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Löbauer Messpark ist beliebt bei Flüchtlingen

Das Gelände hat sich zum Treffpunkt entwickelt. Hier kommen alle friedlich miteinander aus.

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© Matthias Weber

Von Markus van Appeldorn

Löbau. Genüsslich streckt Luvam die Füße in den Bachlauf des Löbauer Wassers im Messepark. Sie schaut in den Himmel und blinzelt die Sonne an. Dieser Frieden. Das ist für Luvam schon das größte Glück. Luvam stammt aus Eritrea. Eritrea ist die Hölle. Vergewaltigungen junger Frauen sind laut einem Bericht der Vereinten Nationen in der abgeschotteten afrikanischen Diktatur an der Tagesordnung. Hier am Bach schäkert Luvam ganz ungezwungen mit zwei Freunden. Hier hat sie keine Angst.

Die 23jährige Luvam ist erst seit zwei Monaten in Löbau. Deutsch spricht sie kaum, nur so viel: „Hier bin ich sicher.“ Und Luvam hat Zukunftspläne. „Ich freue mich auf Arbeit. Und Schule.“ In ihrer Unterkunft hat sie Rehawi und Merhabi kennen gelernt - beide wie sie aus Eritrea. Die jungen Männer flüchteten vor einer lebenslangen Zwangsrekrutierung zum brutalen Militär. „Ich will Automechaniker werden“, sagt der 25jährige Merhabi, „nächste Woche ist die Schule zu Ende.“

Die drei Freunde verbringen ihre Zeit jetzt im Sommer am liebsten im Messepark - genau wie viele andere Menschen, die in Löbau Zuflucht gefunden haben. Die Wiesen der ehemaligen Landesgartenschau haben sich zu einem regelrechten Campus der Kulturen entwickelt. Von überall klingt das Lachen vieler Kinder, die auf Rollschuhen oder mit ihren kleinen Fahrrädern über die Wege sausen. Familien gruppieren sich, breiten Decken aus. Der Park lebt.

Oberbürgermeister Dietmar Buchholz (parteilos) hat das auch registriert und betrachtet es mit Wohlwollen. Der Vorfall neulich im Hermannbad hatte für Aufregung gesorgt. Anfang Juni waren drei syrische und ein irakischer Asylbewerber festgenommen worden. Sie sollen heimlich Filmaufnahmen von Badegästen gemacht haben. Im Messepark aber verhielten sich die Flüchtlinge unauffällig. Ihm sei von keinem Problem bekannt, berichtete er bei der jüngsten Sitzung des Stadtrates.

Claudia Keil ist Flüchtlings-Sozialarbeiterin beim DRK in Löbau. Das Rote Kreuz betreut rund 220 Flüchtlinge im Bereich Löbau, Ebersbach, Herrnhut und Neugersdorf. Laut einer Auskunft des Landratsamtes Görlitz sind 258 Asylbewerber aus 22 Nationen in den zwei Löbauer Sammelunterkünften in der Georgewitzer Straße und der Dietrich-Bonhoeffer-Straße untergebracht, 40 Personen wohnen dezentral. Genau wie rund 150 Menschen mit anerkanntem Asylstatus, die ihre Wohnung frei wählen dürfen. Die drei größten Gruppen unter den Asylbewerbern in Löbau bilden Menschen aus Indien (59), Libyen (36) und Afghanistan. „Viele Migranten wohnen in Löbau-Ost“,sagt Claudia Keil, „die nutzen gerne den nahen Messepark.“

Sprachbarriere als größtes Hemmnis

Claudia Keil weiß um die besondere Schwierigkeit der Integration. Viele Freizeitaktivitäten, die Einheimische selbstverständlich unternehmen würden, stehen für Flüchtlinge nicht offen - weil sie es sich schlicht nicht leisten können. Im Treffpunkt CVJM etwa könnten sich junge Menschen treffen, Tischtennis spielen oder etwas anderes. Ein Betreuer des DRK organisiert im Asylbewerberheim an der Dietrich-Bonhoeffer-Straße immer mal wieder Ausflüge. Dann geht‘s ins Schwimmbad oder auch mal in ein Museum. Aber auch für solche kleinen Sachen müssen die DRK-Betreuer immer wieder das Geld zusammenkratzen. Asylbewerber in Deutschland, das ist auch ein Kampf gegen eine lähmende Langeweile. Claudia Keil freut sich daher, dass im Stadtpark ein geselliger Treffpunkt entstanden ist.

Größtes Hemmnis bei der Integration sei die Sprachbarriere, sagt Claudia Keil. Viele Asylbewerber seien noch nicht in Deutschkursen untergebracht, obwohl das so dringend nötig sei. Sprachkenntnisse auf Niveau B1 der Sprachkompetenz-Skala seien für anerkannte Asylbewerber Mindestbedingung für eine Anstellung. Familien sind für Keil ein Lichtblick: „Die Kinder lernen viel einfacher Deutsch. Ich weiß von Familien, in denen die Kinder die Eltern drängen: „Wir müssen Deutsch sprechen“.“ Besonders Asylbewerber aus sogenannten „sicheren Herkunftsländern“ haben laut Keil kaum eine Chance auf einen Deutsch- oder Integrationskurs. Sie freut sich, dass der Internationale Bund (IB) jetzt Mittel für einen Deutsch-Sofortkurs ohne Zugangsbeschränkung ausgeschüttet hat.

Deutschkenntnisse würden auch die Arbeit mit solchen Asylbewerbern beschleunigen, die Deutschland am Ende wieder verlassen müssen. Claudia Keil: „Der Landkreis stellt mir nur eine Dolmetscherin. Die spricht Albanisch und Englisch. Bei arabischen Menschen tue ich mich da schwer, ihnen bei einem Termin zu erklären, wo sie einkaufen können und wie die Mülltrennung funktioniert. Gott sei Dank gibt’s viele hilfsbereite Nachbarn.“