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Licht im Schacht

Entdeckte historische Brunnen müssen nicht zwangsläufig zugeschüttet werden, wie ein Beispiel in der Barbiergasse in Pirna zeigt.

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© Norbert Millauer

Von Thomas Möckel

Pirna. Pirna und der historische Brunnen auf der Dohnaischen Straße – es ist mittlerweile eine unendliche Geschichte. Die Stadt ließ den im Sommer 2016 in der Dohnaischen Straße entdeckten Wasserspeicher aus dem 13. Jahrhundert eilig verfüllen, will aber nun wenigstens dessen Umrisse mit farbigen Sandsteinen in der Straßenoberfläche kennzeichnen. Viele hätten jedoch gern gesehen, dass man hätte weiterhin in den Brunnen hineinsehen können. Denn nicht immer muss zwangsläufig zugeschüttet werden, wie ein Beispiel aus der Pirnaer Barbiergasse zeigt.

Als Jürgen Kegler und seine Mitstreiter 1994 das Haus Barbiergasse 3 kauften, war es eine Ruine. Alles außer Front und Treppenaufgang musste neu aufgebaut werden. Bei den ersten Touren durch das marode Bauwerk stießen sie auf einen geheimnisvollen Raum im Keller mit Gewölbedecke, auf dem Boden lagen mehrere Schichten Schutt, Dreck und Kohlen – etwa einen Meter dick. In Handarbeit schaufelten sich die Männer nach unten, als sie es irgendwann plätschern hörten. Als sie weitergruben, entdeckten sie einen Brunnen, der lediglich mit Sandsteinplatten abgedeckt war. Noch bevor überhaupt klar war, aus welcher Zeit dieser Wasserspeicher stammt, entschieden die Männer: Der Brunnen bleibt. „Wir restaurierten schließlich ein altes Haus. Für uns stand daher nie zur Debatte, den Brunnen zuzuschütten“, sagt Kegler. Denkmalschützer schätzten die Tiefe des Brunnens auf 3.20 Meter, seine Herkunft datieren sie auf das 12. oder 13. Jahrhundert. Die Eigentümer ließen einige Sandsteinquader am Rand aufmauern, eine Glasplatte deckt den Brunnen ab. Wenn man das Raumlicht einschaltet, wird auch der Brunnen innen erleuchtet – und gibt einen historischen Blick in die Tiefe frei.

Laut Kegler taugt der Brunnen auch zuverlässig als Hochwasserstands-Anzeiger. Ist ein bestimmter Elbpegel in Schöna erreicht, drückt frisches Grundwasser von unten in den Brunnen. Steht das Wasser bis zur Lampe im Brunnen, die etwa in der Mitte hängt, läuft bereits der Elbeparkplatz voll. Und schwappt das Nass gar oben aus dem Brunnen heraus, drückt das Hochwasser bereits in die Altstadt.

Kleiner Wermutstropfen: Weil der Brunnen im Keller eines Privathauses liegt, ist er öffentlich nicht zugänglich. Zu sehen war der Brunnen lediglich dreimal, als das Haus zum Tag des offenen Denkmals offenstand. Aber für Interessenten, sagt Jürgen Kegler, würde er den Keller auch mal so außer der Reihe aufschließen.