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Liebe Helma Orosz!

SZ-Redakteur Andreas Weller schreibt Dresdens Oberbürgermeisterin zum letzten Tag im Amt einen persönlichen Brief.

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© Christian Juppe

Sie verabschieden sich heute nach sechseinhalb Jahren als Oberbürgermeisterin. Unsere erste Begegnung, das war 2008, verlief Ihrerseits kühl. Bei späteren Treffen scherzten Sie gerne. Ich denke, diese Wandlung beschreibt auch gut Ihre Amtsführung.

Vor allem wird in Erinnerung bleiben, dass endlich viel Geld in Schulen und Kitas investiert wird. Auch die Kultur haben Sie mit vorangebracht, das Kraftwerk Mitte und der Kulturpalast sind Baustellen im positiven Sinn. Maßstäbe haben Sie beim 13. Februar gesetzt. Sie fanden deutliche Worte gegen Neonazis. Die Menschenkette, als Symbol zum Schutz der Stadt, haben Sie mit initiiert. Sie haben auch einen Weg gefunden, den lautstarken Protest gegen Rechtsextreme nicht länger zu verteufeln. Dafür gebührt Ihnen Respekt. Auch wenn Sie sich anfangs schwer damit taten.

Helma Orosz - Bilder ihrer Amtszeit

2008 startete Helma Orosz als Kapitänin von Dresden. Mit der Mütze verabschiedete Ministerpräsident Stanislaw Tillich die damalige Sozialministerin, um Dresden zu regieren. Ihre offizielle Amtskette erhielt sie im Stadtrat.
2008 startete Helma Orosz als Kapitänin von Dresden. Mit der Mütze verabschiedete Ministerpräsident Stanislaw Tillich die damalige Sozialministerin, um Dresden zu regieren. Ihre offizielle Amtskette erhielt sie im Stadtrat.
Beim Abholen ihres Dienst-Phaetons in der Gläsernen Manufaktur im Januar 2009.
Beim Abholen ihres Dienst-Phaetons in der Gläsernen Manufaktur im Januar 2009.
Staatsbesuch aus den Staaten: In Dresden herrschte höchste Sicherheitsstufe, als US-Präsident Barack Obama 2009 in die Stadt kam. Im Schloss trug er sich in goldene Bücher ein. Helma Orosz trug Pink, Kanzlerin Angela Merkel Gelb.
Staatsbesuch aus den Staaten: In Dresden herrschte höchste Sicherheitsstufe, als US-Präsident Barack Obama 2009 in die Stadt kam. Im Schloss trug er sich in goldene Bücher ein. Helma Orosz trug Pink, Kanzlerin Angela Merkel Gelb.
Das spanische Sevilla ist nicht mit guten Erinnerungen für Helma Orosz verbunden. Noch kein Jahr im Amt, konnte sie die Aberkennung des Welterbetitels für Dresden auch nicht mehr verhindern.
Das spanische Sevilla ist nicht mit guten Erinnerungen für Helma Orosz verbunden. Noch kein Jahr im Amt, konnte sie die Aberkennung des Welterbetitels für Dresden auch nicht mehr verhindern.
2009 verklagte die Oberbürgermeisterin Künstlerin Erika Lust, weil Helma Orosz in deren Gemälden ihre Ehre verletzt sah. Orosz verlor vor Gericht. Niederlagen gab es auch wegen zu spät beantworteter Stadtratsanfragen.
2009 verklagte die Oberbürgermeisterin Künstlerin Erika Lust, weil Helma Orosz in deren Gemälden ihre Ehre verletzt sah. Orosz verlor vor Gericht. Niederlagen gab es auch wegen zu spät beantworteter Stadtratsanfragen.
Die erste Menschenkette gegen Neonaziaufmärsche in Dresden gab es 2010. Helma Orosz hat das Gedenken verändert und sich parteiübergreifenden Respekt damit verschafft. In diesem Jahr schloss sich die Kette zum sechsten Mal.
Die erste Menschenkette gegen Neonaziaufmärsche in Dresden gab es 2010. Helma Orosz hat das Gedenken verändert und sich parteiübergreifenden Respekt damit verschafft. In diesem Jahr schloss sich die Kette zum sechsten Mal.
Erholung von der Therapie fand Helma Orosz 2011 auf Usedom. Nach langer Krankheit war sie auf der Insel zur Rehabilitation. 2012 kehrte sie ins Amt zurück und füllte es danach deutlich souveräner aus.
Erholung von der Therapie fand Helma Orosz 2011 auf Usedom. Nach langer Krankheit war sie auf der Insel zur Rehabilitation. 2012 kehrte sie ins Amt zurück und füllte es danach deutlich souveräner aus.
Die unfassbaren Schäden der Flut 2013 realisierte die Oberbürgermeisterin bei ihren Besuchen in den überschwemmten Gebieten Dresdens. Auf der Marienbrücke sucht sie nach Fassung, mit Ministerpräsident Stanislaw Tillich.
Die unfassbaren Schäden der Flut 2013 realisierte die Oberbürgermeisterin bei ihren Besuchen in den überschwemmten Gebieten Dresdens. Auf der Marienbrücke sucht sie nach Fassung, mit Ministerpräsident Stanislaw Tillich.
Zur Einweihung der Waldschlößchenbrücke veranstaltete die Stadt ein großes Fest. Nach jahrelangem Streit, einem Bürgerentscheid und mehreren Klagen, konnte Helma Orosz das Bauwerk im August 2013 eröffnen.
Zur Einweihung der Waldschlößchenbrücke veranstaltete die Stadt ein großes Fest. Nach jahrelangem Streit, einem Bürgerentscheid und mehreren Klagen, konnte Helma Orosz das Bauwerk im August 2013 eröffnen.
Beim Semperopernball 2013
Beim Semperopernball 2013
Beim Benefizspiel Dynamo gegen den HSV 2013.
Beim Benefizspiel Dynamo gegen den HSV 2013.
2014 beim Gedenken auf dem Heidefriedhof.
2014 beim Gedenken auf dem Heidefriedhof.
An der Seite von Semperopernball-Chef Hans-Joachim Frey im vergangenen Jahr.
An der Seite von Semperopernball-Chef Hans-Joachim Frey im vergangenen Jahr.
Ihren Abgang verkündete Helma Orosz im November 2014.
Ihren Abgang verkündete Helma Orosz im November 2014.
Am 13. Februar 2015 nahm Helma Orosz u.a. mit Bundespräsident Joachim Gauck (5.v.r.) Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU/3.v.r.), dem Herzog von Kent (4.v.l) und weiteren politischen Gäste an der Menschenkette im Rahmen der Gedenkveranstaltung zum 70. Jahrestag der Bombardierung der Elbestadt in der Altstadt in Dresden teil.
Am 13. Februar 2015 nahm Helma Orosz u.a. mit Bundespräsident Joachim Gauck (5.v.r.) Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU/3.v.r.), dem Herzog von Kent (4.v.l) und weiteren politischen Gäste an der Menschenkette im Rahmen der Gedenkveranstaltung zum 70. Jahrestag der Bombardierung der Elbestadt in der Altstadt in Dresden teil.
Am Donnerstag leitete Helma Orosz ihre letzte Stadtratsitzung.
Am Donnerstag leitete Helma Orosz ihre letzte Stadtratsitzung.
Am heutigen Freitag hat sie ihren letzten Arbeitstag. Am 7. Juni wird in Dresden ein neues Stadtoberhaupt gewählt.
Am heutigen Freitag hat sie ihren letzten Arbeitstag. Am 7. Juni wird in Dresden ein neues Stadtoberhaupt gewählt.

Sie haben bewiesen, im Amt dazulernen zu können. Das war nicht nur in Bezug auf den 13. Februar der Fall. Sie haben immer mal wieder Ihre Meinung geändert. Etwa beim Standort für die Operette. Das wirkte zunächst unglücklich, aber das Ergebnis zählt. Ich will gar nicht die vielen Stationen Ihrer Amtszeit aufzählen. Wir haben einige Höhepunkte als Erinnerung in den Fotos auf dieser Seite abgebildet.

Was aber auch eine Tatsache ist: Sie haben das Amt übernommen, als sich in der Stadt ungeahnte Möglichkeiten auftaten. Von der einstigen Schuldenstadt, in der über harte Einschnitte diskutiert wurde, war Dresden liquide geworden. Ihr Vorgänger hat die Woba verkauft und Ihnen damit den Spielraum geschaffen. Den nationalen und internationalen Ruf unserer Stadt zu verbessern, darum haben Sie sich bemüht. Allerdings kam dabei die Stadtentwicklung zu kurz. Dresden lebt von seinen Barockbauten, eine gleichzeitig moderne Stadt haben Sie daraus nicht machen können.

Gut, Sie haben sich gegen Ihre eigene Partei durchgesetzt und das permanente Ausbauen von Straßen zurückgefahren. Ja, Sie haben in einigen Punkten Ihren CDU-Parteifreunden Grenzen aufgezeigt. Das war notwendig. Dennoch haben Sie es nicht geschafft, den zerstrittenen Stadtrat mehr zu einen. Sicherlich auch, weil Sie bis heute auf jeden Seitenhieb Ihrer politischen Gegner etwas überzogen reagieren.

Im Grunde kann Ihre Amtszeit in drei Phasen eingeteilt werden. Am Anfang vermittelten Sie den Eindruck, dieses Amt gar nicht haben zu wollen. Sie wirkten herb und entschieden unglücklich. Dann hatten Sie hereingefunden. Eine Krankheit riss Sie heraus. Nach mehr als einem Jahr kehrte eine veränderte Helma Orosz zurück. Sie waren gelassener und deutlich souveräner.

Frau Orosz, Sie waren eine gute Oberbürgermeisterin. Wären Sie doch immer so gewesen, wie zum Ende der Amtszeit. Dann hätte es zu noch mehr gereicht. Dresden ist auch dank Ihnen auf einem guten Weg. Ich wünsche Ihnen vor allem Gesundheit und eine noch größere Gelassenheit.

Herzliche Grüße,

Ihr Andreas Weller