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Lichtspiele im Geißlerhaus

Um das Kleinod sah es düster aus. Dann traf eine Bärensteiner Familie eine schwere Entscheidung und bereut nichts.

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© Egbert Kamprath

Von Mandy Schaks

Bärenstein. Warmes Licht flutet durch zartes Grün, die Frühlingssonne tanzt um Blätter und Äste, taucht Bäume in ein flirrendes Farbenspiel – mal silbrig-weiß, mal zartgelb, dann wieder tiefgrün. Am liebsten möchte man die Augen schließen und sich den wohltuenden Strahlen hingeben nach der langen, dunklen Jahreszeit. Aber wo kommt dieses herrliche Licht nur her mitten in der Resterampe des Winters?

Das Geißlerhaus hat das Ehepaar Anett und Karsten Franz mit viel Liebe und Geld saniert.
Das Geißlerhaus hat das Ehepaar Anett und Karsten Franz mit viel Liebe und Geld saniert. © Egbert Kamprath
Annette Quentin-Stoll zeigt, dass man aus Filz Kunst machen kann.
Annette Quentin-Stoll zeigt, dass man aus Filz Kunst machen kann. © Egbert Kamprath
Robert Quentin mit seinen Lichtbildern zum Frühling.
Robert Quentin mit seinen Lichtbildern zum Frühling. © Egbert Kamprath

Robert Quentin, ein junger Mann von kräftiger Statur und mit einer lustigen Ringelmütze auf dem Kopf, lacht. Ihm gefällt, dass seine in Szene gesetzten Bilder ihre Wirkung nicht verfehlen. Der Weinböhlaer Fotograf hat lange überlegt, was er im Osterzgebirge zeigen soll. Wintermotive würden zwar noch immer in die Gegend passen, sagt er. Aber die Ausstellung dazu, die er andernorts präsentierte, ließ er dann doch lieber im Fundus und dachte sich etwas Neues aus. „Es sollte doch eher jetzt zum Frühling passen, zum Termin.“

Um die Bilder erst einmal im Kopf entstehen zu lassen, sich in Raum und Zeit hineinzufühlen, ist er nach Bärenstein gefahren und hat sich die Galerie im Geißlerhaus angesehen. Vor allem die kleinen Fenster, die dem historischen Original des einstigen Häuslerhauses nachempfunden sind, regten ihn zu einem Experiment an. Die Bilder sollten nicht nur indirekt angestrahlt werden wie sonst in Ausstellungen, sondern selbst leuchten, erläutert der 36-Jährige. So kommt mehr Tiefe ins Bild. „Licht gestaltet Räume, und ich versuche, das Licht zu verändern.“ Wenn er zu Freunden geht, bringt er gelegentlich schon mal eine Glühbirne mit. Nicht etwa, weil die Lampe in der Wohnung kaputt ist, sondern wegen der Atmosphäre. Deshalb hat er auch nach Bärenstein sein eigenes Licht mitgebracht. Vorsichtig kippt Robert Quentin ein Bild, das schon an der Wand hängt, an. Auf der Rückseite liegen Drähte und klemmt Elektronik. Das hat er alles selbst zusammengebastelt, wie auch die Rahmen, die sogar von Hand gekalkt sind. Aus den Fotografien wurden so Lichtbilder, die mit den zurückhaltenden Filzarbeiten seiner Frau Annette Quentin-Stoll, einer Textilkünstlerin, den Raum bestimmen und miteinander korrespondieren. Die Ausstellung wird am Sonnabend eröffnet. Damit startet der Freundeskreis Geißlerhaus ins neue Kunstjahr. Selbstverständlich ist das nicht.

Mit viel Liebe saniert

Denn das Kleinod stand auf der Kippe. „2013 wussten wir nicht weiter“, erinnert sich Anett Franz, die mit ihrem Mann Karsten dieses verfallene Häuschen möglicherweise vorm Abriss gerettet, mit viel Liebe und Geld saniert und im Sommer 2005 für die Kunst geöffnet hat. Sie, die Kunsterzieherin am Altenberger Gymnasium, und er, der selbstständige Bauingenieur, wollten nicht, dass dieses über 100-jährige Häuschen aus dem Stadtbild verschwindet, und fanden, dass es für die Kunst gebaut ist. „Wenn sich alles nur rechnen muss, bleibt vieles auf der Strecke“, sagt Karsten Franz. „Ich dachte, man kann das schaffen.“

Doch die Pläne waren zu ambitioniert. Dann liefen auch noch die Geschäfte schlecht, und Karsten Franz musste sich beruflich umorientieren. Das Ehepaar traf eine schwere Entscheidung. Franz’ trennten sich von ihrem großen privaten Haus, um die Galerie zu erhalten – auch weil plötzlich ein Ruck durch die Region ging, es Unterstützung gab wie vom Freundeskreis, der Stadt Altenberg und dem Förderverein des Glückauf-Gymnasiums. „Wir brauchen das große Haus nicht zum Leben“, sagt Karsten Franz. „Denn hier in der Galerie findet ein Großteil unseres Lebens statt.“ Er bleibt vor dem Frühlingslichtbild von Robert Quentin stehen, atmet tief, und ein Lächeln huscht über sein Gesicht: „Das sind Erlebnisse, die man nicht kaufen kann.“

Ausstellungseröffnung, 11. März, 16 Uhr, mit Laudatio, musikalischer Umrahmung und Kurzfilm „Libellentanz“, 19 Uhr Galeriekonzert „Percussion and Strings“ mit Charlie Eitner (Berlin) und Daniel Topo Gioia (Argentinien)