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Lieber Ebersbach als New York

Rosmarie Hausmann kam als Juristin viel rum in der Welt. Doch die neue AZV-Chefin zieht das Leben auf dem Land vor.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Jörg Richter

Ebersbach/Kalkreuth. Von der großen, weiten Welt ist sie geheilt. Die braucht Rosmarie Hausmann nicht, um glücklich zu sein. „Ich weiß, worauf es ankommt, und das ist nicht, durch die Welt zu reisen“, sagt die 45-Jährige. Natürlich sei es schön gewesen, herumzukommen und viele Länder zu sehen. Aber seitdem die studierte Juristin in Ebersbach wohnt und hier seit 1. Juni Geschäftsführerin des hiesigen Abwasserzweckverbandes (AZV) ist, fühlt sie sich angekommen.

Dabei hatte sie sich Anfang des Jahres eher zufällig für Ebersbach als neues Zuhause entschieden. Bis dahin wohnte sie mit ihrem Lebensgefährten in Leipzig, wo sie bis Mitte 2016 eine eigene Rechtsanwaltskanzlei besaß. Insgesamt 18 Jahre lang hatte die gebürtige Mittweidaerin in diesem Beruf gearbeitet, hatte Jobs in Bremerhaven und Aachen, wohnte zeitweise in Belgien und sogar für ein Jahr in den USA. Die zweifache Mutter hat beruflich viel erreicht. „Aber ich wollte in meinem Leben noch einmal etwas anderes machen“, erzählt sie.

In all der Zeit in der Fremde habe sie zunehmend gemerkt, dass sie viel heimatverbundener ist, als sie sich anfangs selbst eingestand. Sie wollte zurück nach Sachsen. „Warum soll ich in Paris, New York oder sonst wo arbeiten, wenn ich meiner Heimat mit meinen Erfahrungen helfen kann?“, sagt Rosmarie Hausmann. Zuletzt als Rechtsanwältin in Leipzig tätig, reifte in ihr das Gefühl des beruflichen Tapetenwechsels. „Bevor in 50 werde, wollte ich sehen, was sonst noch geht, außer Rechtsanwältin zu sein“, erzählt sie.

Im Juli des vergangenen Jahres nahm sie beim Meißner Windparkentwickler UKA eine Stelle in der Vertragsabteilung an. Sie pendelte jeden Tag von Leipzig in die Porzellanstadt. Früh 110 Kilometer hin und abends wieder 110 Kilometer zurück. Das ging auf die Dauer nicht. Deshalb suchten sie und ihr Lebensgefährte gemeinsam eine Wohnung in der Nähe von Meißen und entschieden sich schließlich fürs ländliche Ebersbach. „Und er ist aus Liebe zu mir mitgekommen“, sagt die 45-Jährige glücklich.

Genauso so glücklich wie privat wurde sie beruflich in Meißen dann doch nicht, auch wenn sie sich im dortigen Team wohlfühlte und UKA sie ungern wieder fortgelassen habe. „Die Arbeit war nicht so regional, wie ich es mir eigentlich vorgestellt hatte“, sagt sie. Das Meißner Windkraftunternehmen expandiert zurzeit in Richtung Florida/USA. Dabei wollte doch Rosmarie Hausmann bewusst nicht mehr auf internationaler Ebene tätig sein.

Da las die Neu-Ebersbacherin zufällig im Gemeindeblatt, dass der AZV Gemeinschaftskläranlage Kalkreuth einen Geschäftsführer sucht. Erfahrungen im Verwaltungsrecht vorausgesetzt. Das passte. „Verwaltungsrecht war schon immer mein Steckenpferd“, sagt Rosmarie Hausmann und erzählt aus ihrer Studienzeit. „Alle anderen Absolventen wollten ins Strafrecht, aber ich nicht.“

Ab 1991 studierte sie an der Uni Leipzig Jura. „Das waren ganz wilde Zeiten“, erinnert sie sich, denn es habe dort ein Jahr nach der Deutschen Einheit noch nicht mal eine eigenständige Juristen-Fakultät gegeben. Umso mehr kniete sie sich in ihr Studium hinein und hatte bereits nach dreieinhalb Jahren ihr erstes juristisches Staatsexamen in der Tasche. Ein Semester eher als vorgesehen.

Anschließend absolvierte sie ihr zweijähriges Referendariat, unter anderem am Amtsgericht Hainichen im Bereich Jugendstrafrecht und später am Amtsgericht Chemnitz im Bereich Zivilrecht. Dass sie nicht wie erhofft Richterin wurde, ist wohl ein Schicksal, das sie mit vielen hoffnungsvollen Jura-Talenten teilt, die in Ostdeutschland aufgewachsen sind. Rosmarie Hausmann ist nicht nachtragend und nimmt es mit Humor. Denn „Humor ist das höchste Zeichen der Kompetenz“, so steht es jedenfalls auf einem Kalenderblatt von Eckard von Hirschhausen, das in ihrem Ebersbacher Büro hängt.

Im hiesigen Abwasserzweckverband sei sie in ein tolles Team gekommen, sagt sie. Die Chemie mit den insgesamt acht Kollegen habe sofort gestimmt. Dass es hier vorher keinen Geschäftsführer gab, sei für sie ein Vorteil. „Damit war für mich klar, dass ich hier auch etwas gestalten kann“, so die 45-Jährige. „Ich bin offen für Anregungen, bringe aber auch eigene Kreativität und Erfahrungen mit.“