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Liegaus erster Schritt zur neuen Schule

Jetzt liegen die Ideen auf dem Tisch. Und wurden begeistert aufgenommen.

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© Visualisierung: Architekturbüro Dauphin

Von Jens Fritzsche

Liegau. Spätestens als auf der Leinwand die Bilder von Liegaus neuer Turnhalle und der obendrauf gebauten neuen Grundschule auftauchten, hätten viele im gut gefüllten Speiseraum der Förderschule des Epilepsiezentrums an der Wachauer Straße wohl am liebsten den Bauleuten schon mal den Weg gezeigt … Aber bis hier tatsächlich gebuddelt wird, dauert es noch. Und ob überhaupt gebuddelt wird, muss ja zunächst auch noch geklärt werden.

Denn was hier entstehen könnte, ist nicht einfach „nur“ eine Turnhalle und eine neue Grundschule. Das Ganze soll vielmehr ein schulisches Pilotprojekt für Sachsen werden; eine Inklusions-Schule. Die Förderschule des Epilepsiezentrums Kleinwachau und Liegaus Grundschule könnten zusammenrücken, ohne unbedingt zu verschmelzen. Mittwochabend wurden dazu erste Vorstellungen öffentlich präsentiert.

Hintergrund ist das aktuelle Turnhallen-Dilemma der Grundschule. Bisher nutzten die Liegauer die Halle der Ludwig-Richter-Oberschule. Die Schule ist allerdings rappelvoll; und damit auch die Turnhalle. Der Turnraum der Liegauer Kita ist nicht wirklich eine Alternative, noch dazu, weil es kein Außengelände für Schulsport gibt. Die Halle des Epilepsiezentrums ist für Schulsport ebenfalls nur bedingt nutzbar. Liegau muss – und soll – also eine Turnhalle bekommen. Das geht nicht ohne Partner, so Radebergs OB Gerhard Lemm (SPD). Das Epilepsiezentrum wäre ein solcher Partner. „Und da auch die Grundschule nicht nur alt, sondern auch zu klein ist, haben wir gedacht, wir reden nicht nur über eine neue Halle, sondern auch über ein interessantes Schulprojekt“, macht Liegaus Ortsvorsteher Gabor Kühnapfel deutlich. Das Epilepsiezentrum hat das Radeberger Architekturbüro Dauphin beauftragt, nach einem günstigen Platz zu suchen und ein Projekt zu entwickeln. Um zunächst mal eine Gesprächsgrundlage zu haben.

Wie stellt sich die Platz-Kapazität der Liegauer Grundschule aktuell dar?

Für vier Klassen gibt es nur drei Klassenräume, die den Anforderungen von 70 Quadratmetern entsprechen. Das vierte Zimmer ist nur 45 Quadratmeter groß. Aktuell lernen hier 80 Schüler – und die Geburtenrate zeigt, dass diese Zahl bis mindestens 2028 konstant bleibt. Wahrscheinlich sogar steigt, „weil unser Ort stetig wächst“, so Ortsvorsteher Kühnapfel.

Wäre ein Aus- oder Umbau an der bisherigen Grundschule möglich?

Durch die steile Hanglage der 120 Jahre alten Schule ist ein Anbau so gut wie unmöglich. Auch ein Umbau des verwinkelten Gebäudes ist allein aus Kostengründen nicht wirklich sinnvoll. Der Anbau einer Turnhalle ist hier zudem allein aus Platzgründen nicht machbar.

Wie viel Platz braucht der Neubau einer Sporthalle?

Eine Einfeld-Halle – wie die an der Grundschule Stadtmitte – braucht rund 800 Quadratmeter Grundfläche, so André Schreyer vom Architekturbüro Dauphin. Davon füllt das Spielfeld gut die Hälfte, der Rest sind unter anderem Sanitär- und Umkleidebereiche. Hinzu kommen Außenanlagen von rund 1 500 Quadratmetern; für Laufbahn und Kleinsportfeld beispielsweise.

Welche Standorte für eine Turnhalle in Liegau sind geprüft worden?

Untersucht wurden beispielsweise Felder am Bauernweg und an der Langebrücker Straße. Gegen den Bauernweg spricht die Hanglage – zudem müsste die Stadt die Felder in beiden Fällen kaufen. Dazu müsste das Acker- zu Bauland werden. Das würde laut Ortsvorsteher den Quadratmeterpreis von gut fünf Euro auf bis zu 200 Euro erhöhen. Geprüft wurde auch der Sportplatz – der Weg von der Schule wäre viel zu weit, außerdem ist hier kein Platz für eine Halle.

Ist auch die einstige Halle der Firma Rödertalbau geprüft worden?

Ja, allerdings müsste die zwischenzeitlich von einem Textilunternehmen als Werksverkauf genutzte Halle zunächst für rund 700 000 Euro aus der Insolvenzmasse herausgekauft werden, so Kühnapfel. „Abgesehen davon ist das Gebäude 23 Jahre alt.“ Und es fehlt am Platz für Außenanlagen.

Was zeichnet den Standort an der Förderschule für die Turnhalle aus?

Das Gelände ist Bauland und müsste nicht gekauft werden, da das Epilepsiezentrum den Boden in ein gemeinsames Turnhallenprojekt mit der Stadt einbringen würde, so Epilepsiezentrums-Chef Martin Wallmann. Zudem gibt es im Bereich des Epilepsiezentrums bereits ein leicht zu ertüchtigendes Außengelände für den Schulsport. Außerdem wäre hier der „Aufbau“ einer neuen Grundschule auf die Turnhalle möglich. Die Halle würde von der Wachauer Straße aus sozusagen in den Hang hineingebaut, auf dem Dach wäre Platz für die Schule.

Wie hoch sind die Kosten für das Projekt an der Wachauer Straße?

Die Planer gehen von acht bis neun Millionen Euro aus. Für die Halle wären rund 3,5 Millionen Euro nötig, für die Schule dann 4,7 Millionen Euro. Wobei ein Bau in zwei Schritten teurer werden würde.

Wie soll das gemeinsame Turnhallen- und Schulprojekt finanziert werden?

Aktuell sind für Schulbauten rund 40 Prozent Förderung vom Freistaat möglich, so OB Lemm. Damit bliebe also ein ziemlicher Brocken für die Stadt, denn die muss sowohl Turnhalle, als auch Schule finanzieren. Das Epilepsiezentrum bringt das Bauland ein. Geld könnte durch den Verkauf der bisherigen Grundschule für Wohnzwecke eingespielt werden – von der Chance, mehrere Hunderttausend Euro einzunehmen, ist die Rede. „Vielleicht gelingt es, weitere Fördertöpfe anzuzapfen, immerhin könnte es ein Pilotprojekt werden“, ist der OB optimistisch. Wobei auch Ortsvorsteher Kühnapfel klarstellt, dass dieses Projekt keine unnötige Spielerei ist, „weil wir ja in jedem Fall eine Turnhalle bauen müssen“. Auch beim Thema Grundschule müsse etwas getan werden. „So oder so!“

Was sind die Plus-Punkte für das Projekt an der Wachauer Straße?

Rein praktisch gibt es hier unter anderem eine Bushaltestelle direkt vor der Tür, Parkplätze und es könnte die Infrastruktur des Epilepsiezentrums mitgenutzt werden. Zudem könnten hier durch die unmittelbare Nähe zur Förderschule zahlreiche Fachkabinette und Gemeinschaftseinrichtungen – wie eben die neue Turnhalle – von den beiden Schulen gemeinsam genutzt werden. Was zum einen wirtschaftlich sinnvoll wäre, zum anderen die Zukunft beider Schulen langfristig sichern würde. Denn auch die Förderschule braucht mehr Platz.

Wann könnte der Bau des Projektes in Liegau starten?

Abhängig von Fördermitteln ist ein Baustart frühestens 2019 denkbar, so der OB.

Bleiben beide Schulen am gemeinsamen Standort eigenständig?

Das ist der im Moment favorisierte Weg, wie Grundschul-Leiterin Alexandra Baumgärtel klarmacht: „Wir wollen eine öffentliche Grundschule bleiben!“ Heißt, beide Schulen bleiben eigenständig, nutzen aber die Synergie-Effekte und die Kompetenzen des Partners. Ein anderer Weg wäre ein gemeinsamer Trägerverein.

In welchen Fächern könnte gemeinsam gelernt werden?

Für die Inhalte gibt es noch kein Konzept, so Förderschul-Chef Matthias Dieter. Inklusion, sagt er, dürfe aber kein Dogma sein. Heißt, gemeinsames Lernen nur dort, wo es auch funktionieren kann. Bei Fächern wie Mathe oder Deutsch dürfte das schwierig sein; bei Kunst und Sport hingegen ist gemeinsames Lernen sicher möglich.

Wie geht es in Sachen Inklusions-Schule jetzt weiter?

Die nächsten Schritte werden die Suche nach Fördermöglichkeiten sein –  zudem müssen sich beide Schulen über Inhalte Gedanken machen. „In jedem Fall werden die Eltern und die Einwohner im Boot bleiben“, so Epilepsiezentrums-Chef Martin Wallmann. Und OB Lemm wird zudem mit den Stadträten reden. „Denn die müssen es ja letztlich mit Blick auf die Finanzierung entscheiden“, so der OB.