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Lieber nicht zocken

Neuntklässler der Oberschule Am Schacht sind beim Planspiel Börse gut dabei. Dennoch fällt ihr Urteil anders aus als gedacht.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Jörg Richter

Großenhain. Nie wieder Schuhe, nie wieder Zalando! Da sind sich Alina, Aline, Adrian, Lukas und Dustin einig. Der Internetversand, der ursprünglich mit Schuhen berühmt wurde, hat den fünf Großenhainern Nerven gekostet. Viele Nerven. Die Oberschüler hatten mehrere Zalando-Aktien gekauft und in ihr gemeinsames Börsendepot aufgenommen. Auf etwa 15 börsennotierte Werte hatte das Quintett, das sich „Die Euroaktionäre“ nennt, gesetzt. „Die meisten laufen gut, aber Zalando hat uns richtig runtergezogen“, erzählt Alina Kühne. Etwa 300 bis 400 Euro Verlust mussten die zwei Mädchen und drei Jungen hinnehmen. Viel Geld für die Jugendlichen. Aber zum Glück kein echtes.

Die Neuntklässler nehmen am diesjährigen Planspiel Börse teil, das von den deutschen Sparkassen initiiert wird. Dort können sich Schüler anhand von echten Aktienkursen als Börsenmakler ausprobieren. Bundesweit nehmen daran rund 30 000 Schülergruppen teil. Im Landkreis Meißen sind es immerhin 116 Teams. „Die Euroaktionäre“ der 2. Oberschule Am Schacht gehören kreisweit zum Mittelfeld. In Großenhain selbst liefern sie sich ein stadtinternes Duell mit einer Truppe des Werner-von-Siemens-Gymnasiums, den „Killerbienen im Anmarsch“.

„Ich drücke meinen Mädels und Jungs alle Daumen, dass sie am Ende die Nummer eins in Großenhain sind“, sagt Klassenleiterin Sigrune Walter. Für die 51-Jährige ist es nicht das erste Börsenspiel. Die Mathematiklehrerin konnte schon Schüler an ihrer ehemaligen Mittelschule in Merschwitz dafür begeistern. Seit 2011 unterrichtet sie in der 2. Oberschule Am Schacht Großenhain. Zuletzt war sie vor zwei Jahren mit Zehntklässlern am Start. Nach einer Auszeit im Vorjahr haben sich diesmal zwei Gruppen für das Börsenspiel angemeldet. „Es gab ursprünglich sogar eine dritte Truppe, doch sie hat einen Rückzieher gemacht“, sagt Sigrune Walter. „Schade, aber wir zwingen niemanden dazu. Es ist ein Angebot und eine Erfahrung fürs Leben.“

„Das Planspiel Börse erweitert den Horizont“, sagt auch Schulleiter Axel Hackenberg. Er interessiert sich selbst für Börsennachrichten, kennt sich etwas mit Aktien und Fonds aus. Von ihm stammt der gute Tipp an die fünf Euroaktionäre, in Rohstoffe und Lebensmittel zu investieren. „Solche Aktien gehen zurzeit sehr gut“, sagt Hackenberg. Dass seine Neuntklässler die Zalando-Aktie aus ihrem Depot rausgeworfen haben, fand er nicht gut. „Gerade vor Weihnachten werden sicherlich noch mal sehr viele Schuhe verkauft“, ist der Schulleiter überzeugt. Damit würde der Aktienwert steigen. „Aber wir Lehrer reden nicht rein. Unsere Schüler sollen ihre eigene Erfahrungen machen“, sagt Hackenberg.

Alina Kühne, Aline Bennewitz, Adrian Tietze, Lukas Faludi und Dustin Lehmann hatten schon Wochen vor dem Börsenspiel gemeinsam beraten, in welche Aktien sie investieren wollen. Dafür richteten sie sich extra eine Whatsapp-Gruppe ein und tauschten Ideen aus. Schließlich setzten sie unter anderem auf Lebensmittel-Riese Nestle, Chemie-Konzern Wacker, Reifenhersteller Continental, Filmproduzent Walt Disney und Apple, das wertvollste Unternehmen der Welt. Das Anfangskapital von 50 000 Euro verteilten sie auf rund 15 börsennotierte Unternehmen. „Das erhöht die Chancen, Gewinn zu machen, anstatt alles auf eine Karte zu setzen“, sagt Adrian Tietze. Mit dieser Strategie fahren sie recht gut, auch wenn sie zwischenzeitlich wie alle anderen Großenhainer Börsenspiel-Gruppen in die Verlustzone schlitterten.

Ein Grund dafür war der Sieg von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen. Weltweit fielen die Aktienkurse zeitweise in den Keller. Im Vergleich zu anderen Börsenspielen in den Vorjahren sei es diesmal besonders spannend gewesen, so Klassenleiterin Sigrune Walter. „Gerade wegen der US-Wahl wusste man lange nicht, wo es an den Börsen hingeht“, erzählt sie. Für Schüler sei es ohnehin ein Glücksspiel, denn sie verfügten nicht über einschlägige Kenntnisse des Weltmarktes und die Fähigkeit, zu analysieren, welche politischen Entscheidungen sich wie auf Aktienkurse auswirken. „Beim Börsen-Planspiel können sie sich ausprobieren, um später nicht auf die Nase zu fallen“, sagt die Lehrerin.

Bis auf Alina, die mal Bankkauffrau werden möchte, steht für die anderen fest: Das Börsenspiel macht Spaß, aber mit echtem Geld an der Börse zocken – nein danke! „Ich würde lieber eine Immobilie kaufen, als auf Aktien zu setzen“, sagt Lukas. Die anderen stimmen ihm zu. Doch Großenhains Börsenmeister wollen sie trotzdem werden. Am 14. Dezember fällt die Entscheidung.