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Lieber Hexe als Operndiva

Maria Meckel spielt gern die Böse. Als Leiterin des Männerchors Liederkranz zeigt sie sich von der guten Seite, probt Liebeslieder fürs Frühlingsprogramm.

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© Anne Hübschmann

Von Beate Erler

Die junge Frau lässt sich nicht gern in Schubladen stecken. Maria Meckel denkt auch nicht in Kategorien. Deshalb kann sie Sopran trällern und Alt brummen. Deshalb ist sie Diplomsängerin und beginnt gerade ihr Referendariat als Deutsch- und Musiklehrerin. Und deshalb leitet sie mit gerade einmal 32 Jahren den ältesten Radebeuler Männerchor Liederkranz 1844.

Immer montags wird im Sonnenhof in Altkötzschenbroda geprobt. Die 23 Herren sitzen auf altertümlichen Stühlen, halten die Chorbüchlein vors Gesicht und schauen über ihre Brillengläser zur Chorleiterin. Die steht hinter einem kleinen Pult mit Mikro, atmet tief ein. Dann wird angesummt und die Herren setzen ein: „Oh Mädchen, oh Mädchen, nun wein nicht so sehr“.

Seit einem Jahr ist Maria Meckel erste Chorleiterin. Das macht ihr Spaß. „Ich liebe sie alle“, sagt sie und lacht. Mittlerweile darf sie das sagen, denn aus der anfänglich rein professionellen Beziehung zwischen Chorleiterin und Sängern ist eine gesellige Runde geworden. Die nach den Proben gern noch bei Bier und Wein zusammensitzt und nach einem halben Jahr der Zusammenarbeit beim „Du“ angelangt war.

Die grazile Sängerin, geboren in Berlin, zog vor elf Jahren für ihr Gesangsstudium an der Hochschule für Musik nach Dresden. „Ich wollte schon immer entweder Sängerin oder Lehrerin werden“, erzählt sie. In ihrer Familie wurde viel gesungen, der Vater spielte Gambe, ein historisches Streichinstrument, die Mutter sang dazu, der Onkel spielte Flöte. Außerdem hörten die Eltern 60er-Jahre-Rock oder Renaissance-Musik. So begann auch ihre Liebe für die Alte Musik, auf die sie sich spezialisiert hat. „Die Zeit vom Mittelalter bis zum Barock fasziniert mich sehr. Ich mag den kratzigen Klang der Instrumente.“

Als Abiturientin sang sie zeitweise parallel in fünf Chören. Mit dem Sologesang begann sie als 17-Jährige, nahm Geigenunterricht, versuchte sich auch als Marlene Dietrich mit Chansons. Überhaupt experimentiert Maria Meckel gern. „Die Leitung des Chors zu übernehmen, war auch eine Art Experiment für mich.“ Zuvor war sie bereits Aushilfe in einem anderen Chor.

Seit einem Jahr hat sie jetzt einen Vertrag mit dem Verein Liederkranz. Die Herren zwischen 50 und Ende 80 sind begeistert von ihrer jungen Kollegin. Sie bringt frischen Wind rein, und plötzlich kommen wir auch pünktlich zur Probe, ist da zu hören. Kein Wunder, denn wenn sie dirigiert, ist sie wie ein Wirbelwind. Diese Energie und Leidenschaft fordert sie auch von den Sängern, unterbricht den Gesang immer wieder, um die Betonung richtig herauszukitzeln.

Wenn sie selbst singt, geht es schon mal in die höchsten Tonlagen. An der Musikhochschule durfte sie immer die höchste Stimme singen, aber es gab wenig Variation. Viel lieber hätte sie auch andere Stimmlagen versucht, das war nicht gewünscht. Genau diese Einschränkungen mag Maria Meckel nicht, außerdem ist sie keine Disziplinfanatikerin. „Ich will, dass meine Seele gesund ist“, sagt sie.

Die Rolle der Operndiva ist nichts für sie. Viel lieber mag sie die Rollen der bösen Frauen, da muss sie nicht vor allem schön singen und kann mit ihrer Stimme viel mehr anstellen.

Seit einem halben Jahr leitet sie außerdem den Winzerchor in Meißen. Der ist allerdings kein reiner Männerchor, sondern gemischt. Ihre hohe Sopranstimme kommt also doch noch ab und an zum Einsatz. Wäre sonst auch schade drum.