es ist noch nicht das Ende der niedrigen Löhne in Asien, aber mit Sicherheit das Ende der lächerlich niedrigen Löhne“, sagt Malte Luebker, Lohnspezialist bei der UN-Arbeitsorganisation (ILO) im Regionalbüro in Bangkok.

Im Vergleich zu Europa und den USA sind die Löhne immer noch niedrig: Auf den Philippinen verdient eine Fabrikarbeiterin nach ILO-Angaben im Schnitt 95 Euro im Monat, in den USA 2.750 Euro und in der Schweiz 3.680 Euro. Aber die Löhne in Asien haben sich in zehn Jahren inflationsbereinigt verdoppelt. Jetzt gibt es neue Anstiege.

China hat die Mindestlöhne in seinen Produktionszentren Guangzhou and Shenzhen gerade um 19 Prozent angehoben, auf knapp 200 Euro im Monat. In Hongkong bekommen Arbeiter jetzt sieben Prozent mehr, mindestens drei Euro die Stunde. Auch Chinas Konkurrenten im Kampf um Investoren schlagen auf: Thailand erhöhte den Mindestlohn pro Tag Anfang des Jahres um 65 Prozent auf 7,80 Euro. Malaysia schlug 50 Prozent auf und garantiert jetzt 228 Euro im Monat. Indonesien schlug 40 Prozent auf 173 Euro auf.

„Wir sind über unsere Lieferanten von steigenden Löhnen betroffen“, sagt der Sprecher des Essener Schuhhändlers Deichmann, Ulrich Effing. „Wir versuchen, die Kostensteigerung teilweise durch Mengenwachstum zu kompensieren.“ C&A setzt auf Steigerung der Effizienz. „Wir schauen, wie in Betrieben Prozesse beschleunigt und Doppelarbeit vermieden werden kann“, sagt Sprecher Thorsten Rolfes. Beide betonen, die Preise stabil halten zu wollen. Kik Textilien und H&M wollten sich nicht äußern.

Die Karawane wandert immer weiter

Um Kostensteigerungen aufzufangen, automatisiert der weltgrößte Auftragsfertiger Foxconn, der in China für Apple und andere Handys und andere Elektronik baut, so viele Prozesse wie möglich. Zudem zieht das Unternehmen mit neuen Fabriken immer weiter in die Provinz. Da sind die Löhne noch billiger. Andere Hersteller weichen nach Bangladesch, Kambodscha, Indonesien oder Vietnam aus. „Die Karawane ist immer weiter gewandert, aber ich denke, wir haben das Ende nun erreicht“, sagt Rolfes. Und Effing verweist darauf, dass eine Verlegung der Produktion nicht ohne weiteres möglich ist. „Dazu gehört ja eine komplexe Infrastruktur.“ Etwa Zulieferer, sagt Rolfes.

„Die Löhne steigen, aber die Einkäufer wollen keinen Cent mehr bezahlen“, beklagt Purnomo Narmiadi, Chef des Arbeitgeberverbandes in der Region Bekasi in Indonesien, wo Tausende Fabrikarbeiter nähen. „Sie drohen mit der Abwanderung nach Vietnam.“ Auch dort steigen die Löhne. Fabrikbesitzer haben einen Teil der Kosten absorbiert. „Unsere Gewinnmarge sinkt“, sagt Nguyen Quang Vinh. Er leitet in Hanoi eine Ausbildungsstätte des Textilverbandes. „Wir geben 65 Prozent der Einnahmen für Löhne aus. Vor fünf Jahren waren es nur 50 Prozent.“

„Ich höre, dass Fabriken in Länder wie Laos oder Birma gehen wollen“, sagt Pham Thuy Lieu, Direktor der Bekleidungsfirma Msa-Hapro in Hanoi. „Aber Laos hat nicht genügend Arbeiter und Birma hat eine schlechte Infrastruktur.“ Bangladesch hat bei Sicherheitsstandards einen schlechten Ruf, vor allem seit den jüngsten Katastrophen.

Der Nahrungsmittelverband in Thailand sieht aber auch Vorteile der Lohnsteigerungen. Fabriken für Obstkonserven beschäftigen dort Zehntausende Arbeiter. „Seit Einführung des Mindestlohns wechselt die Belegschaft seltener, damit wird die Produktion effizienter“, erklärt Verbandssprecherin Ghabyapad Tantipipatpong. Mit steigenden Löhnen wächst auch der lokale Konsumentenmarkt. „Beim Thema Löhne ging es lange darum, wo am billigsten produziert werden kann“, sagt Luebker von der ILO. „Aber Auslandsinvestoren schauen inzwischen auch, wo genügend Kaufkraft entsteht, um ihre Produkte lokal zu verkaufen.“ (dpa)